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Moon Unit Zappa: Die Welt von Franks Tochter

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Moon Unit Zappa

©Randall Slavin
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Frank Zappa firmiert als Pionier der genreübergreifenden Komposition, als virtuoser Gitarrist, als gesellschaftskritischer Freigeist. Seine Tochter Moon Unit Zappa benötigt den Begriff „Bösewicht“, um ihn zu verorten. Das klare Wort helfe, die verwüstete Kindheit zu heilen, erklärt sie im News-Interview

Es hat 56 Jahre gedauert, bis Moon Unit Zappa vor sich und der Welt diese klaren Worte formulieren will. Als „Bösewichte ihres Lebens“ bezeichnet sie ihre Eltern Frank und Gail Zappa in einer Ankündigung für ihr Buch. Moon Unit Zappa hat ihre Memoiren geschrieben.

Weltweit bekannt war sie ab ihrer Geburt 1967 als Erstgeborene eines weithin verehrten Genies, des damals 26-jährigen Frank Zappa. Dazu machte der Vorname, den Zappa seiner – noch rasch vor einer Tour geehelichten – Frau Gail für die Tochter diktierte, Schlagzeilen. In einer Welt, in der die US-Truppenpräsenz in Vietnam verstärkt wurde und Elvis vom Bürgerschreck zum Ehemann mutierte, barg „Moon Unit“ Aufregungspotenzial. Gail Zappa, damals 22-jährige Sekretärin des Clubs „Whisky a Go Go“, wurde vom „Model-Fangirl“ zur Familienmanagerin. Die Sippe kreiste um das Musikgenie, das trotz Abwesenheit jede Minute des Alltags bestimmte.

Eine verwüstete Kindheit

Ungeschönt und ohne klagenden Unterton beschreibt Moon Unit Zappa in ihren Memoiren „Earth to Moon“ eine Kindheit, in der es „nach geifernden Männern und Frauen riecht“, Bilder von Orgien die Wände zieren, der Vater sich auf Tour mit Tripper ansteckt und Orgasmen zum Tischthema taugen.

Ihre Zuhause in Los Angeles war zwar Drogen- und Alkoholfrei, aber durchdrungen von der Verzweiflung, die die offen gelebte freie Liebe des Musikgenies bei dessen Frau auslöste. So endete die Erstgeborene als Blitzableiter der mütterlichen Not – und die Eltern als Bösewichte. Im News-Interview präzisiert Moon Unit Zappa ihren Blick:

„Ja, in vielerlei Hinsicht sehe ich Gail als Bösewicht meiner Lebens-Odyssee, aber ich habe auch viel Mitgefühl. Mit einem freidenkenden Rockstar verheiratet zu sein, der viele Monate im Jahr weg war, vier Kinder großzuziehen, einen Haushalt zu führen, die Geschäfte meines Vaters zu leiten, eine Frau in einer patriarchalen Gesellschaft zu sein, seinem Zwang zur Arbeit und seinem außerehelichen Hobby unterlegen zu sein, ihn dazu zu bringen, uns etwas Zeit zu geben. – Nichts davon war einfach. Ich saß bei allem in der ersten Reihe. Ich hätte nicht ertragen, was Gail geschafft hat.“

Sich die Verwüstungen der Kindheit einzugestehen, sei wesentlich gewesen, führt Zappa aus, denn man sei nur so krank, wie seine Geheimnisse. Es habe Zeit und dieses Buch gebraucht, um zu erkennen, dass sie „den Hammer, den Gail benutzte, nicht nötig hatte“, umschreibt sie die emotionale Grausamkeit der Mutter.

„Das Paradoxon auszuhalten, dass man jemanden lieben kann, der die eigenen Bedürfnisse nicht erfüllen kann oder will, der nicht gut für einen ist, aber gleichzeitig die eigene, unantastbare Familie aus Fleisch und Blut ist, ist für einen Erwachsenen schon schwierig genug, für ein Kind noch viel schwieriger. Frank kommt in dem Buch viel besser davon, denn obwohl er abwesend und selbstverliebt war, hat er nie jemanden bevorzugt oder seine Stimme im Zorn erhoben. Er war nicht rachsüchtig“, stellt Zappa fest.

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In die Top 40 der US-Single-Charts schaffte es Frank Zappa erst in Zusammenarbeit mit der damals 14-jährigen Moon Unit (o. die beiden auf Promotiontour) und dem Song „Valley Girl“ (1982)

 © IMAGO/Pond5 Images

Ein Genie. Kein Vater

Neben schönen Erinnerungen, wie die Umarmungen der Mutter, wenn der Vater zu Hause ist, oder der Vater neben dem Komponieren Käfer auf die Nase der Tochter malt und mit ihr die Klangwelten bei der Bedienung des Plattenspielers erforscht, reihen sich irritierende Schilderungen. Die eines Vaters, der die Tochter mit sarkastischen Geburtstagskarten verletzt. Der unfähig ist, sich über den gemeinsam Charterfolg freuen, als beide zusammen mit „Valley Girl“ 1982 Zappas erfolgreichste US-Single-Wertung erzielen und gemeinsam auftreten. Ein Vater, der der Tochter, trotz Wissen um den bevorstehenden Tod, die dringliche Versöhnung verweigert. Auf die Frage, wie sie über mögliche Hintergründe denke, sagt Zappa:

„Ich frage mich manchmal, ob er zu den Menschen zählte, die im neurodiversen Spektrum liegen und einfach blind für die Bedürfnisse und Gefühle anderer geboren wurde. Er war ruhig, mit freundlichen Augen, aber ohne Empathie. Niemand bittet darum, ohne Einfühlungsvermögen geboren zu werden. Oder in meinem Fall, mit zu viel davon geboren zu werden. Aber vielleicht will ich es auch so sehen, weil der Gedanke, dass er sich aktiv und bewusst für die Welt statt für seine Familie entschieden hat, einfach zu schmerzhaft ist.“

Eine Folge der freien Liebe

Freunde hätten das dsyfunktionale System der Familie Zappa als „Pharao Syndrom“ bezeichnen, erzählt sie und meint, dass es nicht gut gehen kann, wenn nur einer den Platz an der Spitze der Pyramide belegen würde. Die Trauer der Mutter, die sich durch den praktizierenden Freie-Liebe-Geist des Vaters zurückgewiesen und verlassen fühlte, übertrug sich auf die Tochter.

Wie ihre Geschwister Dweezil, Diva und Ahmet glaube sie fest an Monogamie, sagt Zappa. „Es ist beschissen, wenn man zu früh weiß, dass Blowjobs und Applaus immer wichtiger sind als Schulessen zu machen und uns vor dem Schlafengehen vorzulesen.“ Fragt man sie, welches Erbe des Vaters sie in sich trägt, zeigt die Antwort, Moon Unit Zappas Zugang zu Heilung:

„Mit Liebe bombardiert und verlassen zu werden, ist ein schwieriges Muster, das man loswerden muss. Aber ich glaube, Sie meinen etwas anderes. Beruflich habe ich sein Streben nach Perfektionismus geerbt, seine Konsequenz, seinen guten Verstand, sein Haar, seinen Stil, seinen Humor, seine Finger, seine Feinschmeckerei, seine Neugierde, seine Liebe zu Menschen, seine Liebe zur Musik, Reisen, schönen Hotels, guten Stiften und Papier und seinen Koffein-Konsum.“

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 34/2024 erschienen.

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