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EM 2024: Österreich scheidet im Achtelfinale aus

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17 min
EM 2024: Österreich vs. Türkei

©IMAGO / Ulmer/Teamfoto
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Eine 0:1-Niederlage gegen Frankreich, ein 3:1-Sieg gegen Polen und ein 3:2-Sieg gegen die Niederlande brachten Österreich den Gruppensieg in der "Todesgruppe D". Im Achtelfinale der Fußball-EM 2024 traf das ÖFB-Team auf die Türkei. Beim Testspiel im März feierte man einen klaren 6:1-Sieg gegen die Türken. Diesmal musste man sich in einem packenden Duell mit 1:2 geschlagen geben. Der EM-Traum ist somit ausgeträumt.

Österreich vs. Türkei bei der EURO 2024

Wie bei der EM vor drei Jahren scheiterte Österreich in der ersten K.o.-Runde. Damals war mit einem 1:2 nach Verlängerung gegen den späteren Europameister Italien das Aus gekommen. Diesmal hatte der Gruppensieg die Hoffnungen befeuert, erstmals seit der WM 1954 ein K.o.-Spiel bei einer Endrunde gewinnen und im Turnier noch weiter vordringen zu können. Statt des ÖFB-Teams darf sich nun aber die Türkei am Samstag im Viertelfinale in Berlin mit den Niederlanden messen.

Österreichs Teamchef Ralf Rangnick setzte vor 40.000 Zuschauern in seiner alten Wahlheimat Leipzig auf die erwartete Formation. Phillipp Mwene erhielt links in der Abwehr den Vorzug gegenüber Alexander Prass. Dazu begann in der Offensive der im abschließenden Gruppenspiel gegen die Niederlande (3:2) überzeugende Romano Schmid. Konrad Laimer rückte dadurch ins Mittelfeldzentrum zurück und Florian Grillitsch aus der Startelf.

Kevin Danso und Philipp Lienhart bildeten im vierten Turnierspiel das vierte unterschiedliche ÖFB-Innenverteidiger-Duo. Als Mittelstürmer startete wie in den beiden vergangenen Partien Kapitän Marko Arnautovic. Bei den Türken fehlte unter anderen Kapitän Hakan Calhanoglu gesperrt. Benfica Lissabons Orkun Kökcü ersetzte den Inter-Mailand-Legionär, Real-Madrid-Jungstar Arda Güler agierte im Angriffszentrum.

Das Spiel begann mit einem Paukenschlag: Nach einem Güler-Corner traf Christoph Baumgartner mit einem Klärungsversuch seinen Teamkollegen Stefan Posch. ÖFB-Goalie Patrick Pentz griff zwar auf der Linie noch ein, den Abpraller versenkte Demiral aber im oberen Tornetz. Da waren gerade einmal 57 Sekunden gespielt. Es war das schnellste Tor der EM-Geschichte in einem K.o.-Spiel. Das ÖFB-Team hatte seit Oktober 1965 kein so frühes Gegentor erhalten. Damals traf Jürgen Nöldner in der WM-Qualifikation in der ersten Minute für die DDR zu einem 1:0-Sieg - kurioserweise ebenfalls in Leipzig.

Österreich hätte um ein Haar zurückgeschlagen, Baumgartners Schuss ging aber knapp daneben (2.). Zudem verfehlte Österreichs auffälligster Offensivspieler einen flach zur Mitte gebrachten Eckball von Schmid am langen Eck knapp (5.). Ein Kopfball von Lienhart ging knapp über das Tor (7.). Österreich tat sich in weiterer Folge gegen die tief stehenden und früh auf Zeit spielenden Türken schwer, war nicht mehr so zwingend. Baumgartner tauchte erst in der Nachspielzeit der ersten Hälfte wieder gefährlich vor dem Tor auf.

Rangnick reagierte, brachte bereits zur Pause Prass für Mwene und mit Michael Gregoritsch statt Schmid einen zweiten Stürmer. Das ÖFB-Team erhöhte bei zunehmendem Regen die Schlagzahl. Nach Zuspiel von Posch scheiterte Arnautovic mit einer Großchance an Türkei-Goalie Mert Günok (51.). Auch Laimer (54.) und Posch (56.) wurden mit Einzelaktionen im Strafraum vorstellig.

Das Tor fiel auf der anderen Seite: Demiral setzte sich nach einem weiteren Corner von Güler am kurzen Eck im Luftduell mit Lienhart durch und versetzte die türkischen Fans per Kopf in Ekstase. Der 26-jährige Verteidiger vom saudischen Club Al-Ahli verdoppelte in seinem 48. Länderspiel seine bisherige Torausbeute im Nationalteam.

Rangnick schickte Maximilian Wöber für Lienhart und Grillitsch für den offensichtlich verletzten Laimer in die Partie. Sein Team schöpfte durch Gregoritsch Hoffnung. Einen Eckball des bis dahin nur mit neuer Cornrow-Frisur aufgefallenen Marcel Sabitzer verlängerte Posch, Österreichs "Joker" jagte den Ball unter die Latte. Gregoritsch hat nun als einer von nur drei Österreichern neben Baumgartner und Arnautovic bei zwei EM-Endrunden getroffen. Er sorgte dafür, dass der ÖFB-Auswahl in 20 der vergangenen 21 Partien immer zumindest ein Tor gelang.

Die Türken schafften nur noch wenig Entlastung. Ein Grillitsch-Schuss ging zu zentral auf das Tor (76.), ein Baumgartner-Kopfball nach Posch-Flanke relativ klar daneben (84.). Dazwischen war Sabitzer von einer von der Tribüne geworfenen Münze auf dem Kopf getroffen worden, er spielte aber weiter.

Nachdem Pentz tief in der Nachspielzeit den Matchball von Baris Alper Yilmaz pariert hatte, entschärfte Günök mit einer Glanzparade auf der Gegenseite auch die beste Ausgleichschance des ÖFB-Teams, einen Kopfball von Baumgartner. Die Österreicher haben damit weiter seit mehr als 35 Jahren kein Pflichtspiel gegen die Türkei gewonnen. In einem Test im März in Wien hatte die Rangnick-Auswahl das vom Italiener Vincenzo Montella betreute Team noch mit 6:1 abgefertigt.

Reaktionen zum EM-Aus gegen die Türkei

Ralf Rangnick (Teamchef): "Wenn man sieht, was wir heute alles in dieses Spiel investiert haben und wie viele Torchancen wir ausgelassen haben, dann fühlt sich das Ganze schon ziemlich grotesk und surreal an. Ich glaube nicht, dass die Mannschaft gewonnen hat, die über das gesamte Spiel die bessere Mannschaft war. Aber darum geht es im Play-off nicht. Im Play-off geht es darum, Spiele zu entscheiden. Der einzige Vorwurf ist, dass wir zu wenige Tore gemacht haben und dass wir zweimal bei Standards nicht gut verteidigt haben. Wir wussten, dass die Türken große, kopfballstarke Spieler haben, aber trotzdem haben wir den Anspruch, dass wir solche Situationen besser verteidigen. Das erste war ein halbes Eigentor, als der Ball hinten durchrutscht. Beim zweiten Tor hatten wir unsere kopfballstärksten Spieler genau in dem Bereich. Ab dem Moment war es dann noch schwerer. Nach dem 2:1 hatten wir noch so viele Riesen-Möglichkeiten und in der letzten Sekunde des Spiels, wie der Torwart den Ball da hält, war unglaublich. Nach dem 2:1 haben die Türken nur noch mit Mann und Maus verteidigt. Ich kann es eigentlich selber noch nicht glauben, dass wir morgen tatsächlich die Heimreise antreten sollen. Es fühlt sich sinnlos und unverdient an. Keinen Vorwurf an die Mannschaft, wir haben es gut gemacht, auch heute. Uns hat das nötige Glück gefehlt. Wenn das Spiel in die Verlängerung gegangen wäre, dann hätten wir gewonnen."

Marko Arnautovic (Kapitän): "Es ist sehr bitter, es ist Wahnsinn. Dass wir so rausgehen aus dem Spiel, das ist brutal. Sie hatten nur zwei Corner. Aber so ist Fußball. Ich will eine Gratulation an die türkische Mannschaft schicken. Sie haben in 90 Minuten ihr Leben auf dem Platz gegeben und alles verteidigt, was es zu verteidigen gibt. Ich wünsche ihnen alles Gute für das weitere Turnier. Für uns ist es jetzt aus. Es ist sehr schade, so rauszugehen."

Zur Zukunft: "Ich muss jetzt mal zu meiner Familie zurück und nachdenken, was weiter passiert. Es kann sein, dass es das letzte Mal für mich war. Ich muss es jetzt mal verkraften. Wenn man verstehen würde, wie es in mir gerade zugeht, dann würde man mich auch verstehen. Das Gefühl ist Wahnsinn gerade. Ich muss das jetzt mit meiner Familie reflektieren und alles aufladen. Für mich war es persönlich eine sehr glückliche Saison, aber das hat nochmal alles geschlagen. Mal schauen, ich hoffe, dass ich die nächsten Tage zu mir kommen kann und dann werde ich eine Entscheidung treffen."

Michael Gregoritsch (Torschütze): "Einer der schlimmsten Fußball-Abende, die ich erlebt habe. Wir haben uns so viel vorgenommen, alles versucht, am Ende glaube ich zumindest aus österreichischer Sicht unverdient ausgeschieden. Gratulation an die Türkei, sie haben leidenschaftlich verteidigt, aufopferungsvoll. Wir haben alles versucht, das bleibt hängen. Am Ende hat es nicht gereicht, schade, weil wir uns eigentlich nichts vorwerfen können. So vereint hatte Österreich eine Fußball-Mannschaft noch nie. So viele Leute sind hinter uns gestanden. Ich glaube, die Leute können es wertschätzen, das Land kann stolz sein, wie fair alles abgelaufen ist, es war überall ein friedliches Fußball-Fest. Die Botschaft in ganz Österreich und Europa ist, dass man sich nicht auseinandersetzen soll mit Differenzierung und rechten Gedanken, sondern vereint und stolz und glücklich sein."

Maximilian Wöber: "Es herrscht im Moment Leere in allen. Wir haben eine Euphorie entfacht, nicht nur in Österreich, auch in der Mannschaft. Wir haben geglaubt, dass wir sehr viel erreichen können, jetzt ist sehr viel Enttäuschung da. In der ersten Halbzeit haben wir nicht wirklich in unser Spiel gefunden und ein schnelles Tor bekommen. In der zweiten Halbzeit haben wir umgestellt, das hat besser funktioniert. In einer guten Phase von uns haben wir das zweite Tor wieder durch einen Standard bekommen. Die Chancen waren da, es hat einfach nicht gereicht. Es ist sehr viel drin in dem Team, der Stamm ist in einem perfekten Alter. Jetzt ist es schwer zu verkraften, es wird für jeden ein paar Tage dauern."

Christoph Baumgartner: "Das ist sicher einer der traurigsten Tage in meinem Leben. Ich bin sehr, sehr enttäuscht. Ich tu mir sehr schwer, die richtigen Worte zu finden. Alaba hat gesagt, dass solche Momente einen stärker machen. In solchen Momenten ist es schwer, irgendwas anzunehmen, weil die Enttäuschung so groß ist. Es war nicht mein Spiel heute, habe es am Ende am Kopf gehabt, und einige Situationen, die sehr unglücklich waren. Es ist so enttäuschend, weil so viel drin gewesen wäre."

Rangnick: WM-Teilnahme als nächstes Ziel

Aus den erfrischenden Auftritten seiner Mannschaft bei der Fußball-EM in Deutschland zieht Teamchef Ralf Rangnick Hoffnung, sein nächstes großes Ziel zu erreichen: Der Deutsche will Österreich erstmals seit 1998 zu einer WM-Endrunde führen. Sein Vertrag gilt bis Ende der Qualifikation für das Turnier 2026 in Nordamerika.

Ich glaube, dass alle vier Spiele, die wir gespielt haben, mit den höchsten Unterhaltungswert von allen hatten

Ralf RangnickÖFB-Teamchef

"Ich glaube, dass alle vier Spiele, die wir gespielt haben, mit den höchsten Unterhaltungswert von allen hatten", sagte Rangnick nach dem EM-Aus in Leipzig. Das treffe auch auf das Achtelfinale zu,"auch wenn nicht alles völlig akkurat oder präzise gelaufen ist".

Österreich erzielte in den vier EM-Partien gegen Frankreich, Polen, die Niederlande und die Türkei sieben Tore - nur Deutschland (10) und Spanien (9) gelangen in den ersten vier Spielen mehr. Die Leistungen müsse man mitnehmen, meinte Rangnick. "Ich glaube, wenn wir so spielen, wie wir jetzt diese vier Spiele gespielt haben, haben wir sehr gute Chancen, uns auch für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren."

Die Qualifikation für die WM 2026 geht im kommenden Jahr über die Bühne. Aktuell wäre Österreich als eines von zwölf Teams in Topf eins gesetzt. Das gilt es diesen Herbst in der Nations League gegen Slowenien, Norwegen und Kasachstan zu bestätigen. Rangnick: "Wir sind im Moment im UEFA-Ranking in Topf eins. Da wollen wir unbedingt auch bleiben, um da auch eine richtig gute Chance zu haben, uns nach vielen, vielen Jahren wieder einmal für eine WM zu qualifizieren."

Auf der nächtlichen Rückfahrt aus Leipzig ins EM-Camp nach Berlin überwog dennoch die Enttäuschung. Aus einer Neuauflage gegen die Niederlande wurde nichts. "Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, dass wir zurückreisen. Für uns war klar, dass die Reise noch länger weitergeht, dass wir uns in unserem Quartier in Berlin auf die nächsten Spiele vorbereiten", sagte Rangnick. Auch bei den Spielern sei eine große Leere da. "Aber am Ende gehört das leider auch mit dazu. In einem Play-off gibt es nur eine Mannschaft, die weiterkommt."

Er habe in der Kabine eine kurze Ansprache gehalten, erzählte der 66-Jährige. "Nach so einem Spiel hilft es nicht zu sagen, Kopf hoch und es geht weiter. Da ist es besser, man redet erstmal weniger." Bevor sich die Spieler endgültig in den Urlaub verabschieden, war am Mittwoch in Berlin aber noch eine ausführlichere Abschlussbesprechung geplant.

Österreich - Türkei im Live-Blog

Österreich besiegte die Türkei zuletzt 6:1

Im März 2024 feierte Österreich im Wiener Ernst-Happel-Stadion einen 6:1-Testspielsieg gegen die Türkei. Michael Gregoritsch traf gleich dreimal, Xaver Schlager, Christoph Baumgartner und Maximilian Entrup sorgten für jeweils einen Treffer.

Baumgartner sprach in einer ersten Reaktion gegenüber dem ORF von einer "extrem energetischen Leistung". "Wir haben sie extrem unter Druck gesetzt. (...) Das war dann ein sehr, sehr verdienter Sieg. Ob es in der Höhe verdient war, weiß ich nicht", sagte der RB-Leipzig-Legionär.

"Vier von sechs Toren waren typische Tore von uns nach schnellen Balleroberungen. So ist es nicht leicht, gegen uns zu spielen. Heute haben wir schon gesehen, dass wir in der Breite ordentliche Qualität haben. Das war eine enorme Mannschaftsenergie von allen, eine extrem starke Mannschaftsleistung", meinte Teamchef Ralf Rangnick nach dem Match.

Bisherige Begegnungen zwischen Österreich und Türkei

Das letzte Duell im Testspiel gegen die Türkei hat Österreich klar gewonnen. In Pflichtspielen ist die österreichische Nationalmannschaft gegen die Türken aber seit 1988 sieglos. In den vergangenen 35 Jahren setzte es in fünf Bewerbspartien vier Niederlagen - darunter zwei besonders bittere im Play-off um die WM-Teilnahme 2002. Einem 0:1 in Wien folgte ein 0:5 in Istanbul, die höchste Pleite der ÖFB-Männer in diesem Jahrtausend. Die Gesamtbilanz gegen die Türken ist mit neun Siegen und einem Remis in bisher 17 Duellen aber positiv.

Hier die letzten 10 Duelle vor der EM im Überblick:

Duell

Datum

Ergebnis

Österreich - Türkei (WM-Quali)

2.11.1988

3:2

Türkei - Österreich (WM-Quali)

25.10.1989

3:0

Österreich - Türkei (WM-Play-off)

10.11.2001

0:1

Türkei - Österreich (WM-Play-off)

14.11.2001

5:0

Österreich - Türkei

19.11.2008

2:4

Türkei - Österreich (EM-Quali)

29.5.2011

2:0

Österreich - Türkei (EM-Quali)

6.9.2011

0:0

Österreich - Türkei

15.8.2012

2:0

Österreich - Türkei

29.3.2016

1:2

Österreich - Türkei

26.3.2024

6:1

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