Die FPÖ räumte bei der Steiermark-Wahl ab – und auch bei allen anderen Landtagswahlen 2023 und 2024. Wird sich der Höhenflug der Freiheitlichen fortsetzen? Ja, glaubt Meinungsforscher Christoph Haselmayer. Er sieht ihr Potenzial bei bis zu 40 Prozent
Zugewinne in vielen Bundesländern
Seit Herbst 2022 liegt die FPÖ in allen bundesweiten Umfragen vorne. Auch bei Landtagswahlen geht es für die Freiheitlichen seit zwei Jahren steil bergauf, mit starken Zugewinnen in Niederösterreich, Salzburg, Vorarlberg und zuletzt der Steiermark (siehe Grafiken rechts). Selbst im Bund baut die FPÖ ihren Vorsprung weiter aus: Wenige Wochen nach der Nationalratswahl sehen Umfragen sie bei deutlich über 30 Prozent, während die Zustimmung zur ÖVP im selben Ausmaß zurückgeht.
Ein Trend, der sich fortsetzen könnte, analysiert Meinungsforscher Christoph Haselmayer. Wenn Politik und Medien es der FPÖ weiterhin so leicht machen, in der Märtyrerrolle zu verharren: „Die FPÖ kann nur scheitern, wenn sie Verantwortung übernimmt. Die Erzählung, die vernünftigen Kräfte müssten zusammenhalten, um eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern, zahlt auf das Konto der FPÖ ein. Die Wähler wollen gehört werden."
Schwarz-rot-pinke Koalition
Sollte eine schwarz-rot-pinke Koalition zustande kommen – was Haselmayer für wahrscheinlich hält, da „ÖVP und SPÖ aneinander gekettet sind und das politische Überleben von Karl Nehammer und Andreas Babler davon abhängt“ – könnte die Zustimmung zur FPÖ noch weiter anwachsen.
Die nächste Wahl findet am 19. Jänner im Burgenland statt. Die Vorrangstellung des absolut regierenden SPÖ-Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil sei durch die FPÖ nicht gefährdet, meint Haselmayer. Aber er geht davon aus, dass die FPÖ unter Spitzenkandidat Norbert Hofer sich mehr als verdoppeln wird – von derzeit zehn auf rund 25 Prozent. Auf Kosten der ÖVP.
Ähnlich die Prognose für die Wien-Wahl im Herbst 2025. Auch dort wird die FPÖ der regierenden SPÖ nicht gefährlich, dürfte sich aber zumindest verdreifachen – von sieben auf rund 20 Prozent, zeigen aktuelle Umfragen. Auch diese Zugewinne werden, wenn der Trend sich entsprechend fortsetzt, auf das Konto der ÖVP gehen.
Mittelfristige Prognose
Und wie sieht die mittelfristige Prognose aus? Sollten sich ÖVP, SPÖ und NEOS auf eine Koalition einigen, „dann hält sie länger, als wir glauben“, sagt Haselmayer. Weil alle Beteiligten wissen, dass sie bei Neuwahlen nicht gut aussteigen. In diesem Fall würde der Siegeszug der FPÖ höchstwahrscheinlich weitergehen. Und dann wären früher oder später auch Landtagswahlen in ÖVP-regierten Bundesländern von dieser besonders regierungskritischen und FPÖ-freundlichen Stimmung betroffen.
FPÖ: Potenzial bei 40 Prozent
Oberösterreich wählt 2027, Niederösterreich 2028. In beiden Bundesländern gibt der derzeit eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ, in beiden Bundesländern könnten sich demnächst blaue-rote oder rot-blaue Allianzen gegen die ÖVP ergeben, vermutet Haselmayer. In Salzburg und Tirol sei dagegen weiterhin von einer Dominanz der Volkspartei auszugehen.
Früher galt als Regel, dass das Wählerpotenzial der Freiheitlichen Partei bei rund einem Drittel der Wahlberechtigten liegt. Diese Lehrbuchmeinung sei überholt, glaubt Haselmayer. „Ich glaube, dass das Potenzial der FPÖ kurzfristig und abhängig von ihrem aktuellen Programm bei bis zu 40 Prozent liegt.“