Mit dem Spontanrealismus begründet VOKA seinen eigenen – kommerziell höchst erfolgreichen – Kunststil. Dabei durchlaufen seine farbexpressiven Bildkompositionen im Schaffensprozess die Metamorphose von der Abstraktion zur realitätsnahen Figuration. Mit dem Ziel: zu gefallen.
Die Augen stets auf den Betrachtenden gerichtet, blickt Jimi Hendrix mit starkem, leicht laszivem Blick aus dem verschnörkelten Barockrahmen. Neben ihm steht eine „Les Paul“ – ein Sammlerstück, das den Eindruck erweckt, als warte es bloß darauf, vom Gitarrengott himself ad extremum gespielt zu werden. Wäre dieser nicht traurigerweise seit mittlerweile 54 Jahren Mitglied des „Club 27“ und würde sich die beschriebene Szenerie nicht ausgerechnet am Fuße des Schneebergs wiederfinden, so wäre man beinahe versucht abzuwarten, ob er sich nicht doch noch zu einem kleinen Gig durchringen könne.
Stumm bleibt die Gitarre heute aber nicht. Die Frage, ob er spiele, quittiert Rudolf Vogl mit einem flinken, unverstärkten Solo – ganz in Manier seines Idols, das fast schon zufrieden aus dem Ornamentrahmen auf ihn herabblickt. Die Hoffnung auf Hendrix erlischt nun zur Gänze: Die Gitarre ist für Rechtshänder – Hendrix war ein „Linker“ – besaitet. Dass Vogl an der Gitarre seinem Idol beachtlich nahekommt, verwundert nicht. Immerhin wartet vis à vis des modernen Ateliers, im Wohnhaus der Vogls, ein voll ausgestattetes Musikstudio. Von Zeit zu Zeit wird hier nicht bloß mit dem Sohn gejammt, sondern auch für musikalische Größen der heimischen Szene produziert.
Atelierbesuch: Der Künstler im Portrait
„Habe immer schon lieber gemalt“
Produziert wird hier aber vorrangig Kunst – also, vis à vis. Im musealen Atelier im Antlitz des Schneebergs. Museal schon allein deshalb, weil sich im Erdgeschoß des Gebäudes eine Art Museum, ein galerieartiger Showroom, befindet. Vorbeischauen können hier etwa Passagiere der Schneebergbahn, die vom Bahnhof Puchberg aus in nur vier Minuten zu der von zwei Fahnen flankierten Station „Hengsttal“ führt. Auf den Fahnen prangt in großen, handschriftlichen Lettern VOKA, so Vogls „eigentlicher Name“, wie er erklärt. „Eigentlich heiß ich immer schon VOKA – selbst Frau und Kinder nennen mich so“, sinniert er. Die vorderseitige Signatur selbst frühester Arbeiten bestätigt das. Wie aus Rudolf Vogl letztlich VOKA wurde, lässt sich so nicht mehr rekonstruieren.
Wie er jedoch zu VOKA, dem Künstler, wurde, daran erinnert er sich gut: „Nach dem HTL-Abschluss hat es mich in die USA verschlagen“, holt er aus. „35.000 Kilometer bin ich damals quer durchs Land gefahren – finanziert habe ich mir das Ganze, in dem ich die Villen der Reichen skizziert und ihnen anschließend die Bilder verkauft habe.“ Durch den Erfolg seines Geschäftsmodells in seiner Arbeit bestätigt, hat er nie mehr aufgehört zu malen. Und ehrlicherweise habe er immer schon lieber gemalt als gelernt. „Kurzes Haar, Krawatte und Aktentasche waren, zum Leidweisen meiner Eltern, nach meiner Rückkehr aus den Staaten noch weniger Option als zuvor.“
Großvater & die großen Meister
Einer, der ihn hingegen stets in seinem Tun bestärkte und förderte, war VOKAs Großvater. Er war es, der ihm in frühester Kindheit seinen ersten eigenen Malkasten schenkte. Von der großväterlichen Bauernmalerei inspiriert, hat er damals in jüngsten Jahren selbst zum Pinsel gegriffen: „Wir saßen stundenlang gemeinsam im Garten und haben Apfelbäume gemalt – eine prägende Zeit“, erinnert sich der Niederösterreicher, der in den Wintermonaten das Schneeberg-Panorama seines Puchberger Ateliers gegen das Meerblick-Domizil im südlichen Peloponnes tauscht. Wahlgrieche? „Schon irgendwie“, lacht er. „Die gekalkten Häuser, die schmalen Gassen und nicht zuletzt die entschleunigte Lebensweise haben etwas enorm Inspirierendes.“
Apropos Inspiration: Neben dem Großvater waren Rembrandt, Dürer und andere Größen der Kunstgeschichte seine bedeutendsten Lehrer. „Technisch betrachtet“, so VOKA, „begründet mein Malstil auf dem alter Meister.“ Erlernt im Selbststudium. Nicht nur in der Unverkennbarkeit des jeweiligen künstlerischen Stils, der malerischen Handschrift VOKAs und dem unantastbaren Gitarrenspiel Hendrix‘ gibt es scheinbar Parallelen. Abgesehen von der Begabung ist auch der Zugang ein ähnlicher: Brachte sich Hendrix – nicht imstande Noten zu lesen – das Spielen der Gitarre selbst bei, so ist auch VOKA bekennender Autodidakt. „Ein Handwerk lernt man schließlich bei dessen Ausführung“, so seine Überzeugung. Die Theorie? Ebenfalls selbst erlernt. „Statt in der Schule hat man mich oft in der Buchhandlung angetroffen – dort habe ich in Büchern die Techniken kunstgeschichteschreibender Koryphäen studiert, um sie später daheim gleich auszuprobieren.“ So bahnte er sich seinen Weg von der detailverliebten Ölmalerei über die Leichtigkeit des Aquarells letztlich zur vielschichtigen Acrylmalerei und schuf – sich all dieser Techniken bereichernd – mit seinem „Spontanrealismus“ eine eigene Stilrichtung. „Alte, in der Kunst gültige werde, neu definiert“, bringt er es auf den Punkt.
VOKAs spontaner Realismus
Sein Atelier, unmittelbar oberhalb der Galerieräumlichkeiten, zeugt von den Spuren des spontanen Realismus. Farbflecken, als hätte Pollock hier gewütet. Und im Entfernteren erinnert der künstlerische Prozess tatsächlich an „Action Painting“: Den Körper in Latzhose gehüllt und Musik im Ohr (Hendrix?) geht es mit Pinsel und Malmesser bewaffnet ans Werk – er streicht, wirft und spritzt die Acrylfarbe auf den Bildträger. Spontan und von Emotionen geleitet. Und obwohl die Farbe in seinem OEuvre ganz offensichtlich von zentraler Bedeutung ist, so scheint die Farbwahl keinem ikonographischen Anspruch zu folgen. „Natürlich orientiere ich mich an der Farbenlehre und erzeuge mit Komplementärfarben Wirkung – letztlich ist es aber die Komposition, die stimmen muss“, versichert er sich mit kritischem Blick auf die Leinwand.
Was zunächst als ausschließliche Abstraktion beginnt, wird im Zuge des Schaffensprozesses zusehends figurativer: Die zunächst großangelegten Farbflächen werden stets filigraner; die Gegenständlichkeit deutlicher. Er malt, skizziert und kratzt, bis die farbige Interpretation ihrer stets realen Vorlage immer näherkommt. Wie im Falle des barockgerahmten Hendrix.
Kunst, die gefallen soll
Ganz gleich, ob nun Porträts herausragender Persönlichkeiten, Landschaften oder Straßenszenerien – das Motiv, auf dem VOKAs Arbeiten basieren, ist im Grunde sekundär. Gemalt wird, was gefällt: „Vielmehr ist es die Motivation, die mich antreibt“, erklärt er. „Mein Ziel ist es, in meinen Bildern Momentaufnahmen, die mich – aus welchen Gründen auch immer – berühren, festzuhalten.“ Und genau diese Emotionen sind es, die er mit seinen Bildern transportieren möchte. Sie sollen schließlich gefallen.
Das Adjektiv „dekorativ“ sieht VOKA in Bezug auf seine Kunst längst als Kompliment: „Ich möchte keine Fragezeichen in den Augen der Betrachtenden sehen – ich möchte, dass sie vor meinen Bildern stehen und sagen: Wow!“ Dass seine Kunst, die in der Szene oft kontrovers betrachtet wird, genau das erreicht, steht außer Frage: 87.500 Abonnentinnen und Abonnenten aus aller Welt zählt sein eigener YouTube-Kanal, auf dem er Bewunderern Einblick in seinen künstlerischen Schaffensprozess gewährt. „In Indien gibt es lustigerweise eine eigene Bewegung, die nach meinem Vorbild spontan-realistisch malt“, freut sich der Künstler. Erfolg ist letztlich eine Frage der Definition. Dass sich seine Arbeiten weltweit verkaufen, spricht jedenfalls für sich – und damit auch für ihn.