Es sind nicht nur die feuerspeienden Berge selbst, die Ulla Lohmann begeistern. Die Forscherin, Fotografin und Filmemacherin sucht stets auch den Kontakt zu den Menschen, die mit den Naturgewalten leben.
Steckbrief Ulla Lohmann
Name: Ulla Lohmann
Geboren am: 6. Juni 1977 in Kaiserslautern, Deutschland
Wohnt in: Schäftlarn, Deutschland
Ausbildung: Studium der Geographie und Journalistik, Abschluss in Umweltmanagement und Fotojournalismus
Beruf: Fotojournalistin und Dokumentarfilmerin
Familienstand: verheiratet mit Sebastian Hofmann
Kinder: Sohn Manuk
Mit acht Jahren besuchte Ulla Lohmann zum ersten Mal Pompeji - ein Urlaub, der den Grundstein für ihren Werdegang legte. "Ich sah damals, wie zerstörerisch ein Vulkan sein kann", blickt Lohmann zurück. Von diesem Zeitpunkt an war es ihr großer Traum, einen aktiven Vulkan zu besuchen. Gut zehn Jahre später ging dieser tatsächlich in Erfüllung.
Lohmann wurde "Jugend forscht"-Bundessiegerin und finanzierte mit dem Preisgeld eine Weltreise. Dabei kam sie schließlich auch nach Vanuatu, dem aus rund 83 Inseln bestehenden Staat im Südpazifik. Ein Südseeparadies, das aber von vielen Naturgewalten bedroht ist: Zyklone ziehen jedes Jahr über die Inseln, dazu kommen regelmäßige Erdbeben.
In Vanuatu bestieg Lohmann schließlich den Benbow und damit ihren ersten aktiven Vulkan. Sie war allein unterwegs und, oben angekommen, etwas enttäuscht: "Ich wollte einfach noch viel näher an der Lava sein." Doch das sollte weitere zehn Jahre dauern.
Von Einheimischen Demut gelernt
Gleichzeitig mit Lohmann war eine National-Geographic-Expedition auf dem Vulkan unterwegs. Sie kamen ins Gespräch, und so begann die junge Abenteurerin schließlich als Expeditionsköchin. Im Anschluss absolvierte Lohmann noch für eineinhalb Jahre ein Praktikum beim Fotografen des Teams.
Immer wieder kehrt sie nach Vanuatu zurück. Mittlerweile verbrachte Lohmann bereits mehr als zweieinhalb Jahre dort. Denn es sind nicht einzig die Vulkane, die sie faszinieren. Auch jene Leute, die in deren unmittelbarer Nähe leben, zogen sie in ihren Bann. "Diese Menschen haben eine ganz besondere Beziehung zur Natur. Sie beobachten die Tiere genau und wissen schon lang im Voraus, wenn ein Vulkan ausbrechen wird'" sagt die Abenteurerin.
Ulla Lohmann ist eine auf Vulkane spezialisierte Forscherin, Fotografin und Filmemacherin. Ihre Reisen und Begegnungen veröffentlichte sie nun im Buch "Vulkanmenschen".*
"Sie haben eine ganz andere Ehrfurcht vor der Erde. Diese Demut vor der Natur habe ich von ihnen gelernt und bin sehr dankbar dafür."
Um mit den Einheimischen in Kontakt treten zu können, lernte Lohmann deren Sprache und verbrachte viel Zeit mit ihnen. Ein Einsatz, der sich bezahlt machte. "Ich wurde in verschiedenen Dörfern aufgenommen, und es wurden Kinder nach mir benannt", so die Vulkanforscherin, Fotografin und Autorin. Ein Häuptling Vanuatus schenkte ihr sogar Grund am Fuß eines Vulkans.
Für ihr Vorhaben, näher an die Lava im Vulkankrater zu kommen, lernte Lohmann klettern. Dabei traf sie ihren Mann, Basti Hofmann, mit dem sie seither jedes Jahr viele Monate auf der Welt unterwegs ist.
600 Meter tief im Vulkan
Gemeinsam mit einem befreundeten Vulkanologen starteten die beiden schließlich eine große Expedition, um in den Krater eines aktiven Vulkans zu gelangen. Es war wieder der Benbow auf Vanuatu, den Lohmann dafür ausgewählt hatte. Das Ziel war es, sich 600 Meter tief abzuseilen, um so in unmittelbare Nähe des brodelnden Lavasees zu gelangen.
Die erste Expedition scheiterte. Denn auf halber Strecke begann es zu regnen. In Kombination mit den Dämpfen des Vulkans entstand saurer Regen, der das Kletterseil stark angriff. "Es war ein brenzliger Moment", weiß Lohmann. Sie entschieden, den Versuch abzubrechen, um noch rechtzeitig wieder nach oben zu kommen, bevor das Seil riss.
Der zweite Versuch klappte schließlich. Sie waren damit jene Menschen, die sich am tiefsten in einen aktiven Vulkan abseilten. Dabei entnahmen sie unter anderem Proben aus dem Lavasee.
Aufgrund dieser Leistung wurden sie Mitglieder des exklusiven Explorers Club. In diesen werden nur Forscherinnen und Forscher aufgenommen, die durch ihre abenteuerlichen Expeditionen neue Erkenntnisse auf unterschiedlichsten Wissenschaftsgebieten gewinnen.
Ebenfalls von Ulla Lohmann: "Ich mach das jetzt! Meine Reise zum Mittelpunkt der Erde"*
Manuk reist mit
Lohmann ist den Großteil des Jahres unterwegs. "Ein Drittel sind Auftragsproduktionen, ein Drittel Eigenproduktionen und ein Drittel Workshops", erklärt sie.
Seit vier Jahren ist meist auch Manuk, der Sohn von Lohmann und Hofmann, mit dabei. Für die Abenteurer war seine Geburt kein Grund, mit dem Reisen aufzuhören. Manuk, der nach einem aktiven indonesischen Vulkan benannt wurde, war bereits in 45 Ländern mit und bei acht Vulkanausbrüchen vor Ort. Mit zweieinhalb Jahren bestieg er zu Fuß einen Vulkan. Dazu klettert er gern. In all der Zeit, so Lohmann, sei Manuk nie krank gewesen - und das, obwohl er überall das Leitungswasser trinkt.
Einzig bei "wirklich extremen Sachen und schweren Klettereien" ist ihr Sohn nicht dabei. In der Zeit, bis seine Eltern wieder zurückkommen, bleibt er dann einfach bei einer der einheimischen Familien.
"Kalkulierbares Risiko"
Immer wieder kommt es auf den Expeditionen zu gefährlichen Situationen. Auch wenn, wie Lohmann betont, das Risiko kalkulierbar sei.
Einmal habe sich der Druck bei einem gerade nicht so aktiven Vulkan plötzlich entladen. "Das wäre fast mein letztes Erlebnis gewesen", erinnert sie sich zurück. "Normalerweise bleibt man in so einem Fall stehen und schaut nach oben, um den herabstürzenden Gesteinsbrocken ausweichen zu können." In diesem Fall sei es aber nicht möglich gewesen, da "in dem Moment der ganze Berg in die Luft geflogen ist". Lohmann konnte nicht einfach stehen bleiben, sondern musste um ihr Leben laufen.
Ein anderes Mal stürzte am Mount St. Helens eine Gletscherhöhle ein, in der sich das Team gerade befand. Es dauerte Stunden, bis sie sich wieder einen Weg ins Freie bahnen konnten.
Hat Lohmann bei all ihren Unternehmungen nie Angst? Doch. Aber nicht, wenn es um Vulkane geht: "Ich fürchte mich nachts in großen Städten. Ich bin in München noch nie nachts mit der S- oder U-Bahn gefahren. Ich lasse mich immer abholen." Denn anders als die Natur seien Menschen, vor allem wenn sie Alkohol konsumiert haben, unberechenbar.
Nächste Reise: Papua-Neuguinea
Im Juli bricht Lohmann zur nächsten großen Reise auf: Papua-Neuguinea. "Hier werden wir zwei Monate lang unterwegs sein und entlegene Völker im Urwald besuchen, die ihre Traditionen noch weiterleben." Nur zu Hause zu sitzen kommt für Lohmann und ihre Familie nicht infrage. "Wenn man unterwegs ist, merkt man, dass man lebendig ist." Das Leben sei viel zu schade, um einfach nur am Sofa zu liegen und von Abenteuern zu träumen.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 21/2023.
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