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Zunächst aber der Sprung ins Jahr 2020: Im März erschien das selbstbetitelte Debüt der Gruppe, eine Tour war geplant, die Aufmerksamkeit durchaus hoch. Und dann: Corona. "Der Moment damals war Wahnsinn", erinnert sich Paulitsch im APA-Interview. "Zwei Tage vor Tourstart hieß es: Alles wird zugesperrt, alles wird abgesagt. Keiner hat sich ausgekannt, es war wie im freien Fall." Also musste die junge Band, deren Mitglieder auch in anderen Formationen involviert sind, Durchhaltevermögen beweisen. Sukzessive geschah die Rückkehr auf die Bühne, wurden neue Songs geschrieben und veröffentlicht. Und nun also ein zweites Album.
Dass es ein wenig gedauert hat, habe verschiedene Gründe. "Es gab natürlich Ups und Downs, wir sind auch sehr beschäftigt mit anderen Projekten", so Paulitsch. "Die Leben entwickeln sich einfach individuell. Das macht es nicht einfacher, wenn man eine 'Band-Band' wie Good Wilson hat: Es lebt stark davon, dass wir gemeinsam musizieren und wirklich als Band auftreten." Die Freundschaft spiele eine große Rolle, im Alleingang passiere kaum etwas. "Entsprechend kann es unter Umständen dann natürlich etwas länger dauern."
Das Warten hat sich aber ausgezahlt: Ein Ohrwurm wie "Bats From The Buffet" schüttelt sich schließlich auch nicht von selbst aus dem Ärmel. Klangästhetisch knüpft das Quintett an den Vorgänger an, liefert träumerische Melodien über lockere Gitarrensounds, was an die lässige Attitüde eines Kurt Vile ebenso denken lässt wie das Harmonieverständnis der Beach Boys. "Comedown Primetime" ist eine melancholische Großtat, während das kapitalismuskritische "Plenty" von einem feinen Groove zehrt. Nach üblichen Formeln läuft wenig ab, was auch der Opener beweist: Es gibt schließlich nicht viele Bands, die heutzutage ihr Album mit einem vierminütigen Instrumentalstück wie "Track 4" beginnen. Good Wilson können und wollen es.
Was unterstreicht, wie Ernsthaftigkeit und Lockerheit hier zusammenfinden. "Als Künstler unterschätzt man manchmal, dass man sich über das eigene Format gut ausdrücken kann", wirft Gitarrist Yannic Steuerer ein. "Es kann sehr kraftvoll sein, auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlt. Ich bin schon gern witzig, aber es soll trotzdem im richtigen Moment durchaus ernst sein." Oder wie es Paulitsch ausdrückt: "Es geht schließlich auch um Dinge, die furchtbar sind in unserer Gesellschaft, mit all den Ungleichheiten, die wir immer noch haben." Insofern sei es die große Kunst, das unterzubekommen, ohne den musikalischen Spaß außen vorzulassen.
Ein wesentlicher Grund, warum all das funktioniert, ist sicherlich die Harmonie zwischen den Musikern - neben Paulitsch und Steuerer komplettieren Julian Pieber, Mario Fartacek sowie Alex Connaughton die Gruppe. "Es entwickelt sich jeder weiter und jeder weiß, was am besten funktioniert", so der Sänger. "Was brauchen wir in der Probe? Haben wir Zeit, mal nur aus Spaß zu spielen oder bereiten wir uns auf ein Livekonzert vor? Das Zusammenspielen wird immer noch besser und umso effizienter." Für Steuerer klinge die Platte "erwachsener. Man fühlt sich nicht mehr so studentisch, es gibt auch andere Themen."
Im Musikbusiness werde heutzutage unglaublich viel verlangt. "Es ist scheinbar selbstverständlich, dass man nebenbei eine Werbeagentur oder Produktionsfirma ist", so Paulitsch. "Man vergisst dann oft, dass es eigentlich um die Musik geht." Ihnen sei wichtig, die Selbstironie nicht zu verlieren. "Man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen", nickt Steuerer. "Wir sind schon eher Idealisten. Vielleicht ist das auch eine Alterserscheinung, aber wir beschäftigen uns nicht permanent damit, was gerade auf TikTok durchstartet. Das hat nichts damit zu tun, was wir wollen: gute Musik machen, schöne Konzerte geben und dass unsere Hörerinnen und Hörer mehr werden." Gehe es nur um Maximierung, sei es mit dem Idealismus nicht mehr weit her.
vlnr.: Gitarrist Yannic Steuerer und Sänger Günther Paulitsch von der Indieband Good Wilson am Donnerstag, 16. Jänner 2025, im Rahmen eines Interviews mit der APA - Austria Presse Agentur in Wien.