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L.S. Dunes als junge Band voller alter Herren

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Das US-Quintett fand 2022 während der Coronapandemie zusammen
©APA/APA/Fantasy Rec/Shervin Lainez/Shervin Lainez
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Ein paar Hobbys aus der Coronazeit lassen sich nur schwer abschütteln. Wer nicht gerade sein Talent zum Brotbacken entdeckt hat, griff vielleicht zu Gitarre oder Mikrofon. Im Fall der Mitglieder von L.S. Dunes ist das auch kein Wunder, spielen die fünf Musiker sonst doch in so bekannten Bands wie My Chemical Romance, Thursday oder Coheed & Cambria. Das neue Bandprojekt entstand 2022 relativ überraschend - und ist gekommen, um zu bleiben, wie Frank Iero betont.

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"Das erste Album 'Past Lives' war nicht nur für die Fans eine Überraschung, sondern auch für uns, dass das tatsächlich geklappt hat", schmunzelte der Gitarrist im APA-Gespräch. "Es war einfach etwas, das wir während der Pandemie ausprobiert haben und hat im Endeffekt unglaublich viel Spaß gemacht und gut funktioniert." Schnell wurde das Quintett, das weiters aus Sänger Anthony Green, Gitarrist Travis Stever, Bassist Tim Payne und Drummer Tucker Rule besteht, als Supergroup tituliert, gehören die einzelnen Bandprojekte in Posthardcore- und Emo-Kreisen doch zur Speerspitze. Wo es sonst also große Erwartungshaltungen gibt, durfte bei L.S. Dunes nach Lust und Laune musiziert werden, und zwar ganz ohne Druck.

Wie gut das klappt, stellt das vor wenigen Wochen erschienene Zweitwerk "Violet" eindrucksvoll unter Beweis. "Wir hatten diesmal schon eine viel klarere Vorstellung davon, was die Band eigentlich ist", nickte Iero. "Wir haben uns tatsächlich als solche gefühlt und weniger wie ein Experiment." Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Platte mit der melodischen Großtat "Like Magik" beginnt, aber auch massive Soundwände wie "Paper Tigers" auffahren kann. Hier hat alles Hand und Fuß, wird ebenso gern zornig in die Saiten gegriffen, wie Green sein Falsett in lichte Höhen schraubt.

"Die Platte hat uns gezeigt, dass wir einander wirklich gut kennen", beschrieb Iero ein Erfolgsrezept. "Ich weiß genau Bescheid über die Stärken meiner Kollegen und weiß, wohin sie ihr Kopf führen wird, wenn ich ein bestimmtes Riff spiele." Er halte sich diesbezüglich auch gern an einen Ratschlag seines Vaters. "Er hat mir immer gesagt: Der einzige Weg um dich wirklich weiterzuentwickeln, ist mit Leuten zu spielen, die besser sind als du. Das war also immer mein Ziel: Jene Menschen zu suchen, die mich inspirieren und mit ihnen Musik zu machen." Genau das sei auch bei L.S. Dunes der Fall, es stehe einfach die Lust am Kreativsein im Vordergrund.

Insofern nehme sich Iero auch keine bestimmten Ziele vor für ein neues Projekt. "Das ist sonst so, als würdest du einen Berg erklimmen wollen, was dich aber auf einen Weg bringt, den du vielleicht gar nicht einschlagen solltest. Stattdessen geht es für mich darum, wohin mich das Universum führt - selbst wenn das ein wenig einfältig klingt. Wie kann ich diese Energie kanalisieren und damit in Einklang bringen, wo sich mein Kopf und Herz gerade befinden?" Manche Ideen würden einen auch nicht loslassen, wie es beispielsweise beim melancholischen Albumschlusstrack "Forgiveness" der Fall war. "Die Nummer geht zurück auf eine Idee, die wir schon beim Debüt hatten, damals aber nicht auf den Boden brachten. Ich habe das nie aus dem Kopf gebracht."

Die größte Herausforderung tritt für L.S. Dunes hingegen in Form eines Terminkalenders zutage: "Der Zeitdruck, den wir haben, ist verrückt. Deshalb schreiben wir auch meist weit voneinander entfernt und schicken uns die Ideen digital zu. Wie in jeder Beziehung in deinem Leben, die dir Spaß macht und gut tut, gilt auch für uns: Wir kämpfen um mehr gemeinsame Zeit", lachte der Musiker. "Wenn wir zusammen sind, gibt es dafür nie Schwierigkeiten. Aber die mit der Terminfindung verbundene Frustration musst du einfach beiseite schieben und dir klar machen, dass es all das wert ist. Das Tourleben hat mich in den vergangenen eineinhalb Jahren durchaus gefordert, ich wäre gerne öfter zuhause gewesen. Aber abgesehen davon liebe ich es, Zeit mit der Band zu verbringen."

Davon konnte sich vor kurzem auch das Wiener Publikum überzeugen, als L.S. Dunes den Opener für die Punkkollegen von Rise Against in der Stadthalle gegeben hat. Dabei wurde rasch deutlich, dass der druckvolle Studiosound der Gruppe live noch eine Spur mehr Rohheit injiziert bekommt, was einerseits am Spiel von Schlagzeuger Rule liegt, aber vor allem an Green festgemacht werden kann. Dieser gibt als Frontmann gerne den Derwisch, der stimmlich überzeugt und dabei unzählige Meter auf der Bühne zurücklegt. Da fliegt auch gern der Mikrofonständer mal hoch in die Luft, um gekonnt wieder aufgefangen zu werden. Eine gute Show ist eben alles.

Dass sie eine solche liefern können, liegt natürlich auch an der langen Erfahrung der Musiker. Kommt bei so einem Projekt auch der kreative Hunger einer jungen Band hinzu? "Wahrscheinlich. Das einzige Problem ist: Wir sind zwar eine junge Band, aber voller alter Männer", lachte Iero mit seinen 43 Jahren. "Aber ernsthaft: Das Beste an einer jungen Band ist tatsächlich, dass du keine anderen Verpflichtungen hast. Du kannst all deine Energie da reinstecken, jede Faser deines Körpers und jede Sekunde deiner Zeit. Das braucht es auch, um wirklich aufzublühen. Andererseits muss man über das Musikbusiness wissen: Es gibt auf der einen Seite die Musik und auf der anderen das Business. Beide Dinge haben aber so gut wie nichts miteinander zu tun. Es ist eine schräge Dichotomie aus Kreativität und Kommerz. Leider muss beides funktionieren. Vielleicht verstehe ich ja eines Tages, wie es das tut", meinte Iero augenzwinkernd.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - https://lsdunes.com)

LOS ANGELES - USA: FOTO: APA/APA/Fantasy Rec/Shervin Lainez/Shervin Lainez

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