Sie sind seit 70 Jahren im Tourismus tätig und haben die Anfänge des Fremdenverkehrs miterlebt. Auf all Ihre Erfahrungen zurückblickend: Wie schätzen Sie die jetzige Situation ein?
Die heutige wirtschaftliche Situation würde einen Einsatz aller Menschen wie im Jahr 1945 erfordern. Dafür müsste ein Großteil wieder auf den Boden der Realität zurückkehren, arbeiten und sich nicht auf das soziale Netz verlassen. Wie sollte das unter den heutigen Umständen noch finanzierbar sein?
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Wie haben Sie den plötzlichen Lockdown empfunden?
Der Lockdown war ein Schock, die Maßnahmen jedoch richtig und gerechtfertigt.
Zurück zum Beginn des Tourismus. Als Sie begonnen haben, gab es in Zell am See so gut wie keine Gäste, in den vergangenen Jahren strömten dann Massen in den Ort ...
Am Anfang war es sehr schön, aber natürlich auch sehr schwierig. Es hat lange gedauert, bis Zell am See wieder ein Tourismusort war. Ich habe gleich nach der Matura 1949 begonnen, da hat der Fremdenverkehr peu à peu angefangen. Es war alles noch sehr bescheiden und nicht vergleichbar mit jetzt. Dann kam eine Pariser Organisation nach Zell am See und hat den Winter eigentlich entdeckt. Ich bin für die Organisation dann nach Frankreich gegangen und habe von dort aus Reisen nach Zell am See organisiert. Das war der Beginn des Wintersports hier.
Wie kamen Sie auf die Idee, ein Hotel zu eröffnen?
Ich habe im Fremdenverkehr damals die Chance gesehen. Und das war sie auch. Man sieht ja jetzt, was alles stillsteht, wenn der Tourismus steht. Mein Mann und ich sind außerdem beide gebürtige Zeller. Wir haben mit einer Frühstückspension begonnen und hatten das Glück, dass wir nach und nach Nachbargrundstücke dazukaufen konnten. Mein Mann ist Bauingenieur, und so entwickelten wir immer neue Ideen, die wir dann verwirklichten, und so ist das Hotel zu dem geworden, was es heute ist.
Viele Betriebe kämpfen damit, nicht genug geeignete Mitarbeiter zu finden. Warum?
Der Wohlstand hat die Menschen verwöhnt. Eine große Anzahl findet Möglichkeiten, ohne eigene Arbeit gut zu leben. Bei mir stellen sich Leute vor, die nicht einsehen, dass sie jetzt arbeiten sollen, wenn sie eine Wiedereinstellungszusage von einem anderen Betrieb mit Start der Wintersaison haben. Aber sämtliche Sparten -nicht nur der Tourismus -haben Nachwuchsprobleme. Dienstleistung wird nicht mehr geschätzt.
Der Salzburgerhof ist ein Fünf-Sterne-Hotel. War ein Luxushotel immer Ihr Ziel?
Nein, das hat sich durch meine eigenen Ansprüche so ergeben.
Haben Sie schon einmal Gäste aus Ihrem Hotel geschmissen, weil sich diese nicht angemessen benommen haben?
Ja, das ist vorgekommen. Ich habe speziell am Anfang Leute gebeten, das Haus zu verlassen, da sie sich ungebührlich benommen haben. Niveau und Stil waren immer wichtig für mich.
Und sind Sie selbst schon einmal aus einem Hotel abgereist, weil es Ihren Ansprüchen nicht gerecht geworden ist?
Nein, denn dann habe ich gar nicht erst eingecheckt.
Sie haben schon sehr früh auf Wellness gesetzt. Warum?
In den 90er-Jahren haben wir das Wellness Schloessl gebaut, und wir waren im Salzburgerland eines der ersten Häuser mit Wellnessbereich. Ich habe den Markt und die Entwicklung der Gesellschaft immer beobachtet und versucht, abzuschätzen, was die Menschen brauchen. Wellness brauchen die Menschen in der immer schnelllebigeren Zeit und gerade jetzt sehr notwendig.
Was macht für Sie ein gutes Hotel aus?
Da kommt man jetzt immer mehr drauf: Das Wichtigste ist die Menschlichkeit. Die Hardware ist unerlässlich, aber in der letzten Zeit auch übertrieben worden. So viel hätte es nicht gebraucht. Das Wichtigste ist die Software, der Mensch. Wir haben so viele Gäste, die sagen, der Salzburgerhof ist unser zweites Zuhause. Das ist unser schönstes Lob.
Sie haben also immer eher auf Stammgäste aus Österreich und Deutschland als auf internationale Gäste gesetzt?
Ich habe immer auf einen guten Nationalitäten-Mix gesetzt. Unsere vielen Stammgäste sind ein Erfolg der letzten Jahre. Darüber freue ich mich sehr. Der Tourismusort Zell am See ist sehr international.
Die Ausrichtung des Salzburgerhofs und des Grand Hotels Ihres Sohnes unterscheiden sich deutlich. Hatten Sie diesbezüglich oft Differenzen?
Auf keinen Fall, die Diversität des Angebotes war sehr nützlich.
Reisen Sie selbst gerne?
Ich war beruflich immer sehr viel beschäftigt und habe viel und sehr gerne gearbeitet. Ich bedauere nicht, dass ich nicht gereist bin, obwohl ich mir immer vorgenommen habe, am Ende meiner Tätigkeit genau das zu tun. Dazu kommt es natürlich nicht.
Sie sind mittlerweile 90 Jahre. Haben Sie tatsächlich jemals ans Aufhören gedacht?
Leider nicht, dazu hat mir die Arbeit zu viel Freude gemacht. Heute würde ich es tun, denn die derzeitigen Rahmenbedingungen sind für mittelständische Unternehmen in Österreich nicht mehr zu verkraften.
Wie halten Sie sich eigentlich fit?
Mit Arbeit und positivem Denken. Früher waren Golf und Skifahren unsere Hobbys.
Das Interview erschien ursprünglich im News 29/2020.