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Benko: Der Krimi um seine Kunstsammlung

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Bild aus der Kunstsammlung von René Benko.

©Chris Jackson/Getty Images
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Kurz vor dem Kollaps der Signa-Gruppe sollte ein millionenschweres Kunstwerk von Österreich nach Liechtenstein verschoben werden. Eine Recherche auf dem internationalen Kunstmarkt.

Im Spätherbst der Signa Gruppe steht René Benko von früh bis spät massiv unter Druck. Zeitlich wie finanziell. Er kämpft. Er braucht dringend Geld. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um sein Lebenswerk, das sich in den letzten Zuckungen befindet, mit liquiden Mitteln am Leben zu erhalten. Benkos Motto lautet in Tagen wie diesen: Nur Bares ist Wahres. Also geht er an die Schätze der Kunstsammlung. Rechtlich sind diese Kunstwerke gut abgeschirmt. Sie lagern in einer der beiden österreichischen Privatstiftungen, konkret in der Laura-Stiftung. Dort befinden sich Werke bekannter Meister: Hermann Nitsch, Andy Warhol, aber auch millionenschwere Bilder von Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat.

Kunstspekulant

Über Jahre hatte der Immobilienspekulant eine breite Palette an Bildern angeschafft und in seiner Privatstiftung geparkt, mit der er nun offiziell rein gar nichts zu tun haben möchte. Laut Insidern diente ihm die Sammlung wohl schlicht zur Spekulation und weniger zur Befriedigung seiner Eitelkeit; Benkos Leidenschaft für die bildenden Künste scheint wenig ausgeprägt. René Benkos Kunstsammlung besteht laut Recherchen von „News“ und der „Krone“ in erster Linie aus einer Vielzahl an Siebdrucken und anderen Druckwerken. Aber auch einige Fotografien hat der Finanzjongleur über die Jahre angesammelt.

Für Benko dienten viele der gesammelten Bilder vornehmlich der Repräsentation. An den verschiedenen Standorten des ehemals weit verzweigten Signa-Reichs, das von Wien über Innsbruck bis nach Berlin reichte, ließ der Immobilienspekulant Bilder der Sammlung aufhängen. Im Innsbrucker Büro des 47-jährigen Tirolers hingen etwa die bekannten Siebdrucke „Dollar Sign“ und „Marilyn“von Warhol. Auch dort, wo sich Benko mitunter privat aufhielt, in der Villa Ansaldi am Gardasee, aber auch in der Villa im Innsbrucker Stadtteil Igls dienten ihm die Kunstwerke als Schaubilder für eine gewisse Großmannssucht. Aus einer bislang unter Verschluss gehaltenen Unterlage geht hervor, dass die Sammlung noch im Jahr 2023 gegenüber einer Versicherung mit einem Gesamtwert von rund 33,3 Millionen Euro geführt wurde.

New Yorker Kunst-Elite

Rückblende in den März 2019. Benko kauft mit seiner Signa-Gruppe das Chrysler Building in New York und wähnt sich offenbar auf dem Gipfel seines unternehmerischen Schaffens. Über Aby Rosen, seinen deutsch-amerikanischen Co-Investor, der ihm beim Kauf des Wahrzeichens im Stil der Art Déco behilflich ist, erhofft sich Benko einmal mehr auch exklusive Zugänge in eine ganz besondere Community – in die diskrete Welt der New Yorker Kunstliebhaber und Sammler. Der passionierte Sammler Rosen sollte Benko tatsächlich mit einflussreichen Personen vernetzen. Kunst als Mittel zum Zweck. Ganz nach Benkos Geschmack stellte ihm Rosen unter anderem den Direktor des New Yorker Metropolitan Museums of Art vor. Einladungen zu exklusiven Dinnern folgten. Aby Rosen sollte René Benko nicht nur Einblick in seine eigene Sammlung gewähren, er machte ihn auch auf die aus seiner Sicht wirklich lohnenden Kunstdeals aufmerksam, auf so berühmte wie millionenschwere Werke von Meistern namens Picasso oder Basquiat.

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MILLIONENRECHNUNG: Im Frühjahr 2021 erwarb die Laura-Privatstiftung das Werk Basquiats für rund zehn Millionen Euro

 © News

Millionen-Deals

Ein Werk von Basquiat fasst der New Yorker Rosen für den Tiroler René Benko ins Auge. Er übermittelt ihm im März 2021 per Mail einen Link zur Website des Auktionshauses Christie’s. Dahinter sollte sich das Basquiat-Werk namens „Self-Portrait“ verbergen. Benko meldete sich umgehend bei Rosen mit den Worten: „Danke Aby – der Basquiat schaut ja mega aus – ruf mal durch wenn du heute Zeit hast“. Und schon nahm René Benkos erster Millionen-Kunstdeal seinen Lauf. Bereits wenige Wochen später ließ Benko den Vorstand der Laura-Stiftung die rund zehn Millionen Euro über weisen und das Bild übernehmen. Wenige Monate später hing das Werk des US-amerikanischen Künstlers in der Südstaatenvilla der Familie Benko in Innsbruck Igls, geht aus einer vertraulichen Aufstellung hervor, die „News“ und der „Krone“ vorliegt.

Auch für Benkos nächsten Millionen-Deal im Kunstbereich war Geschäftspartner Rosen bereit, sein Netzwerk ins Spiel zu bringen. Über einen engen Vertrauten des New Yorkers Rosen wurden dem Tiroler Benko mehrere Werke von Pablo Picasso direkt feilgeboten. Doch Benko bekam kalte Füße, und Rosen reagierte mehr als verschnupft über die Art und Weise, wie Benko von diesem Deal Abstand nahm. Dem Vernehmen nach wandte sich Rosen fortan in Kunstfragen von Benko ab, er stellte auch sein Netzwerk nicht länger zur Verfügung.

Benkos Interesse am Erwerb eines Picasso war dennoch ungebrochen. Und so schlug der faktische Machthaber der Signa-Gruppe wieder beim Auktionshaus Christie’s zu: Im September 2021 ließ er über eine Tochtergesellschaft der Laura-Stiftung das Werk „L’Étreinte“ für umgerechnet 14,7 Millionen Euro erwerben.

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DISKRETE VERSCHIEBUNG: Im Spätherbst 2023 wird Benkos Basquiat zumindest rechtlich nach Liechtenstein transferiert

 © News
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EXKLUSIVES ANGEBOT: Über den Sommer 2024 wurde ein renommiertes Auktionshaus mit dem Verkauf des Picasso beauftragt

 © News

Verschiebung

Im Herbst 2023 ist die Welt für Benko und sein Signa-Konglomerat eine andere. Woche für Woche kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass sich Benko massiv verzockt hat, neue Geldgeber für sein verschachteltes Konstrukt sind nicht mehr zu finden. In eben diesen Tagen soll abseits der Telefonkonferenzen samt einer verzweifelten Suche nach frischem Cash eine Transaktion diskret über die Bühne gehen: Benko will gemeinsam mit seinem Inner Circle Anfang November 2023 das Werk des Künstlers Basquiat von der österreichischen Laura-Privatstiftung in die Liechtensteiner INGBE-Stiftung verschieben. Dort wird fast zur gleichen Zeit noch Benkos Ehefrau als Begünstigte der Stiftung eingetragen. Ebenfalls fast zeitgleich werde Millionen an seine Mutter ausgeschüttet. News (37/2024) hat darüber berichtet.

Bereits am 2. November 2023 sollte sich Benko bei seinen wichtigsten Beratern nach dem Stand der Basquiat-Dinge erkundigen: „Gibt es finale Vertragentwürfe (sic!) – bitte heute fertig machen“. Die Zeit drängt massiv, Benko will alles kurzfristig in trockene Tücher bringen. Wenige Tage später will Benko von seinen Mitwissern wissen, ob „irgend jemand (sic!) von Euch irgendwie gegenüber Dritten, Markt, Galeristen erwähnt [hat], dass Picasso oder Basquiat veräußert werden soll ? - oder um Wertindikationen gebeten?“ Offenbar hat sich Benkos Verkaufsabsicht bereits auf dem Markt herumgesprochen. Laut den „News“ und „Krone“ exklusiv vorliegenden Geheimverträgen zwischen den beiden Stiftungen der Benkos wurde der Basquiat am Ende für elf Millionen Euro ins diskrete Fürstentum verschoben.

Der Picasso, der in einer Tochtergesellschaft der Laura-Stiftung geparkt wurde, sollte eigentlich im Sommer 2024 exklusiv über das Auktionshaus Sotheby’s einen Abnehmer finden. Ob sich tatsächlich ein Käufer gefunden hat, der mehr als 20 Millionen Dollar auf den Tisch zu legen bereit war, ist derzeit noch unklar.

Benkos Jäger

Für all diese Transaktionen und Vermögensverschiebungen interessieren sich mittlerweile Heerscharen an Anwälten und Privatermittlern. Dem arabischen Staatsfonds Mubadala, der im Zusammenhang mit der Signa- bzw. Ben-ko-Pleite Hunderte Millionen Euro fordert, wurde im Zuge eines Schiedsverfahrens auf Nachfrage der Vertreter aus Abu Dhabi keine Auskunft gewährt, wohin der Basquiat verschoben wurde.

In die liechtensteinische Stiftung der Benkos.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 38/2024 erschienen.

Inside Signa: Aufstieg und Fall des René Benko. Ein Blick hinter die Kulissen und neue Fakten über groteske Deals, Politnetzwerke und den Zerfall eines Imperiums.

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