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In der Krise des Politischen

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In der Krise des Politischen

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Herbert Kickl ist nicht mehr allein. Mit Lena Schilling und Dominik Wlazny zeichnen sich weitere Angebote für enttäuschte Wähler ab. Dass sie links stehen, ist ein schwacher Trost für ihn.

ANALYSE

Mit Blick auf die EU-Wahl Anfang Juni haben die Grünen eine Lehre aus der Bundespräsidentenwahl 2022 gezogen. Ihr Ex-Chef Alexander Van der Bellen mag damals 56,7 Prozent erreicht haben und klar im Amt bestätigt worden sein. Viele ihrer Anhänger waren damals jedoch fremdgegangen und hatten dem Vorsitzenden der Bierpartei, Dominik Wlazny, den Vorzug gegeben: Fast ein Drittel seiner 337.010 Wähler waren Grüne.

Vizekanzler Werner Kogler und Co. war das eine Warnung: Sie können als Juniorpartner der ÖVP in der Regierung nicht allen Erwartungen gerecht werden. Im Gegenteil: Dass sie Abschiebungen nicht verhindern konnten oder die Einstellung der gedruckten Ausgabe der "Wiener Zeitung" mittrugen, schmerzt langjährige Sympathisanten. Das ist das eine. Das andere: 40,50 Prozent der Österreicher sind grundsätzlich enttäuscht von Politik, haben laut Eurobarometer-Befragungen das Gefühl, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt, misstrauen der Regierung, aber auch dem Parlament. Bei Wahlen tendierten sie dazu, Bestehendem eine Absage zu erteilen. Bei der Bundespräsidentenwahl hat sich nicht zuletzt Wlazny dafür angeboten. Mit Erfolg: Er schaffte 8,3 Prozent.

Insofern ist es eine konsequente Absichtserklärung der Grünen, mit der Klimaaktivistin Lena Schilling als Quereinsteigerin in die EU-Wahl zu ziehen. Sie legt Wert auf die Feststellung, keine "altgediente Berufspolitikerin" zu sein. Soll heißen: "Ich bin glaubwürdig." In der Vergangenheit mag sie sich kritisch über Grüne geäußert gaben ("vertreten sicherlich andere Werte als wir in der Umweltbewegung"). Kogler kann das jedoch nur gefallen: Es könnte helfen, frustrierte Anhänger wieder umzustimmen und neue Wählergruppen anzusprechen.

Bei diesen Wählergruppen herrschen eben Enttäuschung und Misstrauen vor. Auf Bundesebene sind sie zuletzt ausschließlich von Herbert Kickl (FPÖ) umworben worden. Es hat ihn stärker gemacht. In den Ländern hatten seine Parteifreunde im vergangenen Jahr Konkurrenz: In Kärnten durch die Liste Köfer und in Salzburg durch die Kommunisten von Kay-Michael Dankl.

Bei der Nationalratswahl, die spätestens im Herbst stattfinden wird, will es Wlazny noch einmal wissen. Seine Bierpartei steht zwar links, für Kickl (rechts) ist das aber ein schwacher Trost: Bei der Bundespräsidentenwahl durfte sich Wlazny über mehr als 40.000 Stimmen von Wählern der FPÖ freuen, obwohl diese mit Walter Rosenkranz einen eigenen Kandidaten hatte. Das zeigt, dass die inhaltliche Ausrichtung nicht immer eine Rolle spielt. Abgesehen davon ist es so: Jedes weitere Angebot, das Menschen anspricht, die sonst zuhause bleiben würden bei einer Wahl, geht unter anderem auch auf Kosten der FPÖ - und macht es schwieriger für sie, an die 30 Prozent heranzukommen, die sie derzeit hält.

ZAHL - Tabuthema "Impfen"

Das "Nationale Impfgremium" (NIG) hat gesprochen: Grundsätzlich werde allen ab Zwölfjährigen, ganz besonders aber ab 60-Jährigen, Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf und dem Gesundheitspersonal empfohlen, sich mit einem angepassten Corona-Impfstoff schützen zu lassen. Das war einer Mitteilung des Gremiums vom vergangenen Sommer zu entnehmen.

Ergebnis: Es wird beinahe ignoriert. Österreichweit sind seither gerade einmal sieben Prozent aller ab Zwölf- und 18 Prozent der ab 60-Jährigen zumindest einmal geimpft worden. Mehr waren nicht bereit dazu oder haben keine Notwendigkeit gesehen. Im Osten ist der Anteil um einiges höher, im Westen wesentlich niedriger. Bei den Älteren beträgt er in Wien 23 Prozent sowie in Tirol und Vorarlberg elf Prozent.

Zu tun hat das wohl nicht nur damit, dass Corona an Schrecken verloren hat. Es gibt auch keine sichtbare Impfkampagne. Grund: Impfen ist zu einem politischen Tabuthema geworden, es kostet Stimmen. Zu groß sind die Schäden, die in der Pandemie durch einen "Lockdown für Ungeimpfte" sowie den Impfpflichtbeschluss entstanden sind. Nicht nur, dass mit Druck gearbeitet wurde, "die individuelle Einstellung zum Impfen wurde zum Gegenstand moralischer Auf- oder Abwertung", wie es im Endbericht zum "Corona-Aufarbeitungsprozess" heißt, den die Akademie der Wissenschaften federführend erstellt hat.

Alles in allem sind Abwehrhaltungen in der Bevölkerung verhärtet worden und die Impfbereitschaft gesunken. Befürchtungen gehen nun dahin, dass sich das nicht auf Corona beschränkt. Tatsächlich weist die "Österreichische Gesundheitskasse" (ÖGK) darauf hin, dass zur saisonalen Grippe erst eine Durchimpfungsrate von rund acht Prozent erreicht sei. Viel mehr dürften es nicht mehr werden. Das bedeutet, dass die angestrebten elf Prozent wohl klar verfehlt werden.

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BERICHT - Kurz entfernt sich von Comeback

Ein Comeback von Sebastian Kurz (ÖVP) sei "überaus unwahrscheinlich", schließt der Meinungsforscher Peter Hajek aus einer Umfrage, die er für die Zeitung "Heute" durchgeführt hat. 56 Prozent der Österreicher sehen den Ex-Kanzler demnach schon negativ. Da ist etwas ins Rutschen gekommen. Auch in seiner Partei werden Stimmen, die sich nach einer Rückkehr sehnen, seltener.

Die ÖVP ist mit Kurz hoch gestiegen, aber auch tief gefallen. Schlimmer für ihn: Zweifel, dass es unter seiner Führung besser laufen würde als unter der von Karl Nehammer, verfestigen sich. Erstens: Mit seinem Versprechen, für einen neuen Stil zu sorgen, hat er einst sehr viele Menschen gewonnen; und zwar auch solche, die mit der Politik eigentlich schon abgeschlossen hatten. Allein der Inhalt diverser Chats sorgte für umso größere Enttäuschungen. Zweitens: Von der "Schließung der Balkanroute" für Geflüchtete ist ebenso wenig geblieben, wie Reformen - zum Beispiel die Zusammenlegung von Sozialversicherungen - gebracht haben. Drittens: Schon in der Pandemie haben sich Impfgegner von Kurz abgewendet. Das ist eine Gruppe, die bis heute wesentlich ist für den Höhenflug von Herbert Kickl und der FPÖ.

Und schließlich: Kickl hat in dieser Zeit eine Erzählung begonnen, die er etwa auch in Bezug auf die Teuerung fortsetzt und die greift: "Ihr seid denen da oben egal", lautet die Botschaft, "denen geht es nur um sich selbst." Kurz bestätigt das unfreiwillig. Nicht als Angeklagter, der sich verteidigen muss, sondern als Mann, der das durch exzessive Litigation-PR begleiten lässt.

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