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Peter Sichrovsky
©Bild: News/Ricardo Herrgott
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Vor ein paar Wochen konnte man noch ein Apartment auf Airbnb in Gaza buchen: Möblierte Wohnung, 2 Schlafzimmer, Balkon, Strandnähe, 50 Euro die Nacht mit kostenloser Parkmöglichkeit. Eine Suite in einem der 5-Star-Hotels über booking.com mit Blick aufs Meer oder einen Tisch in einem italienischen Restaurant reservieren. Gaza, ein von Kritikern als 'Größtes Konzentrationslager' beschriebenes Küstenstück mit 41 Kilometer Länge, 6-10 Kilometer Breite, einer Fläche von 365 Quadratkilometer und etwa 2 Millionen Einwohnern hatte (vor der Bombardierung durch Israel) alles zu bieten, was jede andere Stadt im Nahen Osten bot: Wohlstand, Elend, Diktatur für die Massen und Freiheit für die Upper-Class, einfachste Imbissstuben, Luxusrestaurants, Quartiere ohne Strom und Wasser und moderne Apartments mit Pool und direktem Strandzugang.

Wohnungsnot

Gaza Strip, wie es auch bezeichnet wird, mit der Hauptstadt Gaza City war ein Land voller Gegensätze. Probleme wie Wohnungsnot, Mangel an Elektrizität, Wasser, Medikamente und Treibstoff wurden völlig berechtigt angesprochen. Die Bevölkerung lebt in extremer Armut mit einer Arbeitslosigkeit von 45 Prozent.

Selten erwähnt wurde das 'andere' Gaza, wo die Hamas-Elite lebte, die UNO Mitarbeiter, Vertreter der Hilfsorganisationen und die Berater aus dem Iran, Qatar und Russland. Die Absurdität dieser extremen Unterschiede zwischen Luxus und Elend wurde bis Kriegsbeginn auch nicht verborgen. Restaurant Lighthouse lud auf ihrer Webpage zu Buffett-Dinner mit üppiger Auswahl von Spezialitäten. Das Heaven's Cafe bot Süßigkeiten und mehrstöckige Hochzeitstorten. White Chalet, eine großzügige Villa mit Pool, ebenfalls am Strand, konnte für Familienfeiern gemietet werden, für Hochzeiten oder Geburtstage mit mehreren Hundert Gästen war das Grand Palace Hotel der ideale Ort. Realitätenbüros wie Open Saaq boten Apartments plus Balkon mit 200 Quadratmetern direkt am Strand, während 90 Prozent der Familien in winzigen Wohnungen mit ein oder zwei Räume lebte. Der Luxus konzentrierte sich in der Rimal Gegend, bevor die israelische Luftwaffe das Stadtviertel komplett zerstörte.

Geschäftsmodell

"Hamas ist ein Geschäftsmodell, funktioniert ähnlich wie die Mafia, nur noch brutaler", erklärte mir David, ein pensionierter Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes, "sie ist keine revolutionäre Gruppe mit einer Ideologie, politische Ziele sind nur vorgeschoben, alles Propaganda. Der Hauptzweck des Terrors ist das Einsammeln von finanziellen Unterstützungen. Die werden großteils unter der Führung der Hamas mit etwa 300 Mitgliedern verteilt, in langfristige kommerzielle Projekte investiert, an internationalen Banken angelegt, Immobilien und Unternehmen damit finanziert, um ihre Familien für die Zukunft abzusichern. Großbritannien gilt als das Hauptquartier in Europa mit einem perfekten Netzwerk kleiner Unternehmen, über die Schein-Projekte abgewickelt, und Moscheen, wo radikalisierte Muslime als Terroristen rekrutiert werden. Auch in Deutschland hat Hamas mindestens fünf funktionierende Niederlassungen. Sie predigen die Zerstörung Israels und wissen dennoch, dass ihre Zeit begrenzt ist, Israel in absehbarer Zeit die ganze Organisation mit Gewalt auflösen wird. Für die Zeit danach, wie sie es selbst intern formulieren, wollen sie abgesichert sein, mit gewinnbringenden Investitionen über türkische und zypriotische Unternehmen, Bargeld in den Emiraten und sicheren Pässen. Die Anführer kommen meist aus kleinen Dörfern, haben keine akademische Ausbildung. Was sie antreibt, ist die Gier nach Macht und die Gier nach Geld. Ein Teil wird in Waffen investiert, dann wieder ein befristeter Krieg gegen Israel begonnen, es folgt die Teil-Zerstörung von Gaza durch Israel, ein Waffenstillstand, Gelder fließen für den Wiederaufbau, und der Zirkus beginnt von Neuem." Die Palästinenser kassieren die höchsten Unterstützungen pro Kopf weltweit. Gaza alleine hat zwischen 2014 und 2020 etwa 5 Milliarden Dollar an Spenden eingesammelt, wobei es nur über die offiziellen Zahlungen aus den USA, der UNO und EU eine glaubwürdige Dokumentation gibt. Dazu kommen noch die Gelder aus dem Iran, Qatar und private Spenden der internationalen Community der Palästinenser. Tausende Konten von Unterstützern und ein Netzwerk von Scheinfirmen macht es möglich, die Gelder zu verstecken.

Spendengelder

2022 wurde der Leiter des 'World Vision's Gaza Offi ce', Mohammed Halabi, in Israel verhaftet, als er versuchte, über den Flughafen in Tel Aviv zu fliehen. Ihm wurde vorgeworfen, etwa 50 Millionen Spendengelder an die Hamas weitergeleitet zu haben. Sein Büro organisierte eine perfekte Tarnorganisation mit fiktiven Projekten in Gaza, auf die das Geld verteilt wurde. Darunter neue Boote für den Fischfang, Traktoren für die Landwirtschaft, Zentren für Behinderte und Kranke, Kindergärten und Schulen. Neben den finanziellen Mitteln kontrollierte er auch die Verteilung von Baumaterial, die für Tunnelbau, Wasserrohre, für Raketen, Chemikalien und für Sprengstoff verwendet wurden.

In London lebte jahrelang einer der Organisatoren der Hamas-Anschläge, unbemerkt und unerkannt. Muhammad Sawalha reiste mit einem Pass eines Verwandten ein, gab sich als Flüchtling aus, bekam 2000 die britische Staatsbürgerschaft. Niemandem fiel auf, dass der 'Flüchtling' ein teures Haus kaufte, nach Moskau reiste als Mitglied einer Hamas-Delegation und ein Netzwerk von Unterstützern in Grossbritannien aufbaute, die Spendengelder einsammelten und weiterleiteten.

Hamas arbeitet mit zwei Organisationen. Die 'al-Qassam Brigaden', die militärische Gruppe, die für Attentate, den Überfall und die Morde an Israelis verantwortlich sind. Sie begann 1993 mit den ersten Selbstmordattentaten und rekrutiert junge Männer und Frauen, die von Beginn an darauf vorbereitet werden, für den Kampf gegen Israel das eigene Leben zu opfern. Und der Verwaltungsapparat der Hamas, der Lebensmittel-und Wasserverteilung, medizinische Versorgung, Schulen und Universitäten wie auch das Justizsystem kontrolliert. So wird jede politische Konkurrenz ausgeschaltet, politische Gegner werden völlig wahllos als 'Kollaborateure' der Israelis verhaftet, gefoltert und ermordet. Mit der Doppelfunktion wird die totale Kontrolle der Bevölkerung abgesichert, und Spenden für die Versorgung der Bevölkerung können willkürlich zwischen der Verwaltung und der militärischen Einheit verteilt werden.

Friedensbewegung

Ismail Haniyeh, einer der Führer der Hamas - keine einzelne Person wird als Leitfigur präsentiert, aus Angst, von Israel ermordet zu werden -lebt in Qatar, residiert im Four Seasons Hotel, wo eine Nacht etwa so viel kostet, wie ein Arbeiter in Gaza in drei Monaten verdient. Als aktueller Sprecher hat er die Ziele der Hamas klar definiert: "Wir werden die zionistische Regierung niemals anerkennen und unsere Jihad-Bewegung bis zur Befreiung Jerusalems fortsetzen". Als Endziel soll der demokratische Staat Israel durch einen islamischen Staat ersetzt werden -gemäß der im August 1988 verabschiedeten Charta. Hamas ist eine Abkürzung der Worte 'Harakat Muquawama Islamiya' (bedeutet: 'Islamischer Widerstand'), entstand aus einer Abspaltung von der Muslimbruderschaft - einer Sunnitisch-Islamistischen Bewegung . Seit der Niederlage gegen Israel im 'Sechs-Tage-Krieg' und der Annektierung Ost-Jerusalems durch Israel spricht Hamas von einem 'Befreiungskrieg'. Der Jihad, der heilige, islamische Sieg, rechtfertigt jedes Mittel, jeden noch so grausamen Mord.

Neben Israel bekämpft die Hamas auch die palästinensische Friedensbewegung, die eine Zwei-Staaten-Lösung anstrebt. Sämtliche Versuche in den letzten Jahrzehnten, eine friedliche Lösung durchzusetzen, wurde von der Hamas durch Anschläge und Raketenbeschuss blockiert und verhindert. Frieden mit Israel und eine demokratische Struktur der palästinensischen Gebiete mit freien Wahlen würden das Geschäftsmodell und das Luxusleben der Hamas-Upper-Class beenden.

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