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Der ehemalige Journalist hat mit seinem Bestseller "Gut gegen Nordwind" 2006 den Liebesroman revolutioniert und ein neues Genre kreiert: den E-Mail-Roman. Dass er die Kunst der leichten Muse spielend beherrscht, hat er seither in unzähligen Büchern und so manchem Theaterstück bewiesen. Mit "Die spürst du nicht" schien er vor zwei Jahren einen Genrewechsel zu vollziehen: Ein Badeunfall in einem Pool eines luxuriösen Ferienhauses in der Toskana mischte Sozialkritik mit Fragen von Schuld und Mitschuld, Migration und Integration. "In einem Zug" ist er nun wieder in der gewohnten Fahrtrichtung unterwegs, nicht ohne Selbstironie freilich.
Schon der Titel ist klarerweise doppeldeutig: Das in einem Zug von Wien nach München spielende Buch ist spielend in einem Zug auszulesen. Und mit dem für Liebesromane wie "Die zweite Begegnung" gefeierten Bestsellerautor Eduard Brünhofer, dem schon etliche Jahre kein neues Buch mehr eingefallen ist, hat Glattauer natürlich ein Alter Ego als Hauptfigur geschaffen. Vieles, was Brünhofer über sich erzählt, ist wohl aus der Erfahrung seines literarischen Schöpfers gespeist - vom Umgang mit der eigenen Bekanntheit bis zu den "grausamen Fünf", den gefürchtetsten, aber nach Lesungen todsicher immer wieder gestellten Publikumsfragen.
Wem erzählt er das? Die nicht unattraktive, vor allem aber sehr neugierige "Frau frühen mittleren Alters" auf dem Sitz schräg vis-a-vis von Brünhofer heißt Catrin Meyr, ist Physio- und Psychotherapeutin und beginnt ein Gespräch, in dem sie richtig Feuer fängt, als sie dahinterkommt, mit wem sie es zu tun hat. Wie Glattauer seinen Ich-Erzähler Konversation und Situation reflektieren lässt, Gedanken und Dialoge transparent macht, ist Beobachtungs- wie Unterhaltungskunst gleichermaßen. Doch so eine Fahrt kann sich ziehen. Diese Erfahrung macht der immer penetranter über Liebe, Literatur und Privatleben ausgefragte Autor, der unterwegs zu einem entscheidenden Verlagstermin ist, gleichermaßen wie der Leser, der sich etwa ab Vöcklabruck zu fragen beginnt, wohin die (Lese-)Reise wirklich geht.
Dass ein Könner wie Glattauer nicht Kurs auf einen konventionellen Verlauf der sich intensivierenden Bekanntschaft, in der man schon bald beim Du-Wort angekommen ist, nimmt, ist von Anfang an klar. Dass aber weniger Liebes- als Berufsprobleme die gemeinsame Fahrt fast zum Entgleisen bringen, überrascht dann mehr als es überzeugt.
Ob der sich in Sachen Liebesromane ausgeschrieben fühlende Eduard Brünhofer mit seinen Verlegenheitslösungen eines essayistischen Bahnhofsführers oder einer literarischen Liebeserklärung an den Alkohol seinen Verleger zu begeistern vermag, vermag nicht wirklich zu fesseln. Und so ertappt man sich nicht erst kurz vor München bei dem Gedanken, ob man vielleicht ein wenig früher aussteigen hätte sollen. Salzburg soll ja auch schön sein.
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Daniel Glattauer: "In einem Zug", DuMont Buchverlag, 208 Seiten, 23,70 Euro, offizielles Erscheinen am 13.1., Buchpremiere am 10.1., 20 Uhr, im Gemeindebau-Literatursalon im Rabenhof Theater, Wien 3, Rabengasse 3)