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Welche Länder wie abgestimmt haben, wurde nicht bekanntgegeben. Die EU-Kommission, die in Straßburg stellvertretend für die 27 EU-Mitgliedstaaten spricht, dürfte jedenfalls für den Vorschlag gestimmt haben. Ebenso die Schweiz, die sich bereits 2022 für eine Herabsenkung stark gemacht hatte - damals scheiterte es aber unter anderem am Nein der EU.
Da die EU und ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien des internationalen Übereinkommens von Bern über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume sind, konnte ohne eine Änderung des Schutzstatus im Übereinkommen der Status auf EU-Ebene nicht geändert werden. Die Änderung tritt drei Monate nach der heutigen Abstimmung in Kraft. Bis dahin könnte theoretisch noch ein Drittel der Unterzeichnerstaaten ein Veto einlegen - was aber unwahrscheinlich ist, nachdem für die heutige Entscheidung eine Zweidrittelmehrheit nötig war.
Laut Landwirtschaftsministerium stimmten 38 der insgesamt 50 Berner Vertragsstaaten für den Vorschlag. Im Anschluss ist die EU-Kommission aufgefordert, die Anhänge der FFH-Richtlinie zu ändern. Ein herabgesenkter Schutzstatus gäbe den EU-Staaten mehr Flexibilität, die Jagd auf Wölfe zuzulassen, ohne aber den Schutz ganz aufzuheben - der Zustand der Wolfspopulation dürfe nicht in Gefahr geraten, heißt es in einer Presseinformation des Europarates.
Die EU-Kommission hatte im Dezember 2023 vorgeschlagen, den Schutzstatus des Wolfes von "streng geschützt" auf "geschützt" abzusenken. Die Rückkehr des Wolfs in EU-Regionen, in denen er seit langem nicht mehr anzutreffen war, habe ebenso wie die Zunahme seiner Populationen in neuen Gebieten zu Schwierigkeiten und Konflikten geführt, begründet die Kommission ihre Entscheidung. Nach der Zustimmung der EU-Staaten im September brachte die EU einen Abänderungsantrag für die Berner Konvention ein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich heute erfreut: "Wir brauchen einen ausgewogenen Ansatz zwischen dem Schutz der Wildtiere und dem Schutz unserer Lebensgrundlagen."
"Heute haben wir einen wichtigen Meilenstein für eine leichtere Regulierung des Großraubtieres Wolf geebnet. Fakt ist, der Wolf ist in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht und vermehrt sich mittlerweile pro Jahr um bis zu 30 Prozent. Das Problem mit dem Wolf geht weit über Risse von Tieren hinaus, denn der Wolf verliert zunehmend die Scheu vor dem Menschen. Wir dürfen als politisch Verantwortliche nicht zulassen, dass es zu Wolfs-Angriffen kommt. Genau deshalb kämpfe ich seit Jahren für eine Senkung des Schutzstatus" , begrüßte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) die Entscheidung in einer Aussendung.
Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sah sich durch die Annahme der auch seitens Tirol geforderten Änderung bestätigt. "Der Wolf ist nicht mehr vom Aussterben bedroht", betonte Mattle auf APA-Anfrage, die Senkung des Schutzstatus sei "logische Konsequenz" daraus. Wenn die EU-Kommission nun noch die FFH-Richtlinie ändere, sei die Senkung endgültig "schwarz auf weiß" festgehalten. Mit der aktuellen Regelung des Jagdgesetzes und der Entnahmemöglichkeit von Wölfen habe man in Tirol zuletzt "das bestehende europäische Recht ausgereizt". Dies werde nun "weiter abgesichert". Bis dahin sei es jedoch "ein langer und harter Weg gewesen", blickte Mattle zurück. Man wolle jedoch weiter "hartnäckig bleiben". Es müsse möglich sein, Wölfe "unbürokratisch und rasch" zu entnehmen.
"Da unsere Alm- und Weidewirtschaft viel stärker gefährdet ist als der zu Zehntausenden in Europa herumstreifende Wolf, ist die heutige Entscheidung der Berner Konvention ein wichtiger Etappensieg für die Zukunft und Vitalität des ländlichen Raumes", betont Landwirtschaftskammer Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. "Die Entscheidung ist ein Erfolg für den Artenschutz in Österreich und zeigt ganz klar, dass sich die Wolfspopulation in vielen Ländern Europas auf einem hohen Niveau befindet und stetig stark steigt", unterstreicht Jagd Österreich Präsident Maximilian Mayr Melnhof laut Aussendung. "In einer Kulturlandschaft wie jener in Niederösterreich braucht es ein integrales Wolfsmanagement mit einer Vielfalt aufeinander abgestimmter Maßnahmen, darunter auch eine Entnahme von Tieren", sagt auch Landesjägermeister Josef Pröll.
"Dieser Erfolg ist in erster Linie unserem Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zu verdanken. Damit werden die Voraussetzungen für ein aktives Wolfsmanagement geschaffen. Endlich setzt sich die Vernunft beim Umgang mit Großraubtieren durch", freut sich Bauernbund-Präsident Georg Strasser (ÖVP). "Das Warten hat ein Ende. Endlich wurde der Schutzstatus des Wolfs gesenkt. Das ist eine gute Nachricht für die Sicherheit in Österreich", so Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP).
"Wir haben uns seit Jahren mit Nachdruck für mehr Sicherheit im ländlichen Raum und den Schutz des bäuerlichen Eigentums eingesetzt. Unsere Petition wurde von knapp 60.000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützt - ihnen sind wir verpflichtet. Das Fundament für eine nachhaltige Lösung ist gelegt", so der Präsident der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer Johannes Schmuckenschlager (ÖVP).
"Die Herabsetzung des Schutzstatus ist ein wichtiger Fortschritt, um die Balance zwischen Naturschutz und den Bedürfnissen unserer Almwirtschaft sowie des Tourismus zu wahren", sagt Salzburgs Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ). Auch FPÖ-EU-Abgeordneter Roman Haider begrüßt die Senkung des Schutzstatus des Wolfs ausdrücklich: "Damit wird ein positives Zusammenleben von Mensch, Nutztier und Wildtier in unserer Natur ermöglicht."
"Die Bejagung des Wolfes muss so wie für jedes andere Raubtier möglich sein. Durch den Wolf ist die traditionelle Almwirtschaft bedroht und die Sicherheit der Bevölkerung in wolfsnahen Siedlungsgebieten gefährdet", betont auch Kärntner FPÖ-Chef Klubobmann Erwin Angerer. "Mit der Senkung des Schutzstatus wurde eine langjährige, freiheitliche Forderung umgesetzt", begrüßen FPÖ Niederösterreich Jagdsprecher Hubert Keyl und FPÖ Niederösterreich Landwirtschaftssprecher Alexander Schnabel die Senkung des Wolf-Schutzstatus von "streng geschützt" auf "geschützt". Sie rechnen mit einem Aufatmen bei den Bauern und der Jägerschaft.
"Diese Entscheidung ist ein Rückschlag für den Artenschutz und ein Beispiel für Demokratieversagen", kritisiert hingegen Madeleine Petrovic, Präsidentin von Tierschutz Austria. "Es zeigt, wie oft wissenschaftliche Erkenntnisse und der Wille der Mehrheit zugunsten einzelner Lobbyinteressen ignoriert werden." Sowohl die Umfrage zum ersten Wolfsreport als auch die Umfrage der EU Kommission zur Senkung des Schutzstatus führten zu dem Ergebnis: Die Mehrheit (77 Prozent im Wolfsreport und 71 Prozent in der EU-Studie) befürworte die Beibehaltung des bestehenden strengen Schutzstatus des Wolfes.
"Die regierende Politik verweigert die Hausaufgaben und startet stattdessen einen populistischen Angriff auf den Artenschutz. Tatsächlich notwendig wäre eine gut geplante Herdenschutz-Offensive", sagt WWF-Experte Christian Pichler. Das Vorgehen sei wissenschaftlich nicht gedeckt und könne insgesamt kontraproduktiv wirken. Als heimische Wildtiere und Beutegreifer seien Wölfe ein natürlicher Beitrag zur Artenvielfalt. Sie verhinderten die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren könnten.
Thomas Waitz, Agrarsprecher der Grünen im EU-Parlament, sagt: "Die Herabstufung basiert nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern reinem Populismus. Der Wolf dient den Konservativen als Sündenbock und soll von ihrem Versagen im ländlichen Raum in ganz Europa ablenken. Es ist zu befürchten, dass es mit der Änderung der Naturschutzrichtlinie nun nicht nur dem Wolf an Kopf und Kragen geht, sondern auch andere bedrohte Tiere wie Biber, Otter, Seeschildkröten, Robben oder Luchse ihren Schutzstatus verlieren."