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Wie man einen Lügner entlarven kann

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Aktualisiert
Lesezeit
12 min
Ein Sujet-Bild zum Thema Lügen.

©iStockphoto.com
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Ob man es glauben will oder nicht: Lügen gehört für jeden zum Alltag. Belogen werden möchte man aber irgendwie auch nicht. Psychologin und Körpersprache-Expertin Monika Matschnig verrät im Interview, wer der bessere Lügner ist und gibt Tipps, wie man Lügner am besten entlarven kann.

© Katrin Bernhard, fotoprofile.de

Steckbrief

Monika Matschnig

geboren
12.12.1974
Geburtsort
Villach
Beruf
Diplom-Psychologin, Expertin für Körpersprache und Wirkungskompetenz

Monika Matschnig ist Diplom-Psychologin. Sie arbeitet als Beraterin, Coach sowie Referentin und veröffentlicht zum Thema Körpersprache und Wirkung.

Warum lügen Menschen?

Monika Matschnig: Die Lüge ist eine hohe Tugend, sofern sie gut ist. Lügen ist oft wichtig und richtig. Wir Menschen müssen lügen und schwindeln und flunkern: Würden wir das nämlich nicht tun, wäre es ein sehr einsames Leben für uns und auch kein respektvolles Miteinander.

Wie oft lügen Menschen?

So genau kann man das nicht sagen, da gibt es viele unterschiedliche Studien dazu. Menschen lügen im Schnitt zwischen 5 und 200 Mal am Tag, wobei Männer häufiger lügen als Frauen.

Weshalb lügen Männer, weshalb Frauen?

Wenn Männer lügen, geht es vorrangig um Erfolg, um Business und darum, sich selbst besser ins rechte Licht rücken zu können. Frauen hingegen lügen eher, um anderen etwas Gutes zu tun und ihnen ein gutes Gefühl zu geben, auch um dadurch Anerkennung zu erhaschen.

Zum Lügen gibt es ja einige Mythen. Zum Beispiel: Wer nach rechts oben schaut, lügt. Ist da etwas dran?

Das ist absoluter Blödsinn. Ursprünglich kommt diese These aus dem neurolinguistischen Programmieren. Das hat mit der Funktionsweise der Gehirnhälften zu tun. Einfach formuliert: Die rechte Hälfte ist verantwortlich für Erinnerungen, für Bilder, für Gefühle und die linke Hemisphäre ist verantwortlich für Konstruktionen und für das analytische und logische Denken. In diesem Fall kommt nun die sogenannte kontralaterale Steuerung des Gehirns zum Tragen: Wenn ich nach rechts oben blicke, aktiviere ich meine linke Gehirnhälfte. Blicke ich nach links oben, aktiviere ich meine rechte Hemisphäre. Daraus ist auch dieser Mythos entstanden, der letztes Jahr in einer sehr umfangreichen Studie widerlegt worden ist.

Man kann anhand der Augen sehr wohl erkennen, ob ein Mensch lügt

Man kann aber anhand der Augen sehr wohl erkennen, ob ein Mensch lügt. Wenn Menschen lügen, sind sie ja einem gewissen Stresslevel ausgesetzt, das vegetative Nervensystem wird aktiv und darauf reagieren auch sofort die Augen, das kann niemand kontrollieren. Es vergrößern sich die Pupillen. Beginnen die Augen also zu strahlen, sollte man das kritisch hinterfragen. Nicht zu verwechseln ist das allerdings mit einem Signal von Interesse. Die kontextbezogene Analyse ist ganz wichtig. Wenn Menschen zu lügen beginnen, erhöht sich der Lidschlag auf das Vier- bis Fünffache. Das kann man selbst als Laie wahrnehmen.

Sind es also die Augen, die einen Lügner verraten?

Das würde ich so nicht sagen. Es gibt Personen, die so nervös sind, dass sie automatisch einen erhöhten Lidschlag haben, wenn sie nur mit einem Problem konfrontiert werden. Man darf niemals nur aus einem einzigen Signal Rückschlüsse ziehen, ob eine Person lügt oder nicht.

Ein weiterer Mythos: Gibt es den Pinocchio-Effekt?

Früher dachte man, wenn Menschen lügen, dann fassen sie sich an die Nase, weil die Nase stärker durchblutet wird und dadurch das Gefühl entsteht, dass sie juckt. Man dachte sogar, dass die Nase aufgrund der stärkeren Durchblutung größer wird.

Auch das wurde redigiert, das stimmt nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Mit Wärmebildkameras ließ sich feststellen, dass die Nase kälter und kleiner wird, wenn Menschen lügen. Verblasst die Nase des Gegenübers, dann ist das also eher ein Zeichen fürs Lügen. Dadurch dass Frauen häufig Make-up tragen, sieht man ihnen das seltener an.

Ohne Wärmebildkamera hat man in diesem Fall also keine Chance, Lügner zu entlarven?

Nein, das geht nicht. Wenn Menschen lügen, tendieren sie häufig dennoch dazu sich ins Gesicht zu fassen, weil andere Regionen des Gesichts stärker durchblutet werden. Sie greifen sich zum Beispiel an die Wange, an die Stirn oder ans Ohrläppchen. Man nennt das Selbstberuhigungssignale.

Alle Gesichtsberührungen mit der Hand wirken grundsätzlich immer negativ

Wenn man also weiß, dass man lügen muss, dann gilt die Devise: „Hände weg vom Gesicht!“. Alle Gesichtsberührungen mit der Hand wirken grundsätzlich immer negativ. Das lässt sich eine Zeit lang kontrollieren, deshalb wird das auch Politikern von Beginn an beigebracht.

Können Lügendetektoren jeden Lügner überführen?

Nein, können sie nicht. Wenn ein Gerät nur die Hautleitfähigkeit misst, sagt das gar nichts aus. Werden aber Herzschlag und Blutdruck auch noch gemessen, dann wird die Messung wesentlich aussagekräftiger. Ein Lügendetektor sagt aber niemals aus, ob eine Person jetzt gelogen hat oder nicht. Er sagt nur aus, dass es eine starke Reaktion auf eine Frage gegeben hat oder eben nicht.

Hängt ein genaues Resultat dann also vom Interviewer und den Fragen selbst ab?

Die Fragestellung muss natürlich ganz genau vorbereitet werden. Es müssen auch Kontrollfragen eingebaut werden, damit man einen Vergleich hat. Aus dem Wechselspiel von Lügenfrage und Kontrollfrage lässt sich dann schon eine Tendenz herauslesen, aber ein 100% zuverlässiges Ergebnis bieten auch Lügendetektoren nicht.

Gibt es überhaupt eine sichere Methode, einen Lügner zu entlarven?

Viele Experten schwören auf die sogenannten Mikroausdrücke. Das sind vegetative Reaktionen im Gesicht. Wenn jemand lügt, dann hat er bestimmte Gefühlsregungen. Diese Regungen spiegeln sich im Bereich von Millisekunden im Gesicht wider, das kann kein Mensch unterdrücken. Aufgrund einer negativen Emotion, die sich ganz kurz zeigt, lässt sich also der Rückschluss auf eine Lüge ziehen.

Auch hier gibt es einen Haken: Diese Mikroausdrücke sind mit freiem Auge nicht wahrnehmbar. Man muss also zuerst ein Interview vor Kamera führen, um es danach in Zeitlupe Sequenz für Sequenz analysieren zu können. Es handelt sich also um eine sehr zeitintensive Methode.

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Um Lügner zu entlarven muss man nicht unbedingt auf Technik zurückgreifen

 © iStockPhoto.com/Andrew Rich

Kann man Lügen professionell verbergen und damit Profis wie Sie hinters Licht führen?

Ja, das funktioniert. Ich hatte ja schon oft Fälle, wo ich mit einem erfahrenen Lügner konfrontiert worden bin. Gute Lügner spielen sich eine Lüge ganz häufig in Gedanken durch. Sie denken an jedes kleine Detail und leben sozusagen ihre Lüge. Sie glauben in dem Moment, wo sie die Lüge erzählen, auch selbst wirklich daran. Das kann man üben. Genauso wie man es auch üben kann, seine Körpersprache zu kontrollieren. Und dann wird es auch für mich ganz schwierig zu erkennen, ob die Person die Wahrheit gesagt hat oder nicht.

Macht es Sinn beim Entlarven von Lügnern ans Bauchgefühl zu appellieren?

Es ist nicht das Bauchgefühl, es ist die Masse an Signalen, die wir unterbewusst wahrnehmen. Man kann das nicht direkt beschreiben, aber aufgrund der vielen Signale, die man optisch und akustisch wahrgenommen hat, „sagt“ dann der Bauch, dass etwas nicht stimmt. Man sollte also immer darauf vertrauen. Das ist ein sehr guter Ratgeber, besonders wenn man nicht geübt ist, Körpersignale richtig zu interpretieren.

Frauen sind wesentlich besser im Erkennen von Lügen als Männer

Gibt es beim Entlarven von Lügen auch Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

Absolut. Frauen sind wesentlich besser im Erkennen von Lügen als Männer. Das lässt sich daraus ableiten, dass Frauen rein anthropologisch betrachtet dafür verantwortlich sind, die Kinder großziehen zu müssen. Und das besonders in den ersten Monaten, wo sich das Baby noch nicht konkret artikulieren kann. Dadurch sind Frauen wesentlich feinfühliger im Erkennen von Körpersprache, das ließ sich mit zahlreichen Experimenten bereits nachweisen.

Lässt sich auch erkennen, wie gravierend eine Lüge ist?

Das ist absolut typbedingt. Ein pathologischer Narzisst wird überhaupt keinen Skrupel haben zu lügen. Solche Leute zeigen keine emotionale Reaktion und ziehen ihr Ding einfach durch. Dann gibt es auf der anderen Seite wiederum eher eine empathische, sensible Personen, die Vieles in Unruhe bringen kann.

Will man überprüfen, ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt, sollte man immer darauf achten: Fühlt die Person sich wohl? An der Körpersprache erkennt man eine entspannte Haltung, einen direkten Blickkontakt, lockere Handgelenke und Fingerbewegungen. Oder ist es Unbehagen, das sich mit fahrigen, schnellen oder nervösen Bewegungen des Körpers bemerkbar macht.

Aber das kann im Endeffekt ja auch nur Nervosität ausdrücken. Wie kann man sich da sensibilisieren?

Es ist schon wichtig, dass man die sogenannte „Baseline“ einer Person kennt, also wie ihr Verhalten in einer nicht-emotionalen Situation aussieht. Dazu spricht man zunächst über harmlose Themen wie das Wetter oder Essen. Stellt man danach die eine spezielle Frage und das Verhalten ändert sich rapide, dann sollte man das schon weiter kritisch hinterfragen.

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