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Hilferuf aus den Kindergärten

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Hilferuf aus den Kindergärten
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Seit Jahren machen Elementarpädagoginnen und Assistenten auf unzumutbare Arbeitsbedingungen in Kindergärten aufmerksam. Doch die Politik scheint nicht zuzuhören. Dabei könnte hier vielen Kindern ein besserer Start in der Schule ermöglicht werden. Viele Beschäftigte werfen das Handtuch. Es gibt zu wenig Personal. Die Kindergarten-Milliarde reicht nicht

Nicole Pitsch leitet einen Kindergartenstandort der St. Nikolausstiftung in Wien-Speising mit insgesamt fünf Gruppen. Am Tag unseres Interviews stand sie in der Früh bereits als Vertretung in einer Gruppe - die Pädagogin hatte sich am Morgen krank gemeldet. Am Abend davor hatte eine andere Mitarbeiterin sie von ihrer Schwangerschaft informiert. Sie wurde sofort dienstfrei gestellt. "Und die letzte Woche hat mit einer spontanen Kündigung geendet."

Der permanente Personalmangel bestimmt Nicole Pitschs Alltag. Diese schwierigen Rahmenbedingungen fordern von ihr, aber auch von ihrem Team permanente Flexibilität. Sie als Leiterin springt in solchen Situationen immer ein, um den Betrieb in den Gruppen aufrecht zu erhalten. Da bleibe dann einerseits Administratives liegen, manches Mal nehme sie diese Büroarbeit dann abends mit nach Hause, erzählt sie. Andererseits könne sie junge Kolleginnen und Kollegen am Beginn ihrer Tätigkeit nicht so intensiv begleiten, wie sie das gerne würde. Ähnlich geht es Katrin Weihsinger. Sie leitet einen Kindergarten-Standort der Wiener Kinderfreunde in Wien-Floridsdorf mit sechs Gruppen. "Theoretisch bin ich nur mit der Leitung beschäftigt. Praktisch stehe ich auch in den Gruppen." Diese Woche sei sie schon in die Assistentinnen-Rolle geschlüpft. "Die Kinder gehen einfach vor", betont sie. Von ihrem Team erfordert das allerdings viel Einsatzbereitschaft und Flexibilität. "Im Grund plane ich nur mehr von Tag zu Tag. Daher kann ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch nicht sagen, wie ihr Dienstplan der kommenden Woche aussehen wird."

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"MOGELPACKUNG". Susanna Haas (li.), pädagogische Leiterin der St. Nikolaus-Kindergärten, rechnet vor: Die Kindergarten-Milliarde bringt pro Kind nicht einmal 100 Euro pro Jahr. Kindergarten-Leiterin Nicole Pitsch berichtet von Personalmangel © Heinz Stephan Tesarek

Der Personalmangel ist ein Systemproblem, wie Karin Wilflingseder, Pädagogin im kleinen Kindergarten des Vereins StudentInnenkinder mit drei Gruppen in Wien-Alsergrund, betont. Sie ist auch Sprecherin der Wiener Themenplattform Elementar-, Hort- und Freizeitpädagogik in der Gewerkschaft der Privatangestellten. Zwei Drittel der Kindergärten in Wien werden von privaten Trägereinrichtungen geführt, ein Drittel von der Stadt Wien. Letztere verweigerte übrigens mit Verweis auf die derzeit schwierige Situation in der für Kindergärten zuständigen Magistratsabteilung 10 - im Gefolge möglicher Missbrauchsfälle und des nicht adäquaten Umgangs damit wurde kürzlich die Leiterin der Abteilung abgesetzt - jegliche Auskunft und Gesprächsmöglichkeit zum Thema Arbeitsbedingungen in Wiener Kindergärten. (Ein Interview mit dem zuständigen Stadtrat Christoph Wiederkehr finden Sie hier.)

Warum aber gibt es hier ein Systemproblem? Die gesetzlichen Vorgaben sehen viel zu hohe Personal-Kinder-Schlüssel vor, so Wilflingseder. Danach richten sich dann in der Folge die Förderzuerkennungen durch die Länder. Wenn allerdings in einer Gruppe für Drei-bis Sechsjährige mit 25 Kindern oder in einer Kleinkindgruppe für Bis-Dreijährige mit 15 Kindern grundsätzlich nur eine Pädagogin und ein Assistent stehen, brennt beim Ausfall einer der beiden Personen bereits der Hut. Dann steht der oder die jeweils andere alleine in der Gruppe. "Da ist man dann froh, wenn am Ende eines Tages alle Kinder unverletzt sind."

Allein mit den Kindern

Pädagogisch sinnvolles Arbeiten sei so kaum mehr möglich. Die verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden unter enormem Druck stehen. "Da gibt es einen Konflikt in der Gruppe, in dem du vermitteln müsstest, gleichzeitig läutet das Telefon, es steht jemand an der Tür und braucht etwas und mit einem Ohr musst du auf der Toilette sein, um sicherzustellen, dass du da bist, wenn ein Kind Hilfe braucht. Die Pädagoginnen zerreißen sich in dem Moment und kommen immer wieder an ihre Grenzen. Hier noch sinnvolle Sprachanlässe zu schaffen, was wichtig für die Kinder wäre, ist nicht wirklich möglich. Das frustriert. Das führt aber auch dazu, dass Leute autoritärer werden, als es gut ist."

Dass nur mehr eine Person in einer Kindergartengruppe steht, kommt allerdings immer öfter vor. Denn der Personalmangel spitzt sich immer weiter zu. Große Hoffnungen wurden in die kürzlich von Ländern und Bildungsminister Martin Polaschek geschlossene neue 15a-Vereinbarung gesetzt. Doch sie erfüllten sich nicht.

Die Gesetzgebung und Vollziehung zum elementaren Bildungswesen liegt laut Verfassung in der Kompetenz der Bundesländer. Sie legen die Rahmenbedingungen - wie viele Kinder von wie vielen Pädagoginnen und Pädagogen beziehungsweise Assistentinnen und Assistenten betreut werden, ob und welche Ausbildung diese brauchen, aber auch, ob es bezahlte Vorbereitungszeit gibt - fest und sind für die Finanzierung zuständig. Auf Basis der sogenannten 15a-Vereinbarung trägt allerdings auch der Bund Mittel bei.

Da ist man dann froh, wenn am Ende des Tages alle Kinder unverletzt sind

Karin Wilfingseder, Kindergarten-Pädagogin in Wien-Alsergrund

Der Minister verkündete hier jüngst eine "Kindergartenmilliarde". Dabei handelt es sich um jene Mittel, die der Bund in den kommenden fünf Jahren in den Bereich Elementarpädagogik investiert, "um einen flächendeckenden Ausbau insbesondere bei der Schaffung von Plätzen für unter Dreijährige und in unterversorgten Gebieten das kostenlose Pflichtkindergartenjahr und bessere Sprachförderung zu gewährleisten", wie es im Ministerbüro heißt.

Susanna Haas, pädagogische Leiterin aller 87 Standorte der St. Nikolausstiftung, an denen 6.200 Kinder pädagogisch begleitet werden, spricht von einer "Mogelpackung". Erstens verteile sich die Milliarde eben auf fünf Jahre, zweitens seien davon nur rund 60 Millionen Euro pro Jahr wirklich zusätzliches Geld. Das entspreche nicht einmal 100 Euro pro Jahr und Kind zwischen null und sechs Jahren. Damit sei nicht viel auszurichten.

Österreich verfehlt EU-Vorgaben

Was es brauche, sei nicht nur ein Ausbau der Kindergartenplätze. Den braucht es zwar auch, wie eine 2021 von Eco Austria-Institut für Wirtschaftsforschung und Julius-Raab-Stiftung veröffentlichte Studie zeigt. Demnach verfehlt Österreich weiterhin die 2002 von der Europäischen Union beschlossenen Barcelona-Ziele, wonach es für zumindest 33 Prozent der Kinder zwischen null und zwei Jahren eine Vollzeit-Kinderbetreuung geben muss. Mit einem Wert von 23 Prozent belegt Österreich hier innerhalb der EU-27 den 20. Platz. Besonders hoch ist dabei der Unterschied zwischen den Bundesländern, wie kürzlich eine OGM-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Wien aufzeigte. In dünn besiedelten Gebieten in ländlichen Regionen gebe es nicht nur zu wenige Betreuungsplätze, die Kindergärten seien oft auch nicht lange genug geöffnet, um beiden Elternteilen Vollzeiterwerbstätigkeit zu ermöglichen.

Mit den Mitteln, die der Bund nun zusätzlich locker macht, soll also vor allem in den Ausbau von Standorten und Plätzen investiert werden. Um sinnvolles pädagogisches Arbeiten in den bestehenden Kindergärten zu ermöglichen, brauche es aber auch Investitionen in die Qualität, betont Haas. Sie selbst hat vor 38 Jahren begonnen, in einem Kindergarten als Pädagogin zu arbeiten, dann leitete sie ein Haus, inzwischen ist sie für alle Standorte der St. Nikolausstiftung zuständig.

Internationale Experten und Studien raten für junge Kinder bis zum dritten Lebensjahr zu einem Fachkraft-Kind-Schlüssel von eins zu drei bis maximal eins zu sechs. "Für Drei- bis Sechsjährige soll der Schlüssel je nach Altersverteilung maximal eins zu zehn betragen. Optimal wären in dieser Altersspanne sieben Kinder pro Fachkraft und eine Gruppengröße von 15 Kindern", so Haas. Bei altersübergreifenden Gruppen von Ein- bis Sechsjährigen sollten maximal sieben Kinder von einer Pädagogin betreut werden. Kinder mit nicht-deutschen Erstsprachen und Kinder mit besonderen Bedürfnissen müssten den Gruppenschlüssel anteilsmäßig reduzieren.

Der pädagogische Zugang sei heute zudem ein gänzlich anderer als vor 20, 30 Jahren, betont Haas. Früher haben die Pädagoginnen ein Programm für die ganze Gruppe vorbereitet. "Jetzt ist es umgekehrt. Jetzt beobachten sie die Kinder, stellen fest, was sie brauchen, was sie interessiert. Man weiß mittlerweile sehr gut, dass man am allerbesten lernt, wenn man auch Interesse an einem Thema hat." Die Zäsur hier habe 2009 mit dem damals beschlossenen BildungsRahmenPlan stattgefunden. "In diesem Plan wurde erstmals formuliert, dass das einzelne Kind im Mittelpunkt steht. Es geht um Pädagogik auf Augenhöhe mit dem Kind." Das sei aber personalintensiv und von einer Pädagogin alleine auch im Normalbetrieb ohne Personalausfälle kaum zu bewerkstelligen.

Hier stimmt auch Alex Fischer, Leiterin der 156 Standorte der Wiener Kinderfreunde, an denen rund 12.000 Kinder betreut werden, mit ein. Vor vielen Jahren habe sie für eine Gruppe rund um Ostern allerlei zum Thema Hasen vorbereitet. Doch ein Bub fragte beharrlich, warum Astronauten im Weltall keinen Sauerstoff hätten. Andere Kinder schlossen sich mit Fragen an, wie denn nun Astronauten im All atmen könnten. Hasen interessierten zu dem Zeitpunkt nicht, also ging Fischer mit den Kindern zum nächstgelegenen Computer und recherchierte, wie Astronauten angezogen sind und was das heißt, wenn man Druckluftflaschen braucht. "Schließlich ist daraus ein Planeten-Projekt geworden. Unlängst, weit mehr als zehn Jahre später, habe ich ein Kind getroffen, das mir gesagt hat 'Ich kann die Planeten immer noch.'"

Spürbarer Personalmangel

Fischer ist derzeit auf der Suche nach rund 150 Pädagoginnen und Pädagogen für die Kinderfreunde-Kindergärten. Ja, der Personalmangel sei spürbar, bestätigt auch sie. Die Kinderfreunde, aber auch andere große private Trägerorganisationen wie die St. Nikolausstiftung oder die Kinder in Wien (KIWI)-Kindergärten versuchen nun mit dem Modell "Job PLUS Ausbildung" Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Vier Semester dauert die Ausbildung in einem Tageskolleg einer Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP), das Pflichtpraktikum wird an einem Standort der beteiligten Träger absolviert und nach Ausbildungsabschluss beginnt das eigentliche Dienstverhältnis. Während der Ausbildung werden die angehenden Elementarpädagoginnen- und -pädagogen vom Arbeitsmarktservice Wien, dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds waff und den Trägerorganisationen finanziell unterstützt.

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UNPLANBAR. Katrin Weihsinger, Leiterin eines Kindergartens in Wien-Floridsdorf, kann nur mehr von einem Tag zum nächsten planen. Bisweilen steht sie sogar selbst als Assistentin in der Gruppe © Copyright 2022 Matt Observe - all rights reserved.

Wie aber kommt dieser eklatante Personalmangel zustande? Das Gros der Elementarpädagoginnen wird an einer BAfEPS, einer fünfjährigen berufsbildenden höheren Schule, die mit der Matura abschließt, ausgebildet. Während der Schulzeit wird bereits eng mit Kindergärten kooperiert, die Absolventen wissen also, was sie im Beruf erwartet. Und hier klafft das, was sie in der Ausbildung an Pädagogik erlernen und wie sie es dann in der Praxis umsetzen können, weit auseinander, so Wilflingseder. Offizielle Statistik, wie viele der Absolventinnen und der wenigen Absolventen schließlich in den Beruf gehen, gibt es zwar nicht. Kolportiert würden in der Branche aber Werte von bis zu zwei Dritteln, die erst gar nicht in den Job gehen, und weiteren mehr als 50 Prozent, die nach ein bis zwei Jahren im Beruf zu studieren beginnen oder in eine andere Branche wechseln.

Frustrierte Pädagoginnen

Wie man es auch dreht und wendet: Es hakt am Geld. Gäbe es mehr Mittel für mehr Personal, wären vielleicht auch wieder mehr Pädagoginnen bereit, in den Beruf zurückzukehren. Die neue 15a-Vereinbarung zeige allerdings den Mitarbeiterinnen ganz im Gegenteil auf, dass die Bildungspolitik nicht gewillt sei, an den Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Kindergärten etwas zu ändern, kritisiert Wilflingseder. Sie hört als Sprecherin der Themenplattform von verschiedensten Trägern, dass aktuell verstärkt weitere Pädagoginnen kündigen würden. Sie sähen keine Perspektiven mehr.

Fischer fordert hier neue gesetzliche Vorgaben ein. Wie auch Haas betont sie die Wichtigkeit anderer Fachkraft-Kind-Schlüssel. Würden diese gesetzlich festgeschrieben, müssten sich auch die Fördermittel an diesen Vorgaben orientieren. Dann könnten die Trägereinrichtungen auch mehr Mittel der öffentlichen Hand abrufen - und die Qualität bieten, die die Kinder wirklich brauchen.

Mit Kindern gemeinsam zu wachsen, ist erfüllend

Alex Fischer, Leiterin der Kindergärten der Wiener Kinderfreunde

Pitsch, Weihsinger, Haas, Fischer, Wilflingseder: Sie alle betonen, wie freudvoll die Arbeit im Kindergarten grundsätzlich wäre, aber auch, wie viel der Kindergarten mit einem verbesserten Personal-Kind-Schlüssel zur Chancengleichheit beitragen könnte. "Kinder könnten schon früher spielerisch Deutsch erwerben und müssen dann nicht in der Schule erleben, dass sie aus der Klasse genommen werden", sagt Fischer. Aber auch Kinder mit Förderbedarf oder aus Familien in einer schwierigen sozio-ökonomischen Situation könnten besser von klein auf unterstützt werden.

Stichwort Förderbedarf: Hier beklagt Weihsinger einen massiven Mangel an Plätzen für Integrationskinder. Werde im Kleinkindalter eine Erkrankung, Beeinträchtigung oder Entwicklungsverzögerung diagnostiziert, versuche man zwar, das Kind so gut wie möglich weiter in der Gruppe zu betreuen. Doch in manchen Fällen sei das aufgrund des hohen Betreuungsbedarfs eines Kindes nicht möglich. Integrationsplätze gebe es beispielsweise in Wien fast nur in den städtischen Kindergärten - und insgesamt zu wenige. Betroffene Kinder würden dann nach Alter gereiht, wodurch Eltern von Drei- und Vierjährigen dann ohne Betreuung dastehen, die Kinder wiederum bekämen nicht die Förderung, die sie bräuchten.

"Wenn die Eltern wüssten, ..."

Eltern verzweifeln allerdings nicht nur daran, dass sie gar keinen Platz haben, sondern auch an den unsteten Personalverhältnissen in den Gruppen. Jeder Pädagoginnenwechsel sorgt für Unruhe bei den Kindern. Wilflingseder betont überhaupt: "Wenn die Eltern wüssten, wie es in einigen Kindergärten teilweise abläuft, würden sie die Kinder nicht mit gutem Gewissen in den Kindergarten bringen." Erst kürzlich habe sich ein angehender Elementarpädagoge, der noch in Ausbildung sei, an sie gewandt, und berichtet, er stehe derzeit aufgrund des eklatanten Personalmangels an dem Standort alleine in einer Kleinkindgruppe mit 15 Null- bis Dreijährigen. Rechtlich dürfte das gar nicht sein. "Aber wo kein Kläger, auch kein Richter", so Wilflingseder.

Sie fordert im Namen der Beschäftigten in privaten Kindergärten eine bundesweite Rahmenvereinbarung, in der festgelegt wird, wie viele Pädagoginnen und Assistentinnen jeweils wie viele Kinder betreuen, in der aber auch Dinge wie Vorbereitungszeit und Entlohnung geregelt werden. Derzeit gebe es durch die Länderzuständigkeit einen Fleckerlteppich, beklagt auch Fischer. Hier brauche es Einheitlichkeit.

Ein wichtiges Thema ist dabei auch die Wertschätzung in Form des Gehalts. In Wien liegt das Einstiegsgehalt einer Pädagogin bei privaten Trägern bei 1.775 Euro netto, das der Assistentin bei 1.335 Euro netto. Die Stadt Wien zahle einer Pädagogin allerdings um mehr als 300 Euro brutto mehr. Damit ergibt sich die unfaire Situation, dass die öffentlichen Kindergärten leichter Personal finden, gleichzeitig aber auch die Fördergeber der privaten Träger sind und dort die Gehälter drücken.

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PROTESTE. Kindergarten-Pädagogin Karin Wilfingseder schließt mittlerweile mehrtägige Protestaktionen nicht mehr aus © Copyright 2022 Matt Observe - all rights reserved.

Aus dem Bildungsministerium kommt indessen eine klare Absage an eine bundeseinheitliche Rahmenvereinbarung. Eine Kompetenzendiskussion bringe derzeit niemanden weiter, betont Andreas Jilly, Sprecher von Minister Polaschek, auf Anfrage. Die Kompetenzen seien in der Verfassung klar geregelt, zudem habe man mit der jüngsten 15a-Vereinbarung ohnehin die Versprechen des Bundes eingehalten und die Mittel für die Kindergärten erhöht.

Damit wird man sich seitens der Pädagoginnen und Assistentinnen allerdings nicht zufrieden geben. In diesem Schuljahr gingen sie bereits mehrmals auf die Straße. Nun schließt Wilflingseder auch mehrtägige Proteste, während der die Kinder dann auch nicht betreut werden, was sowohl Eltern als auch Arbeitgeber entsprechend spüren würden, nicht aus. "Die Politik muss hier andere Prioritäten setzen. Es geht nicht nur um den Ausbau von Plätzen, die Vergabe von Geldmitteln muss auch an die schrittweise Senkung der Kinderzahl und Hebung des Personalschlüssels geknüpft werden." Einheitlichkeit brauche es aber auch bei anderen Qualitätsstandards, wie etwa, ob Assistentinnen und Assistenten eine Ausbildung brauchen oder nicht.

"Es wird nie langweilig"

Adam Sivak arbeitet seit zwei Jahren als Assistent. Der 21-Jährige benötigte dafür in Wien keine vorherige Ausbildung, bei den Kinderfreunden erhalten allerdings alle Mitarbeiter immer wieder Schulungen. In anderen Bundesländern ist hier sehr wohl zumindest ein entsprechender Kurs nötig. Katrin Weihsinger freut sich, Mitarbeiter wie Adam Sivak in ihrem Team zu haben. Der junge Mann hat hier seinen Traumjob gefunden. "Was mir gefällt, ist die Vielfältigkeit. Es wird nie langweilig. Ich hatte noch nie einen Tag, an dem ich das Gefühl hatte, dass die Zeit nicht vergeht. Du schaust nie auf die Uhr und schon ist der Tag um." Sivak arbeitet in einer Kleinkindgruppe und ist vor allem mit Wickeln, Füttern, Schlafenlegen der Kinder, Spielen mit den Kindern und manchmal auch Reinigungsarbeiten in der Küche beschäftigt. Er sagt: "Ich liebe Kinder und ich liebe es, zuzusehen, wie sie wachsen und sich weiterentwickeln."

Diese Begeisterung sehen Fischer, Weihsinger, Pitsch und Haas bei vielen Pädagoginnen und Assistenten. "Es gibt keinen schöneren Beruf, als Pädagogin zu sein", formuliert es Pitsch. Und Fischer sagt: "Mit den Kindern gemeinsam zu wachsen und sich dabei an den Bedürfnissen und Interessen der Kinder zu orientieren, ist erfüllend." Die Elementarpädagogik könne enorm viel leisten. Dazu müssten aber eben die Rahmenbedingungen stimmen. "Derzeit sind wir aber ständig an der Grenze der Selbstausbeutung", prangert Wilflingseder an. Die Covid-Pandemie habe das nochmals verstärkt. "Als Systemrelevante haben wir unseren Wert schon sehr genau begriffen. Wir werden nun das, was wir brauchen, erkämpfen müssen. Und dazu sind wir auch bereit."

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 24/2022 erschienen.

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