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Der Eifersuchtsdrache

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Dr. Monika Wogrolly

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Sandra leidet an Eifersuchtsattacken, wenn Alexander in ihrer Gegenwart aufs Handy schaut, und unterstellt ihm Desinteresse und Beziehungsmüdigkeit. Sie wirft ihm vor, er würde lieber mit seinen Kumpels zusammen sein als mit ihr. Damit nicht genug, behauptet sie, Golfspielen und das Internet seien ihm wichtiger als das Liebesleben.

Alexander sieht das ganz anders und findet seine Frau grundlos eifersüchtig „auf alles und jeden“. Sandra behauptet, felsenfest „zu spüren“, dass er sich zwar manchmal für ihre Ehe „opfere“, aber in seiner Freizeit gar nicht mit ihr, sondern lieber etwas mit Freunden unternehmen würde. Dies bedeutet bei Menschen wie Sandra nicht nur einen Verlust der Impulskontrolle, wenn Sie den anderen mit solchen Vorwürfen konfrontieren. Es schafft auf Dauer auch eine wachsende Distanz und ist vor allem ein Hinweis auf ein ja möglicher Weise schon krankheitswertig angeknackstes Selbstwertgefühl, dermaßen eifersüchtig zu sein.

Othello-Syndrom

Wer so eifersüchtig ist, leidet womöglich am Othello-Syndrom und vergiftet das Beziehungsklima. Othello in Shakespeares Tragödie tötet aus grundloser Eifersucht seine Frau Desdemona. Das Othello-Syndrom zählt zu den wahnhaften Störungen und entspringt oft dem totalen Selbstwertverlust durch den unterstellten Vertrauensbruch der begehrten Person, welche sich mutmaßlich zu einem anderen Menschen stärker hingezogen fühlt. Zumeist liegen einem Eifersuchtsmord krankhaft narzisstische Persönlichkeitszüge zugrunde: Es wird der andere Mensch als Objekt gesehen und bekämpft, wie bei Othello häufig auch ohne jeden Realitätsbezug.

Eifersuchtsforschung

In der Forschung ist man sich einig, dass es sich bei Eifersucht um ein grundlegendes menschliches Gefühl handelt. Ist die Eifersucht über die „gesunde Prise“ hinausgewachsen, entsteht ein toxischer Gefühlscocktail aus negativen Emotionen, Verlustangst, Selbstzweifeln, Wut, Trauer und Minderwertigkeitsgefühlen. Ein eifersüchtiger Mensch ist in seinem Denken, Fühlen und Handeln von diesem Gefühlsmix vergiftet. Ein zunehmendes Bedürfnis nach Kontrolle, wachsendes Misstrauen, Verhörtechniken, Stalking und Tracking können die Folgen sein. Und auch wenn es noch nicht so ganz extrem ist, es reicht ja auch schon vollkommen, wenn Sie jede Veränderung verdächtig finden und sofort argwöhnen, es könne ihr oder ihm um jemand anderen gehen als Sie. 

Männliche und weibliche Eifersucht

Einer evolutionsbiologischen Begründung zufolge sind Männer eifersüchtig, wenn sie sexuelle Untreue vermuten. Die Eifersucht dient dann dazu, die Nachkommenschaft zu sichern. Dabei beschäftigt eifersüchtige Männer vor allem die Frage: „Hat sie oder hat sie nicht?“ Frauen sind hingegen häufiger auf emotionale Untreue fokussiert und von der am Selbstwert nagenden Frage gequält: „Liebt er mich noch?“

Das Gegenmittel

Vertrauenstraining, und zwar zuallererst im Selbstvertrauen in einer Einzelpsychotherapie kann helfen. Nur dann wird dem die Gefühlswelt beherrschenden Eifersuchtsdrachen der Giftzahn gezogen und Sie sind wieder „gesund eifersüchtig“, wenn Sie im Gespräch und in emotionalem Kontakt bleiben, anstatt ihn oder sie heimlich zu beschatten. Daher beginnen Sie, beim ersten Anzeichen von Leid erzeugender Eifersucht darüber zu reden, anstatt den Eifersuchtsdrachen zu nähren, indem Sie ihn mit Argwohn, Heimlichkeit und Verdrängung umso beißwütiger machen.

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