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Der Druck auf die ORF-Radios wächst

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Medien & Menschen - Der Druck auf die ORF-Radios wächst
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Die zentralen Chefredakteursposten des ORF sind noch verwaist. Unterdessen wird auch Ö3 bis zum Antritt des neuen Chefs Michael Pauser im September interimistisch geführt - wie Ö1 seit Februar. Das Radio ist eine öffentlich-rechtliche Großbaustelle

Video Killed the Radio Star: Beinahe zwei Jahre nach Veröffentlichung markierte dieser Song der Buggles am 1. August 1981 um 0:01 Uhr den Start des Fernsehsenders MTV. Ein Meilenstein zur Vermarktung von Popmusik. Während ihre visuelle Begleitung durch Reduktion der Plattenhüllen von 31x31 cm für Vinyl auf 12x12 cm für CDs verlor, gewann die Bewegtbildumsetzung immer noch mehr Bedeutung.

Mittlerweile sorgen digitale Verkäufe für viermal so viel Umsatz wie physische Tonträger. Die physische Präsenz der Musiker ist gerade dadurch paradoxerweise wichtiger denn je. Konzerte sind ihre wichtigste Einnahmequelle. MTV hat keine Relevanz mehr. Und doch: Video Hasn't Killed the Radio Star. Der Hörfunk lebt. Drei Viertel der über zehnjährigen Österreicher nutzen ihn täglich im Schnitt mehr als 200 Minuten. 25 Jahre nach flächendeckender Zulassung von zumindest regionalen Privatradios hat der ORF immer noch fast zwei Drittel Marktanteil. Bei den 14- bis 49-Jährigen ist es zwar nur noch rund die Hälfte. Doch allein Ö3 beansprucht knapp ein Drittel dieses Kuchens für die meistumworbene Zielgruppe. Das erklärt seine lange unangefochtene Stellung als Cashcow des ORF, wie sein einstiger General Gerhard Weis den Sender nannte. Mit circa 50 Millionen Euro pro Jahr sorgt er für ein Viertel der Unternehmenseinnahmen aus klassischer Werbung. Diese Position ist nun mehrfach gefährdet.

Der neue Radiotest zeigt die kontinuierlich stärkere Konkurrenzgefährdung des ORF insgesamt und besonders von Ö3. Ihre Reichweiten sind stabil, aber der Marktanteil sinkt. Bei Ö3 ist er für das Alter 14-49 in drei Jahren von 42 auf 32 Prozent geschrumpft. Im Vergleich zu Kronehit, das auf zwölf Prozent stagniert, wirkt das wenig bedenklich. Doch der bundesweite Herausforderer ist kein guter Maßstab. Erst die regionalen Matches zeigen die wahre Bedrohung des Marktführers. Seit 2021 ist er in Vorarlberg bei seiner Kernzielgruppe nur noch Zweiter. Nun hat auch die Antenne Kärnten im Bundesland mehr Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Ihr Chef Timm Bodner hat sie durch den pfiffigen Einbau von regionaler Information zum erfolgreichsten Privatradio Österreichs gemacht.

Unterdessen ist beim ORF Georg Spatt schon im Mai nach 21 Jahren als Ö3-Kapitän von Bord gegangen. Vier Tage nach Veröffentlichung des Radiotests wurde Michael Pauser als Nachfolger benannt. Er startet im September. Um die zweite Reformaufgabe FM4 ist es unter Doroteja Gradištanac, früher bekannt als Dodo Roščić, bemerkenswert ruhig geworden. Doch das ist eine kleine Baustelle im Vergleich zu Ö3. Ähnlich wie Ö1, das nach Martin Bernhofer bereits seit Februar interimistisch von seiner Kulturchefin Silvia Lahner geleitet wird. ORF-General Roland Weißmann hat das Provisorium soeben prolongiert. Eine Ursache dafür könnte sein, dass Albert Malli, der 2019 von Alexander Wrabetz nicht zum Ö1-Chef befördert wurde, noch bis zum Antritt von Pauser Ö3 interimistisch führt.

Angesichts dieser zentralen Chefwechsel unter Radiodirektion Ingrid Thurnher gerät auf dem Wiener Küniglberg ausgerechnet jene regionale Komponente aus dem Blickfeld, die den Wettbewerb mit den Privatsendern dominiert. Denn in Kärnten hat nicht bloß Ö3 in nur vier Jahren zehn Prozentpunkte vom Marktanteil im Segment 14-49 verloren, sondern ist auch der Landeshörfunk des ORF von 48 auf 39 Prozent bei den über Zehnjährigen gesunken. Der Reformbedarf im Radio wirkt also umfassend. Dabei ist die Nichtbeteiligung des ORF an der digitalen Verbreitung durch DAB+ ein verhältnismäßig kleines Problem. Der Verein Digitalradio Österreich hat dagegen soeben eine Popularbeschwerde eingereicht. Ein wesentlich größeres Malheur liegt in der Kürzung der ORF-Radiowerbezeit um zehn Prozent - von 172 auf 155 Minuten pro Tag. Video killte nicht den Radiostar. Regulierung und Wettbewerb bestimmen Gedeih und Verderb auch in diesem offenbar unsterblichen Mediensektor.

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