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Gerald Grosz und sein Ehemann Thomas

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Tabubruch bei Haiders Erben - Der BZÖ-Politiker hat seinen Freund Thomas geheiratet

NEWS: Herr Grosz, wie verliefen die ersten Tage nach Ihrer Verpartnerung?
Grosz: Sehr entspannt, von unzähligen Glückwünschen geprägt - aber keinerlei Bösartigkeiten oder Gehässigkeiten.

NEWS: Wie lange stehen Thomas und Sie schon zueinander?
Grosz: Wir kennen einander schon länger und leben auch schon seit einigen Jahren zusammen. Der Wunsch der Verpartnerung ist dann relativ rasch entstanden - auch, um einander abzusichern. Ich habe eine chronische Krankheit und bin erst umlängst länger im Spital gelegen und operiert worden. Da kam dann diese Frage: "Wen sollen wir informieren, wenn etwas passiert?" - In dem Moment ist mir der Gedanke in den Kopf geschossen, dass sich ausgerechnet der Mensch, der mir am nächsten ist, keinerlei Auskunft bekommen hätte. Diese Situation war für mich untragbar. Da sagten wir uns: Erstens wollen wir es, zweitens stehen wir dazu, drittens sind wir stolz darauf, gemeinsam ein Leben zu begründen. Warum tun wir’s also nicht?

NEWS: Gingen es Ihnen denn auch um ein gesellschafts-politisches Statement?
Grosz: Nein, Thomas und ich wollten füreinander ein Zeichen der Zusammengehörigkeit setzen, das war der einzige Grund. Dass das alles an die Öffentlichkeit geraten ist, haben wir einer Indiskretion aus dem Freundeskreis zu verdanken. Der Tag meiner Verpartnerung ist einer der wichtigsten in meinem Leben - aber sicherlich keiner der politischen Auseinandersetzung. Glauben Sie mir, die Politik war mir in dem Moment wurscht. Nach unserem jetzigen Gespräch schließe ich die Tür zu meinem Privatleben auch wieder. Denn die sexuelle Orientierung, die ist privat, und wir sollten gerade in Österreich sehr darauf achten, dass es da keinerlei Gesinnungsschnüffelei gibt. Andererseits ist unser Problem, dass wir das Kapitel Homosexualität viel zu sehr mystifizieren, ins Geheime abdrängen. Wenn in Frankreich oder Deutschland ein Politiker mit seinem Lebenspartner auftritt, berichtet darüber nicht einmal die lokale Spatzenpost.

NEWS: Warum sitzen Sie dann also hier und reden mit uns?
Grosz: Weil ich den Menschen Mut machen möchte, zu sich selbst zu stehen, denn nur so erlangt man Zufriedenheit. Viele Homosexuelle sind aus sozialer Angst nicht in dem Ausmaß mit sich selbst im Reinen, wie es gesund und vernünftig wäre. Vielleicht hat es einen pädagogischen Effekt, dass sich auch einmal eine Person aus dem konservativen Lager outet, damit man nicht immer glaubt, Homosexualität wäre ideologisch bedingt - denn das ist sie sicher nicht.

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NEWS: Wie schwierig war das für jemanden, der aus dem dritten Lager kommt, diese Beziehung so lange geheimhalten zu müssen?
Grosz: Ich habe das nie wie einem Bauchladen vor mir hergetragen, aber es war immer ein offenes Geheimnis. Ich bin 1992 als 14-jähriger in den Ring freiheitlicher Jugendlicher eingestiegen, als ich 17, 18 war, hat sich offenbar auch meine sexuelle Orientierung gefestigt.

NEWS: War denn bei Ihrer politischen Heimatsuche die männerbündlerische Struktur der FPÖ ein mitentscheidender Faktor?
Grosz: In keinster Weise. Das habe ich auch nie so wahrgenommen. Ich war von der freiheitlichen Bewegung Jörg Haiders begeistert, die einen notwendigen Kampf gegen Rot-Schwarz geführt hat.

NEWS: Nach seinem Tod wurde Ihr trauernder Parteikollege Stefan Petzner als "Witwe Petzner“ verunglimpft. Gab Ihnen das zu denken?
Grosz: Diese unwürdige posthume Diskussion habe ich nie verstanden. So, wie seine Trauer gedeutet wurde - das war falsch. Und ein Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung in Österreich.

NEWS: Aber sich offen zu seiner Homosexualität zu bekennen, das ist im rechtskonservativen Lager doch noch immer ein Tabubruch, oder?
Grosz: Ich mache ja nicht mit Homosexualität Werbung. Ich bekenne mich zu dem Menschen, mit dem ich einen Gutteil meiner Lebenszeit verbringen will. Also für mich persönlich ist das kein Tabubruch - willkommen im 21. Jahrhundert, im dritten Jahrtausend.

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NEWS: Sie sind jetzt BZÖ-Parlamentarier. Wäre dieses Outing denn auch in der FPÖ möglich gewesen?
Grosz: Also, mein langjähriger Chef Herbert Haupt (FPÖ-Sozialminister im Kabinett Schüssel, Anm d. Red.), der hatte nie ein Problem damit. Hätte ich vor zehn Jahren einen Freund gehabt, den ich so geliebt hätte wie heute Thomas, dann hätte ich es auch damals gemacht. In der FPÖ unter ihrer heutigen Führung wäre das sicher schwieriger. Denn Haiders FPÖ war gesellschaftspolitisch viel offener. Beim Herrn Strache will ja nicht einmal der rechte Rand der katholischen Kirche anstreifen.

NEWS: Leihmutterschaft oder Adoption für homosexuelle Paare - befürworten Sie das?
Grosz: Es braucht Menschen, die polarisieren, es braucht Vorreiter. Aber gerade bei derart schwierigen Weichenstellungen braucht es auch Zeit, da darf man die Bevölkerung nicht überfordern. Natürlich, die österreichische Familienpolitik, die von klassischen Vater-Mutter-Kinder-Konstellationen ausgeht, hinkt der Realität weit hinterher.

NEWS: Sie haben also die letzten 20 Jahre Grün gewählt?
Grosz: Ich bin den Grünen dankbar, dass sie da immer wieder Druck gemacht haben. Aber ich bin kein Linker und kein Kommunist, nur weil ich eine eingetragene Partnerschaft eingegangen bin.

NEWS: Sie wollen also kein schwules Role Model sein?
Grosz: Ich werde mich immer wieder zur Thematik äußern. Aber Bereichssprecher Homosexualität im BZÖ-Klub werde ich deswegen nicht.

NEWS: Wollen Sie nun auch eine Familie gründen?
Grosz: Ich habe eine Familie. Der Thomas und ich, wir sind uns selbst unsere kleine Familie. Überall wo Liebe ist, ist Familie. Aber Kinder, nein, das würde nicht in unsere Lebensplanung passen.

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NEWS: Liebe - was ist das für Sie?
Grosz: Der unendlich schöne Ausdruck einer tief empfundenen Zuneigung.

NEWS: Glauben Sie an Gott?
Grosz: Ja.

NEWS: Und hätten Sie gerne auch kirchlich geheiratet?
Grosz: Die Ehe ist nun einmal eine Erfindung der Kirche. Ich weiß, dass meine Kirche eine Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht vorsieht, deshalb hält sich mein Wunsch danach in Grenzen. Ich will nicht die Ehe-Erfindung der Kirche abändern. Gott ist überall, also war er auch bei der Eintragung unserer Partnerschaft dabei. Ich glaube nicht, dass es für Gott außergewöhnlich ist, wenn einander zwei Männer lieben.

Die Geschichte erschien ursprünglich im News-Magazin Nr. 20/2013.

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