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Süße Aggression

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Kann jemand aus Liebe beißen? Sind Liebesbisse im Überschwang der Gefühle normal oder deutet das auf verdeckte Gewaltfantasien hin? In der überwiegenden Zahl der Fälle, aber nicht nur, sind Frauen von menschlichen Bissen betroffen. Ob aus Wut, im Liebesspiel oder zur Selbstverteidigung, menschliche Bisse sind unterschiedlich motiviert

In den sozialen Medien wird als „Cute Aggression“ bezeichnet, wenn Sie den geliebten Menschen vor Liebe auffressen könnten. Allerdings nicht kannibalistisch gemeint, sondern im Sinne der Aggression, die vom lateinischen Wortstamm her „Annäherung“ bedeutet.

Liebesbisse zum Stressabbau

Sie haben Ihren Partner oder Ihre Partnerin zum Fressen gern, sodass Sie laut schreien könnten vor Begeisterung – und vielleicht urplötzlich den Impuls verspüren, ihn oder sie aufzufressen. Oder bis zur Schmerzgrenze zu drücken, was zunächst an Aggression denken lässt. Ein Beispiel: Bernd fragt Lisbeth auf dem Weg zum Kino, als ihn eine Welle überschäumender Liebe überschwemmt, ob er sie kurz in den Nacken oder in die Hand beißen dürfe. Er mag es, sanft an Lisbeths Finger zu nagen. Die Wirkung des Beißens, Kneifens oder Saugens ist Umfragen zufolge der Wirkung eines Stressballs ähnlich.

(Er)drückt vor Liebe

Die süß gemeinte, aber im Grunde aggressive Handlung, jemanden vor Liebe heftig zu drücken oder auch ein Kind oder einen Hundewelpen vor Entzücken zu kneifen, wird seit rund einem Jahrzehnt als dimorphe Gefühlsäußerung bezeichnet: ein nach außen hin der inneren Einstellung widersprechendes Verhalten.

Knutschfleck als Zeichen der Initiation

Knutschflecken gelten besonders bei jungen Liebenden als Zeichen der Selbstbestimmung und Nachweis der Zuneigung. Es handelt sich dabei um blaue Verfärbungen, die vor allem in der Halsregion, im Nacken oder im Dekolleté durch Ziehen, Saugen oder leichtes Beißen entstehen. In der Abwehr eines Angreifers bleibt der Mund oft die einzige Möglichkeit, sich zu verteidigen. Bevorzugte Bissstellen sind aktuellen Studien zufolge Arme und Hände. Hals, Nacken, Schultern und Rücken bieten hingegen weniger oft Angriffsfläche. In den Hals oder in die Brust zu beißen, kann je nach Absicht und Intensität ein zarter Liebesbeweis sein oder eine - brutale -Körperverletzung.

Wutbeißen

Im forensischen Kontext stecken häufig Konflikte, Wut und Eifersucht hinter zwischenmenschlichem Beißen. Hier wird sogar ausdrücklich von „Wutbeißen“ gesprochen. Medizinisch werden Bisse den Quetsch- oder Rissquetschwunden zugeordnet. Durch das weniger scharfe menschliche Gebiss kommt es selten zu offenen Fleischwunden. Bei menschlichen Bissverletzungen ist jedoch eine Ansteckung mit Infektionserkrankungen wie Tetanus, Hepatitis B oder C oder HPV möglich. Besteht der Verdacht auf Infektionsgefahr, sollten die Bisswunden erhoben und mögliche Infektionen sicherheitshalber medizinisch abgeklärt werden.

Fazit: Um Liebesbisse von Körperverletzungen abzugrenzen, braucht es eine Abklärung der Motivation, der Intensität und der Impulskontrolle. Eine „Cute Aggression“ liegt nur vor, wenn Liebesbisse einvernehmlich entstehen oder man nicht zwangsbeglückt und ernsthaft verletzt wird. Eine krankhaft gestörte Impulskontrolle zieht verheerende Folgen nach sich. Daher macht, wie schon Paracelsus sagte, auch im Liebesleben beim Saugen, Kneifen und Beißen die Dosis das Gift.

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