Paul Ivic: Der TIAN-Starkoch setzt auf vegetarisch-vegane Küche

• Name: Paul Ivić

• Geboren am: 16. August 1978 in Serfaus/Tirol

• Wohnt in: Wien

• Ausbildung: Kochlehre

• Beruf: Koch; Küchenchef und Geschäftsführer des Tian in Wien

• Familienstand: verheiratet mit Anna Schneeweiß

• Kinder: zwei Kinder - Tochter (*2020) und Sohn (*2022)

Paul Ivić wuchs im Bezirk Landeck in Tirol auf, einer traditionell stark von Tourismus geprägten Region. Seine Eltern - die Mutter in Österreich, der Vater in Kroatien geboren - arbeiteten beide in der Gastronomie. Eigentlich wollte Ivić Comiczeichner werden, er war motiviert und kreativ.

Trotzdem absolvierte er eine Kochlehre im Hotel Löwen in Serfaus und arbeitete schon als junger Erwachsener in diversen Restaurants und Betrieben in Tirol, Salzburg, aber auch im europäischen Ausland, wie der Schweiz, Deutschland und auf den kanarischen Inseln. "Nach dem dritten Mal in Deutschland wollte ich zurück nach Österreich", erzählt Ivić im Gespräch mit News.at.

Dabei hätte er schon immer eine tiefe Beziehung zum Essen gehabt: Gab es schlecht Gekochtes oder Convenience-Food, "dann war mein Tag gelaufen", erinnert er sich an seine Jugend. Schon früh hätten ihm seine Eltern und Großeltern den Wert guter Lebensmittel vermittelt.

Links zu Paul Ivic:
• Paul Ivic auf Instagram
• Homepage des Tian Restaurant Wien

"Mit einem schönen Stück Fleisch kann man schneller jemanden beeindrucken", wird Ivić in der Tageszeitung "Die Presse" zitiert. Heute ist er ausgezogen um das zu verändern.

Er selbst fand den Zugang zur nachhaltigen Kulinarik über "den steinigen Weg", wie er sagt: Gesundheitliche Krisen, Stress, Alkohol, ... Über die persönliche Krise ist er - im wahrsten Sinne des Wortes - auf den Geschmack nachhaltiger Küche gekommen. Seinen "Schlüsselmoment" hatte er auf einem Bauernmarkt beim Kauf von Eiern, erinnert er sich heute. Eine Biobäurin erzählte ihm von den freilaufenden Hühnern. Seither sehe er sich als "Überbringer von geschmacklicher Emotion" schreibt er im Vorwort seines Buches "Restlos glücklich".

Für Paul Ivić gehören aber nicht nur die biologische Landwirtschaft zur nachhaltigen Küche, auch kurze Lieferwege der Lebensmittel - "das bedeutet mehr Frische" - und eine würdevolles Leben für Tiere sind für ihn zentral. "Tatsächlich weiß heute jedes Kind, dass die Bilder aus der Fernsehwerbung eine glatte Lüge sind und wir Tierquälerei zugunsten unserer täglichen, billigen Fleischportion in Kauf nehmen."

Aber "Kulinarik soll auch Menschen gegenüber gerecht sein", schreibt er: Eine faire Entlohnung ohne Ausbeutung der Angestellten und Lieferant:innen gehöre für ihn zum Geschäftsmodell.

Fleischersatz-Produkte würden den Tiroler nicht interessieren.

Von Christian Halper 2011 eröffnet, wurde Paul Ivić Küchenchef und Geschäftsführer des vegetarisch-veganen Gourmet-Restaurants TIAN. Hier, im Lokal im ersten Bezirk in Wien wurde "die DNA" des Unternehmens entwickelt, wie er sagt. "Mit unserem Ess- und Kaufverhalten haben wir einen starken Einfluss auf die Ökonomie, die Ökologie, unser Sozialverhalten und die Gesundheit", erklärt der Chef inmitten seines geräumigen Lokals beim Kaffee. "Das wollen wir alles abdecken, allerdings muss das einen Genussfaktor haben. Und der Genuss ist unser stärkster Verbündeter."

2017 eröffnete das TIAN Bistro am Wiener am Spittelberg. Dazu kamen TIAN Pop-ups in Zürs/Schweiz im Winter und in Zadar/Kroatien im Sommer. Unter dem Label "TIAN Zuhause" werden online Produkte aus dem Restaurant vertrieben.

Ein TIAN-Restaurant in München wurde 2015 eröffnet, aber im Jahr 2022 wieder geschlossen. Man wolle sich auf die anderen Standorte konzentrieren.

Auf der Website des TIAN heißt es, die Stärken des Unternehmens seinen "Qualität, Kreativität und Handwerkskunst. Unsere Basis sind biologische, fair erzeugte Produkte. Respekt vor Natur, Mensch und Tier schreiben wir uns auf die Fahnen."

Kochen sei ein "Handwerk, das man nur erlernen kann wenn man seine Produkte gut kennt", sagt Ivić. Stattdessen habe er früher "Tonnen von Fleisch kranker Tiere bestellt, verseucht mit Antibiotika und Hormone; Zuchtlachs und Garnelen, die in mehr Chemie als Wasser geschwommen sind; Obst und Gemüse, gezüchtet mit Herbiziden und Pestiziden", erzählt er.

Heute findet Ivić, gesunde Lebensmittel sollen leistbar für alle sein. "Biolebensmittel müssten eigentlich viel günstiger sein als konventionelle", berücksichtige man die Verschmutzung von Boden und Grundwasser.

Auch was die Kochlehre angeht hat Paul Ivić eine klare Haltung: "Vegetarisch-vegan gehört zur Ausbildung. Nach diesen Basics kann sich auch mit Fleisch beschäftigen, wer will." Es gäbe immer mehr Menschen, die nicht mit Fleisch arbeiten wollen, "die soll man nicht dazu zwingen."

2014 wurde das TIAN Restaurant vom Guide Michelin ausgezeichnet. Es ist damit das einzige vegetarische Lokal Österreichs, mit solch einer Auszeichnung. Weltweit wurden nur vier vegetarische Restaurants derart prämiert.

Das TIAN ist zudem das erste vegetarische Restaurant, das mit vier Hauben im Restaurantführer von Gault&Millau ausgezeichnet wurde.

Seit einigen Jahren schreibt Paul Ivić auch Kochbücher. Sie sollen, so Ivić, Inspirationsquelle zum Selberkochen sein. Kochbücher sollen nicht im Regal verstauben, sondern "gern beim daraus Kochen schmutzig werden". Wer Rezepte aus seinem Buch verbessere, "dann bin ich happy, der hat’s verstanden." Jeder habe beim Kochen seine eigene Handschrift.

In seinem ersten Buch "Vegetarische Sommerküche - Grillen, Picknick & Feste im Freien" (2015) ist der Name Programm. Im zweiten "Vegetarische Winterküche" (2017) versucht er den Beweis anzustellen, dass auch "die Gemüseschätze des Winters" Genuss voller Vitamine und Geschmack zu bieten haben.

Sein wahrscheinlich persönlichstes Buch, wie er sagt, ist aber sein aktuelles: "Restlos glücklich" (Brandstätter Verlag 2021). In der Einleitung heißt es, das Buch sei der Versuch "die Welt auf kulinarischem Weg zu verbessern." Es soll beweisen, dass nachhaltiger Genuss "keinesfalls Askese oder Verzicht" bedeute.

Im Interview mit News.at fügt Paul Ivić hinzu: Es sei absurd in unserer Gesellschaft über Verzicht zu sprechen, da Generationen vor uns - im wahrsten Sinne des Wortes - "mit Brot und Milch" aufgewachsen seinen, wie etwa seine Eltern. "Wir müssen einfach nur auf ein normales Maß reduzieren", so der Starkoch. Auf Fleisch aus Massentierhaltung verzichte er aber gerne.

Ein weiterer Schwerpunkt von "Restlos glücklich" liegt in der restlosen Verwertung der Lebensmittel. Auch für die Reste von Lebensmitteln hat Ivić Rezepte parat: Spinat vom Blumenkohlgrün, Karottengrün-Pesto, knusprige Kartoffelschalen, ...

Im Herbst 2024 erscheint Paul Ivićs viertes Kochbuch.

Weitere Persönlichkeiten im Porträt:

• Alexander Kumptner: Der aufstrebende Starkoch

• Martin Ho: Der vieldiskutierte Szenegastronom

• Lukas Nagl, der Koch des Jahres 2022

• Yotam Ottolenghi prägt die Kulinarikwelt

Paul Ivić ist mit Anna Schneeweiß verheiratet. Zusammen haben sie zwei Kinder, eine im August 2020 geborene Tochter und einen Sohn, der im November 2022 zur Welt kam.

Auch privat steht der Chefkoch gerne in der Küche. Für ihn sei Kochen "eine Auszeit, eine Form der Wertschätzung für meine Familie." Paul Ivićs Lieblingsessen sind gekochte Kartoffeln mit Olivenöl, Butter, Salz "und manchmal ein Stück Käse dazu". Gleich danach kommen Speckknödel, "die sein einfach mein Kindheitsessen."

In seiner Freizeit machte Paul Ivić früher viel Sport: Fußball und Tennisspielen. Heute verbringt er gerne Zeit mit seiner Familie oder damit, Bücher zu Lesen. Zuletzt las er "Gier" von Marc Elsberg, "ein sensationelles Buch", wie er findet.

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