Horrorfilme sind nicht so ihr Ding. Das haben die beiden Jungschauspielerinnen gemeinsam. Unter der Regie des mehrfach preisgekrönten österreichischen Filmemachers Dominik Hartl wagten Fanny Altenburger und Antonia Moretti trotzdem den Ausflug ins Teeniehorror-Genre. Gemeuchelt wird in "Die letzte Party deines Lebens" im Rahmen der feuchtfröhlichen Maturafeier X-Jam in Kroatien, wo alljährlich Tausende Jugendliche das Ende ihrer Schulzeit feiern. Die Leichen kontrastieren in schauriger Authentizität mit dem prallen Leben des feiernden Jungvolks. Vom schwarz gekleideten Killer mit Maske vorm Gesicht, den Hartl immer wieder aus der Dunkelheit auftauchen lässt, können Zartbesaitete länger hässlich träumen.
"Ich fürchte mich ja schon bei einem Krimi", sagt Antonia Moretti, die bislang gut ohne Gruselfilme gelebt hat. Kollegin Fanny Altenburger fasste nach den Dreharbeiten immerhin den Mut, mit Papa Christian erstmals einen Horrorfilm, die Neuverfilmung des Stephen-King-Klassikers "Es", im Kino anzuschauen. "Ich mag Rollen, in denen man nicht schön sein muss", sagt Moretti über die Motivation, dennoch das Horrorgenre auszuprobieren. Sie selbst hat ein Jahr vor dem Dreh maturiert und liefert als lebenslustige Schulabgängerin ihr Kinodebüt. Altenburger, die aktuell für ihre Matura lernt, mochte "das Abgründige" an ihrer Rolle. Für sie ist es schon der dritte Kinofilm nach zahlreichen Fernseh-und Theaterrollen. Abgesehen von den berühmten Eltern und der Abneigung gegen Horrorfilme haben die beiden dann doch nicht so viel gemeinsam.
Schauspielerin wider Willen
Die 17-jährige Altenburger, Tochter der Schauspielerin Julia Stemberger und des Violinvirtuosen Christian Altenburger, wollte immer schon Schauspielerin werden. Moretti, 19, Tochter des Theater-und Filmstars Tobias Moretti und seiner Ehefrau Julia, einer namhaften Oboistin, mag sich selbst nicht mit dieser Berufsbezeichnung benennen. "Ich bin noch nicht so weit, dass ich mich als Schauspielerin sehe." Sie studiert Jazzgesang, die Schauspielerei ist für sie ein Hobby. Altenburger hingegen hat nach der Matura schon die nächste Rolle in "Honig im Kopf" ab März 2019 im Theater-Center-Forum in Wien in der Tasche. Der Karriereweg ist als "Tochter von", wie Altenburger das Klischee, dem sie oft begegnet, liebevoll lächelnd nennt, offenbar keineswegs vorgezeichnet. Während die eine von selbst ins Fach der Mutter wuchs, war die andere vom Gedanken getrieben, einen überschaubaren "normalen" Job zu ergreifen.
Antonia Moretti
"Als wir uns zur Leseprobe für den Film getroffen haben, wolltest du doch Ergotherapeutin werden?", fragt Altenburger die Kollegin. Die Frage erinnert Moretti an die unschöne Zeit des unbedingt Wollens und Scheiterns. Mehrere Aufnahmeprüfungen in Richtung eines Therapieberufs brachten kein zufriedenstellendes Ergebnis. "Es hat nicht so sein sollen", sagt sie. "Witzigerweise war mein Ansporn damals, einen "gescheiten Beruf' zu lernen, bei dem ich schnell auf eigenen Füßen stehen kann und unabhängig bin." Es kamen die Matura, ein halbes Jahr Weltreise mit Stationen in Singapur, Australien, Neuseeland, Argentinien, Uruguay oder Miami und schließlich das Angebot für den Teeniehorrorfilm.
"Frei im Kopf"
"Durch den Film bin ich frei im Kopf geworden", sagt Moretti. Davor habe sie sich mit der Berufswahl "wahnsinnig" gestresst, weil es nicht "den einen Beruf gab", den sie erlernen wollte. Die Schauspielerei ist es bis heute nicht. "Das wollte ich eigentlich nie machen, gerade weil es so nahe liegt." Als Antonia zur Welt kam, beendete der Vater, Tobias Moretti, soeben seine vierjährige Präsenz als allseits beliebter TV-Ermittler in "Kommissar Rex" und nahm den Weg an die Spitze. Vom Fach und darin preisgekrönt ist auch Onkel Gregor Bloéb. Dessen Tochter, die 25-jährige Josephine Bloéb, Antonias Kusine, ist nach der Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar ebenfalls als Schauspielerin erfolgreich.
Zu nah also die Schauspielerei für Antonia Moretti. Die Eltern zeichneten zudem stets ein sehr realistisches Bild vom Beruf. "Ich wusste von dem Film gar nichts", sagt Tobias Moretti. "Ob ich ihr zugeraten hätte, weiß ich nicht. Der Beruf ist voller Tücken und andererseits das Tollste, was man sich vorstellen kann. Mit dem roten Teppich hat er nichts zu tun: Er beschäftigt sich mit dem Menschsein. Das kann erhebend, aber auch sehr deprimierend sein."
Antonia Moretti stimmt zu: "Das braucht schon Mut, heutzutage einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Es kann super laufen oder morgen vorbei sein. Mir wurde beigebracht, dass künstlerische Karrieren wie die meiner Eltern nicht die Regel sein müssen. Dass es auch komplett in die Hose gehen kann." Der Nachname sei kein Privileg. "Wir sind nicht in Amerika, wo Töchter von Stars Fotos machen und mit Instagram reich werden. Das ist nicht das Leben. Da bin ich schon froh, dass ich das mitbekommen habe", sagt sie.
Chancen zu nutzen ist okay
Durch die Mutter Netzwerke in der Schauspielerei zu haben, sei ein Vorteil, gibt hingegen Fanny Altenburger unumwunden zu. Trotzdem sei es besser, den Namen des Vaters zu tragen: "Da ist nicht so offensichtlich, wer meine Mutter ist, auch wenn die Leute schnell draufkommen."
Beweisen müsse sie sich jedenfalls. "Vielleicht manchmal sogar mehr als andere. Aber ich finde es schön, wenn ich mit meinen Fähigkeiten überzeugen kann. Dann haben sie mich genommen, nicht 'die Tochter von'", sagt sie. Bestätigungen gab es zuhauf. Seit ihrem elften Lebensjahr steht Fanny Altenburger regelmäßig bei den Festspielen in Reichenau auf der Bühne, spielte Fernsehrollen ("Soko Donau","Schnell ermittelt") und in den Kinofilmen "Jud Süß" und "Wir töten Stella". Die weitere Schauspielkarriere - die nächste Theaterrolle ist für März nächsten Jahres fixiert - sei ein Ansporn, nun die Matura an einem Wiener Realgymnasium zu absolvieren. Danach überbrückt sie die Zeit bis zum Rollenstart mit einem Philosophiestudium: "Das finde ich bereichernd." Nebenbei will sie Monologe einstudieren und Schauspielunterricht nehmen, um fit für Vorsprechen an den staatlichen Schauspielschulen zu sein und dann zertifiziert in den Beruf einzusteigen.
Fanny Altenburger
Im künstlerischen Fach wie Mutter und Vater tätig zu sein, erachtet sie als überwiegend angenehm. "Es ist schön, solche Vorbilder zu haben und dass sie mich so begleiten und unterstützen. Das ist nicht selbstverständlich. Ich muss ihnen nicht erklären, dass Schauspieler ein normaler Beruf ist. Das ist ein Vorteil." Der Weg dahin eröffnete sich von selbst. Ein anderer Beruf, sagt sie, käme ihr fremd vor. "Ich würde mich eher hinterfragen und unsicher sein, wenn ich eine Zukunft in einem anderen Beruf sähe, denn dann wäre das fremdes Terrain für mich." Doch, so hat sie erkannt: Auch die Vorteile haben ihre Grenzen. So sei es unausgesprochen klar, dass sie nie bei der Mutter Unterricht nehmen würde. Und der Selbstfindungsprozess als Künstlerin ist für die junge Frau in vollem Gange. "Es gab eine Phase, in der ich Tipps von meiner Mutter zwar großartig fand, aber einfach nicht annehmen konnte, weil sie von ihr kamen. Das ist noch immer schwer. Ich glaube, es ist wichtig, mich vom elterlichen Vorbild zu lösen. In der Kunst ist das heikel, weil so viel Persönliches drinnensteckt und man so schnell nackt und exponiert ist. Man muss sehr konkret seinen eigenen Weg finden", sagt Fanny Altenburger.
Mitgegeben wurde auch ihr ein ungeschönter Blick auf den Beruf. "Vater und Mutter haben mir gesagt, dass Disziplin sehr wichtig ist, und ich sehe auch, wie diszipliniert sie arbeiten."
Viele Leben anprobieren
Dass Antonia Moretti vor der Kamera landete, verdankt sie ihrer Neugier. Als sie 17 war, lernte sie eine Agentin kennen. "Das habe ich aber niemandem gesagt. Ich wollte das einfach für mich alleine entdecken", erinnert sie sich. Erst als die erste Rolle fix war, wurden die Eltern eingeweiht. Einem "Soko Donau"-Gastspiel folgte die Rolle der jüdischen Schwimmerin Judith Deutsch für eine Folge "Universum History". Sie verkörperte ein Schwimmtalent, das sich aus Protest gegen die NS-Rassenideologie weigerte, an den Olympischen Spielen in Berlin 1936 teilzunehmen. Es folgten TV-Rollen in "Das Sacher" und "Kebab extrascharf".
Aktuell dreht sie für die Sky-Thrillerserie "Der Pass" mit Nicholas Ofczarek. "Die Motivation für das Schauspiel war immer das Ausprobieren, und auf dem Stand bin ich immer noch", übt sie Bescheidenheit. Ihr Glück findet sie im Jazzgesangsstudium am Vienna Konservatorium. "Ich habe mich binnen zwei Wochen dafür entschieden und bin nach Wien gezogen. Heute lebe ich in einer WG, studiere, arbeite nebenbei als Kellnerin, und das Leben macht mir Freude. Bei all dem Spaß, den ich an der Schauspielerei habe, wollte ich doch etwas Eigenes für mich finden", beschreibt sie die aktuelle Selbstfindungsphase. Einig sind sich die Jungschauspielerinnen über die Faszination des Berufs. Es ist das Anprobieren verschiedener Leben und Sichtweisen, das ihn reizvoll macht.
Wie viele Anproben es zum Meisterstück braucht, weiß am Ende ja doch niemand.
Fanny Altenburger und Antonia Moretti im Wordrap
Fanny Altenburger und Antonia Moretti im Wordrap
Dieser Artikel ist der Printausgabe von News Nr. 12/2018 erschienen.