Nach Ideen von André Heller, Ursula Strauss und Ernst Molden lässt „Remassuri“ das Wienerlied in all seinen Facetten hochleben. Von März bis Mai bietet das Stadttheater Walfischgasse einen unverwechselbaren Abend im Wiener Flair – mit Schrammelmusik, Maskentheater und einem Stargastauftritt von Kasperl und Pezi. Für das vergnügliche Durcheinander – ganz im Sinne des wienerischen Ausdrucks „Remassuri“ – gab es bei der Premiere am Donnerstag Gelächter und großen Beifall.
Zwei als große goldene Hände kostümierte Darsteller erscheinen im Publikumsraum. Ihre Rolle ist nicht recht klar, zunächst streichelt die eine Hand einen unschuldigen Zuschauerkopf, ehe die beiden Hände einander in tänzerischen Bewegungen auf der Bühne begegnen. Endlich enthüllen sie mit dem Zur-Seite-Schieben des Vorhangs ein Bühnenbild. Dieses gestaltet sich minimalistisch und requisitenlos: Dunkel gehalten, einige gelbliche Lampions – ein Ambiente, das zwischen Sternenhimmel und Lichtern der Stadt changiert. Die vier Musiker unter Leitung von Peter Havlicek warten bereits auf der Bühne. Zwei Violinen, Knöpferlharmonika und Kontragitarre: mit Lebendigkeit und Leichtigkeit legen sie los und schon gleich werden 75 Minuten mit einem Augenzwinkern verflogen sein.
Ein gemeinsames „Remassuri“ entfaltet sich rund um das Quartett der Neuen Wiener Concert Schrammeln, entfernt sich mit seinem darstellerischen Beiwerk von Pantomime bis Filmsequenzen phasenweise von der Musik und findet schließlich doch immer wieder zum Wienerlied zurück. Es ist der Kern der abwechslungsreichen Darbietung, die als Revue konzipiert ist und das Publikum an mehreren Stellen zur Partizipation einlädt. Denn Theater sei ein „Joint Venture“, wie Mitinitiator André Heller das Premierenpublikum am Donnerstagabend aufforderte, die musikalische Reise nicht nur passiv, sondern aktiv zu genießen.


Und diese Reise, die führt vom „Lieben Augustin“ über Auftritte der Dudlerinnen Kainrath, Stippich und Janschütz sowie das von einer Frau neuinterpretierte „Fiakerlied“ bis hin zu Wolfgang Ambros' „Es lebe der Zentralfriedhof“. Ernst Moldens „Awarakadawara“ wird dargeboten, ebenso wie André Hellers aus 1974 stammendes „Wean, du bist a Taschenfeitl“. Letzteres wahrlich als Zeitreise in Form eines Mitschnitts, der den singenden Heller in jungen Jahren neben Helmuth Qualtinger zeigt. So wird Heller zumindest auf der Leinwand sichtbar. Auf der Bühne zeigt er sich im Rahmen des regulären Programms ebenso wenig wie Strauss und Molden. Wer jedoch zur großen Freude des Publikums einen Sprung vorbeischaut, sind Kasperl und Pezi. Ihr bekannter Spruch „Kinder, seid ihr alle da?“ ließ bei der Premiere Herzen von Jung und Alt höherschlagen, ehe sich die Stargäste, die Heller erst 2018 aus finanziellen Nöten gerettet hatte, wieder in die Urania zurückzogen.
Neben Puppentheater sorgen auch die Slapstick-ähnlichen Sequenzen der Truppe Mummenschanz für Unterhaltung. Ihr pantomimisches Maskentheater, das zwei Geigen zum Leben erwachen lässt, während ein überdimensioniertes Metronom seine Augen taktgebend zusammenstößt, hat durchaus kafkaeske Züge und eröffnet mit dem scheiternden Versuch des Gleichklangs großen Interpretationsspielraum.
Hans Moser und Paul Hörbiger schaffen es dann doch, das Sammelsurium an Dargebotenem zusammenzufassen: „Ja, das sind halt Wiener G'schichten“ singen sie auf der erneut entrollten Leinwand. Die tragenden Stimmen der Revue übernehmen, bringen die Reise zu ihrem Ende. Und abschließend begeben sich auch die lebensgroßen goldenen Hände, die zu Beginn des Abends den Vorhang beiseiteschoben, ein weiteres Mal auf die Bühne. Nach kurzweiligen eineinviertel Stunden bedanken sie sich beim Publikum. Klatschend – schließlich ist das Theater à la Remassuri ein Miteinander.

