von
Sie gilt als Freiheitskämpferin, Widerstandskämpferin, Ikone der queeren Bewegung und Botschafterin der Diversität - und seit 2021 sogar als Nationalheldin. Als erste afroamerikanische Frau wurde sie am 30. November in das Pariser Panthéon aufgenommen, Frankreichs Ruhmestempel - Seite an Seite mit Größen wie Victor Hugo, Voltaire oder Marie Curie.
Geboren wurde sie als Freda Josephine McDonald am 3. Juni 1906 in St. Louis, Missouri. Ihre Kindheit: arm, hart, rassistisch. Mit acht Jahren arbeitete sie als Haushaltshilfe, sah die Häuser ihres Viertels brennen, Menschen, die aussahen wie sie, gelyncht an Bäumen. Diese Erlebnisse prägten sie. Und sie ließen sie eines schwören: dass sie nicht nur für sich selbst, sondern für die Freiheit aller kämpfen würde.
Die Bühne war ihre erste Waffe - der Humor die zweite. Als sie Mitte der 20er-Jahre nach Paris auswanderte, fand sie zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie Anerkennung. Sie wurde zum Star, zur "Königin des wilden Tanzes". Ihr "Banana Dance" – zwischen Provokation, Selbstermächtigung und Satire – machte sie weltberühmt. Und zur Ikone einer Generation, die sich vom Mief des Kolonialismus befreien wollte.
Ihr breiter Gürtel, an dem Plüschbananen hingen, wurde zu ihrem Markenzeichen - und zu einem provokanten Symbol zwischen Erotik und Emanzipation. In einer Zeit, in der Frankreich sich zwischen kolonialem Erbe und kultureller Offenheit bewegte, traf Baker den Nerv des Zeitgeists.
Sie spielte mit exotischen Klischees, machte sich über rassistische Stereotype lustig. Ihre Auftritte waren nicht nur Spektakel, sondern Statements: eine Feier der Selbstermächtigung und des kulturellen Wandels.
Doch Josephine Baker wollte mehr sein als Entertainerin. Als sie 1937 den jüdischen Industriellen Jean Lion heiratete, nahm sie die französische Staatsbürgerschaft an. Und als der Zweite Weltkrieg begann, trat sie dem französischen Widerstand bei. Nicht nur symbolisch.
Sie nutzte ihre Prominenz und ihre Reisefreiheit als gefeierte Tänzerin, um im Widerstand gegen das Nazi-Regime geheime Botschaften zu transportieren. Und ihre Konzerte an der Front dienten nicht dem Ruhm, sondern der Moral - und dienten als Einnahmen an die Résistance.
Nach dem Krieg wandte sich Josephine Baker verstärkt dem Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung zu. Beim historischen Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit 1963 - einem Schlüsselmoment der US-Bürgerrechtsbewegung - trat sie in der Uniform der Freien Französischen Streitkräfte ans Mikrofon.
Als einzige Frau ergriff sie vor Martin Luther Kings berühmter "I Have a Dream"-Rede das Wort. Ihre Rede war ein leidenschaftlicher Aufschrei gegen die Ungerechtigkeit: Sie habe die Paläste von Königen und Präsidenten betreten, "doch in Amerika durfte ich nicht einmal in einem Hotel einen Kaffee trinken".
Auch ihr Privatleben war ein Statement. Sie liebte Männer, sie liebte Frauen - offen und selbstbewusst. Und sie adoptierte zwölf Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religion. Ihre "Regenbogenfamilie" war keine Image-Pflege, sondern gelebte Vision.
"Ich wollte beweisen, dass Menschen verschiedener Hautfarben, Kulturen und Religionen miteinander leben können – wie Brüder und Schwestern." Heute wird Baker auch als frühe queere Ikone gefeiert.
1926 brachte sie ihre wilden Rhythmen auch nach Berlin. In ihren Memoiren schrieb sie später: "Berlin, das ist schon toll! Ein Triumphzug. Man trägt mich auf Händen. In keiner anderen Stadt habe ich so viele Liebesbriefe, Blumen und Geschenke bekommen." Doch bei ihrem zweiten Besuch 1929 hatte sich das politische Klima verändert. Nationalistische Blätter hetzten gegen sie, nannten sie einen "Halbaffen". Nach drei Wochen reiste sie überstürzt wieder ab.
Scharfe rassistische Angriffe schlugen Baker schon ein Jahr zuvor in Wien entgegen. Im Februar 1928 sollte sie im Ronacher mit einer Soloshow auftreten, wofür das Veranstaltungslokal nach heftigem Widerstand der katholischen Kirche und konservativ-nationalistischer Kreise allerdings keine Bewilligung bekam. Der Kompromiss war ein Auftritt in der Revue "Schwarz auf Weiß" im damaligen Johann-Strauß-Theater in Wien (1959/60 abgerissen).