Seit Jahrzehnten kursiert der Mythos um das Ungeheuer von Loch Ness, auch Nessie genannt. Warum der schottische See Schauplatz dieser Sagen ist und wie die Wissenschaft das "Monster" von Loch Ness erklärt.
1. Wie ist der Mythos um Nessie entstanden?
Schon seit hunderten von Jahren geht der Mythos eines Seemonsters oder Wasserdrachens in Loch Ness, einem Süßwasssersee in Schottland, um. Die Legende reicht zurück bis zu den Kelten. Zum ersten Mal soll es im Jahr 565 nach Christus gesichtet worden sein - zumindest ist das die älteste bekannte Erwähnung von Nessie. Damals soll der Missionar und spätere Heilige Columban das Leben eines Pikten gerettet haben, der im Fluss Ness (dem Zufluss des Sees) von einem Ungeheuer angegriffen worden sein soll. So berichtet es jedenfalls die historische Aufzeichnung "Vita Columbae", die das Leben von Columban beschreibt.
In den Jahrhunderten darauf folgten zahlreiche weitere Sichtungen rund um Loch Ness: Im Jahr 1852 griffen beispielsweise Dorfbewohner zu ihren Mistgabeln, um eine "Seeschlange" zu töten, die sich aber als badendes Pony entpuppte.
2. Warum ist Nessie heute so berühmt?
Richtig berühmt wurde Nessie erst ab den 1930er Jahren. Im Jahr 1933 gab der Londoner George Spicer bekannt, er habe eine Bestie gesehen, die ein Lamm in ihrem Maul hatte. Es folgten Zeitungsberichte. Von da an ist die Zahl der Sichtungen explosionsartig angestiegen. 1934 schoss Robert Kenneth Wilson, ein Londoner Frauenarzt, das wohl berühmteste Foto von Nessie, dass sich später allerdings als Fälschung herausstellte. Auf dem "Fake"-Foto ist ein großes Wesen mit einem langen Hals zu sehen. 1994 gab Marmaduke Wetherell an, das Foto gefälscht zu haben - auch soll nicht der Arzt das Foto aufgenommen haben. Sein Name sei benutzt worden, um das Ganze glaubhafter zu machen.
In Wirklichkeit soll auf dem Bild ein Spielzeug-U-Boot mit einem Plastikkopf obendrauf zu sehen sein.
Doch Fälschungen hin oder her - das Interesse an Loch Ness und einem möglichen Wesen, das in diesem See haust, ist seitdem nicht abgebrochen.
3. Wie tief ist Loch Ness?
Es stellt sich die Frage: Hätte Nessie überhaupt genug Platz, um sich in Loch Ness zu verstecken? Tief genug wäre das Gewässer. Loch Ness ist ein Süßwassersee im Norden Schottlands, den Highlands. Nach Loch Lomond ist Nessies See gemessen an der Wasseroberfläche von 56,4 Quadratkilometern der zweitgrößte schottische See. An der tiefsten Stelle ist der See 230 Meter tief.
4. Wie erklären die Wissenschaftler:innen die Sichtungen?
Auch wenn Loch Ness tief genug ist, so sind sich Wissenschaftler:innen einig, dass der See nicht Platz für eine ganze Population größeren Unterwasserlebewesen bieten könnte. Und eine größere Population müsste es sein, denn anders könnten die Tiere längerfristig ihre Existenz nicht sichern. Viele Wissenschaftler:innenund Kryptozoolog:innen (befassen sich mit Lebewesen, für deren Existenz es kaum Beweise gibt) führen die Sichtungen schlicht auf Falschmeldungen zurück oder darauf, dass gewöhnliche Tiere wie Robben oder große Fische mit einem "Monster" verwechselt wurden. Im Wasser treibende Holzstämme oder Luftspiegelungen werden ebenfalls gerne als Erklärung verwendet.
Die Theorie, Nessie sei ein Überrest aus dem Zeitalter Mesozoikum, weil etliche Beschreibungen an einen Plesiosaurus erinnern, halten Expert:innen mittlerweile für sehr unwahrscheinlich.
Im Sommer 2003 untersuchte der Sender BBC Loch Ness mit 600 Sonarstrahlen - von Nessie fehlte jedoch jede Spur. Außerdem gibt es, Fälschungen ausgenommen, kein einziges authentisches Foto vom Seeungeheuer und es wurden nie Knochenreste von früheren Nessies oder einem möglichen Plesiosaurus gefunden.
5. Was wären die Highlands ohne Nessie?
Den Schotten konnte nichts Besseres passieren als Nessie. Der Tourismus boomt - selbst wenn das Seeungeheuer ins Reich der Legenden gehört. Urlauber strömen dennoch in Scharen nach Inverness und Loch Ness, um den See zu sehen, um den sich so viele Geschichten ranken. Eine riesige Ausstellung im "Loch Ness Centre" beschäftigt sich nur mit dem Mythos Nessie und historischen Ereignissen rund um Loch Ness. Die schottischen Highlands wären wohl um eine wichtige Attraktion ärmer, würde niemand mehr an die Legende des Seeungeheuers glauben.