Ja, er ist der Sohn. Und als Schauspieler in der dritten Staffel der Serie „The White Lotus“ ist Patrick Schwarzenegger aktuell sehr erfolgreich. Im Videointerview gähnt der junge Mann mit den feinen Gesichtszügen ein paar Mal herzhaft, ohne Hand vor den Mund, er ist wohl gerade erst aus dem Flieger aus Los Angeles gestiegen. Ein Gespräch über das Offensichtliche: Arnie, Austria, Amerika und seinen Körper, den er schon nackt zeigte. Von Mariam Schaghaghi
Patrick, wie gut sprechen Sie Deutsch? Könnten wir das Interview theoretisch auch auf deutsch führen?
Leider nicht. (Auf Deutsch) „Nikt sehr gut.“ Ich habe ein paar Jahre an der Schule und Uni Deutschkurse belegt, aber ich habe seit über zehn Jahren die Sprache leider gar nicht mehr gesprochen. In Los Angeles habe ich niemanden, mit dem ich üben könnte. Wenn man gerade das Deutsche nicht dauernd praktiziert, vergisst man es. Ich fürchte, 99 Prozent dessen, was ich mal gelernt habe, sind verloren.
Aber Sie könnten sich doch mit Ihrem Vater unterhalten.
Ja. Aber zum einen wohne ich schon seit 15 Jahren nicht mehr zuhause. Wenn ich die Sprache schon als Kind gelernt hätte und täglich mit ihm zuhause gesprochen hätte, wäre es etwas anderes. Jetzt ist es zu spät.
Wie eng ist Ihr Verhältnis zu Österreich, besonders zu Graz?
Österreich fühlt sich für mich wie ein zweites Zuhause an, definitiv. Ich reise immer gern nach Graz und auch an andere Orte. Zur Weihnachtszeit im „Stanglwirt“ und beim Hahnenkamm-Skirennen zu sein, ist für mich einfach das Größte.
Ich weiß es zu schätzen, dass mein Vater sich den Arsch aufgerissen hat, um sich in den USA dieses Leben aufzubauen
Sie haben eine echte Beziehung zur Heimat Ihres Vaters?
Ja, unbedingt. Denn es fühlt sich immer an, als gäbe es dort etwas Besonderes zu entdecken, als fände ich dort einen Teil meiner Wurzeln, meiner Herkunft und meiner Familie wieder. Immerhin hat dort das Leben meines Vaters stattgefunden, das er vor uns führte. Ich freue mich, immer etwas Neues aus seiner – also auch unserer – Vergangenheit zu erfahren und nachzuvollziehen, wie sich das Leben damals für ihn anfühlte.
Sie sollen auch einen österreichischen Pass besitzen, zusätzlich zum amerikanischen?
Nein, den habe ich nicht.
Hatten Sie Vorbehalte, ob Sie Schauspieler werden sollten, weil Sie erst einmal immer „der Sohn von“ sein würden?
Nein, das nie. Mir war klar, dass die Fußstapfen, in die ich trete, groß sind. Aber was ich nicht wollte, war, dass das mich daran hindert, es überhaupt zu versuchen. Oder mich in meinen Fähigkeiten ausbremst, und in meinem Wunsch, das zu tun, womit ich mein Leben verbringen wollte. Natürlich sind seine Fußstapfen ziemlich eindrucksvoll. Deswegen konzentriere ich mich gar nicht so sehr darauf, sondern genieße den Beruf und sehe zu, dass ich lerne, wachse und versuche, mir meinen ganz eigenen Weg zu suchen. Zu viel Einschüchterung würde mir die Freude am Beruf nehmen. Genau so wenig will ich mich darauf konzentrieren, ihn zu übertreffen.
Die Serie „White Lotus“
In der dritten Staffel der Serie „The White Lotus“ spielt Schwarzenegger einen narzisstischen Millionärssohn
Waren Drehorte immer Ihr natürliches Habitat? Sind Sie an Filmsets aufgewachsen?
Ja! (lacht) Junge Menschen sind ja immer offen für den Beruf, den die Eltern tun. Das ist nun mal das, wovon Kids am meisten mitbekommt. Mein Interesse wurde davon geweckt, dass ich schon mit drei, vier Jahren oft mit auf seine Filmsets kam, eigentlich so lange, bis er für das Amt des Gouverneurs kandidierte. Und natürlich faszinierte es mich. Wäre er Lehrer, Friseur oder was auch immer gewesen, hätte ich den Beruf wohl interessant gefunden. Aber so habe ich das Schauspielern immer im Auge gehabt, und mich dann erst später in den Beruf verliebt. Ja, ich schwankte schon mal hin und her, ob ich das machen sollte oder nicht, ob meine Liebe zum Beruf dem Druck standhält oder nicht. Aber dann habe ich es probiert, es hat mir gefallen und ließ mich nicht mehr los.
Im Sky-Serienhit „The White Lotus“ sagt Piper Perabo, die Ihre Mutter spielt, verächtlich: „Schauspieler sind im Grunde genommen doch alle Prostituierte.“ Wie haben Ihre Eltern reagiert, als Sie Ihren Entschluss kundtaten?
Sie haben immer an mich geglaubt. Und hätten mich immer unterstützt, solange ich hart arbeite und kontinuierlich Schritte mache, um mein Ziel zu erreichen. Es spielte keine Rolle, für welchen Beruf ich mich entschied, solange ich Leidenschaft dafür hegte.
In der Sozialsatire spielen Sie den oberflächlichen Sonnyboy Saxon der sich für unwiderstehlich hält. Was hat sie an diesem leeren Narziss gereizt?
Wie ernst und wichtig der Kerl sich nimmt. Er glaubt all das, was er da äußert und anderen ins Gesicht wirft. Er ist völlig überzeugt von der Richtigkeit dessen und frei von jeglichem Zweifel – schon daraus resultiert ein Großteil des Humors der Staffel. Er meint alles bierernst, die Ratschläge an seinen jüngeren Bruder, was er von seiner Schwester hält oder wie er Pornos konsumiert. Er ist frei von Ironie. Es war für einen Schauspieler ein Geschenk, diesen lächerlichen, schrägen, aber ausgefallenen Typen zu spielen.


Die Serie
„The White Lotus“ ist eine Anthologie-Satireserie, die von Mike White kreiert wurde. Jede Staffel spielt in einem anderen Luxusresort und konzentriert sich auf die komplexen Beziehungen und Geheimnisse der reichen Gäste. Die Serie ist bekannt für ihren Galgenhumor und ihre satirische Darstellung der Superreichen. In den acht Teilen der dritten Staffel, die in Thaliland spielt, mimt Patrick Schwarzenegger (li., Mitte) den Sohn einer fünfköpfigen Familie. Die Staffel thematisiert Religion, Spiritualität und Individualismus.
„The White Lotus – Staffel 3“ zu sehen bei Sky und WOW
Ist Saxon der Prototyp für die vielgescholtene „toxische Männlichkeit“?
Das ist er wohl. Es ist gar nicht einfach zu bestimmen, wofür genau dieser Begriff wirklich steht. Aber Saxon hat auf jeden Fall toxische Eigenschaften an sich. Er denkt, seine Ideologie sei der Heilige Gral. In seiner Welt ist das Wort „falsch“ gar nicht vorgesehen.
Seine Eltern sind nicht nur reich, sondern geradezu extremistische Kapitalisten, ihr Credo lautet: „Wir müssen unseren Kindern beibringen, sich vor Armut zu fürchten.“
(lacht) Das ist definitiv ein wichtiger Teil ihrer Familiendynamik.
Auch Sie wuchsen im Wohlstand auf. Waren Sie kein verwöhntes Celebrity- und Party-Kid?
No way! Ich glaube, ich wurde einfach ziemlich gut erzogen. Bei uns zuhause waren Werte wichtig. Meine Eltern kamen ja aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen: Ihre Familiensituationen waren völlig anders, ihre jeweilige Erziehung, nicht nur, dass sie aus zwei sehr unterschiedlichen Ländern kamen, eigentlich kamen sie von entgegengesetzten Enden des sozioökonomischen Spektrums.
Ihre Mutter Maria Shriver gehört zum Kennedy-Clan, also dem US-Politadel. Ihr steirischer Vater, der es vom Bodybuilder zum Gouverneur schaffte, ist eine Verkörperung des amerikanischen Traums.
Ich denke, es war eine perfekte Verbindung von Gegensätzen. Die beiden brachten als Eltern völlig unterschiedliche Eigenschaften und Qualitäten ein, eben das, was ihnen in ihren jeweiligen Welten und Familien beigebracht worden war.


Die eindrucksvolle Fußstapfen von Vater Arnold, 77, schüchterten Patrick, 31, am Weg zur Schauspielerei nicht ein, wie er sagt.
© Getty Images, Emma McIntyreGing es streng zu im Hause Schwarzenegger?
Die Eltern meiner Mutter waren sehr streng, und die Seite meines Vaters war offenbar extrem streng, rau und brutal. Es war halt eine andere Ära. Mein Vater hat gelernt, was für ihn funktionierte, was er akzeptierte, was nicht. Oder was ihn so verärgerte, dass er seine Familie verlassen und aus Österreich weggehen wollte. Es half ihm, um so entschlossen und konzentriert zu sein, und so hart zu arbeiten. So hat er einiges für sich mitgenommen und anderes zurückgelassen. Das Gleiche gilt für meine Mutter. Ich glaube, dass sie dann aus all dem ihre Vorstellungen und Werte zurecht schnitzten, die sie uns Kindern zugutekommen ließen.
Von Ihrer Physis her könnten Sie wunderbar den eindimensionalen Strahlehelden geben. Stattdessen bevorzugen Sie den moralisch fragwürdigen Hallodri. Suchen Sie die Herausforderung?
Ja, so einer macht mir einfach mehr Spaß! Es kann sicher cool sein, oberflächlichere und emotional flachere Rollen zu spielen. Aber ist stehe auf Charaktere mit dramatischen Wendungen, in denen mehr steckt, als man auf den ersten Blick ahnt. Hinter vielen Figuren aus „The White Lotus“ steckt tiefer Zorn oder ein anderes emotionales Geschwür, das mehr und mehr die Kontrolle übernimmt. Das ist das Schöne an der Serie: In den acht Episoden kann man einen echten Handlungs- und Wandlungsbogen bieten.
Die Serie bot Ihnen auch viel Zeit in Thailand.
Ja, sieben Monate waren echt lang. Aber auf einer Insel wie Koh Samui fühlte es sich an wie eine lange Auszeit: zu schwimmen, zu beachen, dieses köstliche Essen zu genießen, Sport zu machen, abzuhängen und mit den anderen Kollegen Filme zu schauen. Bei der Premiere konnte ich die ganze Film-Familie wiedersehen. Manchmal kommt es mir vor, als wäre seit dem Dreh viel Zeit vergangen, dann wieder, als wäre es gestern gewesen.
Saxon ist begeisterter Athlet, der am liebsten im Gym „pumpt“ und sich von Proteinshakes ernährt. War das ein Augenzwinkern in Richtung Ihres Daddys?
Nein, ich glaube, es war einfach etwas, das dem Drehbuchautor Mike White an dieser Figur gefiel und was sehr passend fand. Das spielte auch in die Beziehung zwischen ihm und dem jüngeren Bruder hinein, dem er ständig zu Sex und zu Muskeln verhelfen will.
Sie waren schon hüllenlos zu sehen. Nacktheit vor der Kamera schreckt Sie nicht?
Es ist für mich gar keine große Sache, weil ich nicht aus meiner Perspektive darüber nachdenke, sondern nur als Saxon. Es geht darum, was für die Figur real, wahr und normal ist, nicht für Patrick. Es ist schwer, aber wichtig, dass nicht die eigene Meinung zählt, sondern das, was für die Figur relevant ist.
Wie viel Zeit verbringen Sie selbst im Fitnessstudio?
Ich trainiere möglichst vier, fünf Tage pro Woche, nicht nur um gut auszusehen, sondern um mich gut zu fühlen. Der mentale Aspekt ist für mich unverzichtbar. Ich fühle mich wie ein anderer Mensch, wenn ich trainiere.
Ich empfinde es als großes Privileg, dass ich die sehr rare Möglichkeit hatte, mit unterschiedlichen politischen Standpunkten aufzuwachsen und sie an einem Esstisch vertreten zu sehen.


Mit Model Abby Champion ist Schwarzenegger seit 2016 offiziell liiert, 2023 gab das Paar die Verlobung bekannt.
© AFP, picturedesk.com, MICHAEL TRANWie erleben Sie als Halb-Europäer und Halb-Amerikaner die Spannungen zwischen den Nationen Europas und Amerikas, seit Trump wieder im Oval Office sitzt?
Ich habe den Vorteil, mehrere Standpunkte zu verstehen, was nicht viele Leute können. Ich bin sehr stolz und glücklich, dass ich Amerikaner bin. Ich weiß es auch sehr zu schätzen, dass mein Vater sich den Arsch aufgerissen hat, um sich in den USA das Leben aufzubauen, das er hat und das wir haben. Trotzdem lehrte er uns, seine Herkunft und seinen Werdegang zu respektieren: Es fordert viel ab, um eine Karriere und so ein Leben in einem anderen Land, später nochmal in einem ganz neuen Bereich aufzubauen.
Und, teilen Sie seine politische Überzeugung? Immerhin war er republikanischer Gouverneur in einem sonst demokratischen Bundesstaat Kalifornien ...
Ich glaube, dass eines der einzigartigen Dinge in meinem Leben ist, dass ich damit aufgewachsen bin, dass an unserem Tisch zuhause beiden Seiten saßen.
Die Familie Ihrer Mutter ist traditionell demokratisch orientiert ...
Ich empfinde es als großes Privileg, dass ich die sehr rare Möglichkeit hatte, mit unterschiedlichen politischen Standpunkten aufzuwachsen und sie an einem Esstisch vertreten zu sehen. So lernte ich, beide Seiten zu verstehen und immer die Argumente beider Seiten abzuwägen, die meiner Mutter und meines Vaters.
Sie wuchsen also mit Polit-Debatten zwischen Republikanern und Demokraten auf – und der Versöhnlichkeit ihrer Unterschiede?
Damals war es zwar ganz anders als heute, aber: ja.
Hätte die Politik Sie auch gereizt?
Natürlich. Aber ich bin 31 und konzentriere mich jetzt erstmal auf meine Filmkarriere.
Interview: Mariam Schaghaghi
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 16/25 erschienen.