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Michael Köhlmeier - der große Erzähler im Porträt

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Michael Köhlmeier
©Bild: Elke Mayr
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Michael Köhlmeier gilt seit Jahrzehnten als einer der bedeutendsten österreichischen Autoren. Berühmt wurde der Schriftsteller durch seine unverkennbare Stimme und seine Erzählungen aus der griechischen Mythologie. In den letzten Jahren sind es seine Romane, die die deutschsprachige Leserschaft begeistern. Ein Porträt

Steckbrief Michael Köhlmeier

  • Name: Michael Johannes Maria Köhlmeier

  • Geboren am: 15. Oktober 1949 in Hard, Vorarlberg

  • Wohnt in: Hohenems und Wien

  • Sternzeichen: Waage

  • Ausbildung: Studium der Politikwissenschaften und Germanistik in Marburg, Studium der Mathematik und Philosophie in Gießen

  • Beruf: Schriftsteller

  • Familienstand: seit 1981 verheiratet mit der Schriftstellerin Monika Helfer

  • Kinder: vier Kinder

Ein Kaffee mit Michael Köhlmeier

Ein sonniger Samstagvormittag im Cafe Museum. Michael Köhlmeier wartet schon auf mich. Ein kariertes Hemd, ein bunter Pullover. Vor sich eine heiße Schokolade und ein Briochekipferl mit großen Zuckerkristallen. "Fangen wir einfach an", sagt Köhlmeier, während ich noch meine Notizen sortiere und das Aufnahmegerät starte. Nicht ungeduldig, aber zielorientiert.

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Michael Köhlmeier beim Interview im Cafe Museum

 © Elke Mayr

Der gebürtige Vorarlberger lebt und arbeitet gemeinsam mit seiner Frau Monika Helfer in Hohenems. Er kommt aber gerne nach Wien, die Stadt ist seine zweite Heimat. Die sieben Stunden Railjet stören ihn nicht, erklärt er, "ich kann überall schreiben".

Kindheit und Familie

Schon als Kind ist er umgeben von Geschichten und Fabeln. "Wir hatten eine erzählsüchtige Familie, bei uns haben alle dauernd erzählt, außer ich, ich war der Zuhörer", erinnert sich Köhlmeier. "Meine Großmutter hatte einen wahnsinnigen Schatz an Märchen, wo ich nie genau wusste, ob das jetzt erfunden war oder Wirklichkeit."

Ich kann mir ausdenken, was ich will, und kriege auch noch Geld dafür

Die Eltern interessieren sich sehr für Literatur, sie wären beide gerne Schriftsteller geworden. "Meine Mutter hat den halben Faust auswendig gekonnt", erinnert sich Köhlmeier. Sein Vater studiert Geschichte und arbeitet als Journalist. Der Autor:innentraum der Eltern überträgt sich auf den jungen Michael. "Ab dem 10. Lebensjahr habe ich mir gedacht: 'Das ist der attraktivste Beruf‘. Ich kann mir ausdenken, was ich will, und kriege auch noch Geld dafür."

Köhlmeiers Weg zum Erfolg

Zuerst muss er aber studieren, so wollen es die Eltern. Germanistik und Politikwissenschaft in Deutschland. Erste Zweifel kommen auf: "Was mache ich, wenn es sich nicht ausgeht?" Ende der 1960er-Jahre wird Köhlmeier freier Mitarbeiter beim ORF, er ist Reporter für alles. Bis in die 1980er produziert er Hörspiele und Dokumentationen.

1981 heiratet er die Schriftstellerin Monika Helfer und beginnt, sich ganz auf das Schreiben zu konzentrieren. Es war kein leichter Weg. "Wir hatten ja auch vier Kinder und haben sehr genügsam gelebt", erinnert er sich. Aber der Erfolg sollte bald folgen.

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Michael Köhlmeier mit seiner Frau Monika Helfer

 © IMAGO/Horst Galuschka

2003 ereilt ein schlimmer Schicksalsschlag die Familie. Tochter Paula Köhlmeier verunglückt bei einer Wanderung in Hohenems tödlich. Für Helfer und Köhlmeier geht das Leben weiter, aber ihr Tod ist eine Zäsur, nichts ist mehr wie davor. Paula Köhlmeier war ebenfalls Schriftstellerin. Eine Sammlung ihrer Prosastücke erscheint 2005 unter dem Titel "Maramba".

Michael Köhlmeier - der Schriftsteller

Reflektieren will Köhlmeier über das Schreiben nicht, er macht es einfach: "Es ist mir zuwider, ins Innerste meines Schreibprozesses hineinzuleuchten - das würde mich hemmen." Er ist ein Autor wie er im Buche steht. Ein neugieriger Geist mit einem Hang zu verspielten Gedankengängen. "Und wenn ich mich hinsetze an den Computer, dann ist es einfach eine Fortsetzung des Denkens hinein ins Schreiben."

Wenn ich drei Tage nicht schreibe, dann fühl' ich mich nicht mehr wohl
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Das tägliche Schreiben gehört für MIchael Köhlmeier dazu.

 © Elke Mayr

Für ihn gibt es keinen schöneren Beruf. "Aber, weil dieser Beruf so unglaublich schön ist, stellt er mich vor eine gewisse Verantwortung, nämlich, fleißig zu sein." Des Geldes wegen schreibt er heute nicht mehr, aber irgendetwas in ihm will nach außen. "Wenn ich drei Tage nicht schreibe, dann fühl' ich mich nicht mehr wohl", erzählt Köhlmeier. Dieser Schaffensdrang manifestiert sich in fast jährlich erscheinenden Romanen.

Wie arbeitet Michael Köhlmeier?

Obwohl er katholisch aufwächst, hat Michael Köhlmeier das Arbeitsethos eines Protestanten: "Ob Samstag oder Sonntag, ob Weihnachten oder Ostern, ich nehme mir vor, mindestens zwei Stunden am Schreibtisch zu sitzen. Das ist nicht zu viel verlangt." Aber auch fernab des Schreibtisches reißt der Prozess des Schreibens niemals ab. "Der Roman ist immer vorhanden, umso mehr, weil ich mit einer Schriftstellerin verheiratet bin und wir uns permanent austauschen."

Das Schreiben kommt mir vor wie eine Fortsetzung vom Spielen im Sand als Kind

So lieb ihm das Schreiben ist, bleibt es doch eine ernste Angelegenheit. "Das Schreiben kommt mir vor wie eine Fortsetzung vom Spielen im Sand als Kind. Kinder spielen sehr ernsthaft, sie wollen, dass es richtig und schön wird. Und so kommt es mir auch mit dem Schreiben vor." Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Erst vor wenigen Wochen erschien sein neuer Roman mit dem Titel "Das Philosophenschiff"*.

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Kürzlich ist Michael Köhlmeiers neuester Roman "Das Philosophenschiff" erschienen.

 © Elke Mayr

Zwischen Traum und Wirklichkeit - die Welt des Erzählens

"Dort, wo der Traum auf die Wirklichkeit stößt, aber noch nicht die Herrschaft übernimmt, die Wirklichkeit aber nicht mehr so stark ist, dass sie den Traum verdrängt, dieses Zwischenstadium ist der beste Bereich des Erzählens." So beschreibt Köhlmeier jenen magischen Raum, wo Fiktion und Realität zusammentreffen, die er in seinen Geschichten so meisterlich verwebt.

"Das Philosophenschiff" handelt von der 100-jährigen Architektin Anouk Perlemann-Jacob, die in Folge der Oktoberevolution, als Teil einer kleinen intellektuellen Elite, aus Russland exiliert worden war. Vieles an ihrer Geschichte entspricht der Realität, nur sie selbst ist erfunden.

Die Grundlage für die Person liefert die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky, mit der Köhlmeier Ende der 1990er-Jahre zusammentrifft, als diese schon über 100 Jahre alt ist. Der Gedanke, dass eine Person das gesamte 20. Jahrhundert erlebt hat, inspiriert ihn. "Ich wusste lange nicht, was ich mit dieser Figur anfangen soll. Und irgendwann habe ich über diese Philosophenschiffe gelesen, die hat es wirklich gegeben", erzählt Köhlmeier, "dann habe ich angefangen, sie erzählen zu lassen. Was sie im Detail erzählen wird, das habe ich noch gar nicht gewusst."

Michael Köhlmeier hat keine Hobbies

"Ich denke mir, ein Hobby hat nur jemand, der seinen Beruf nicht besonders gerne ausübt." Trotzdem hat der Schriftsteller Interessen abseits der Literatur, etwa das Kochen. Denn "das Kochen hat viele Gemeinsamkeiten mit dem Schreiben, es ist sehr meditativ und man folgt der Inspiration". Beim Gedanken an eine Portion Spaghetti Aglio e Olio kommt der Autor schnell ins Schwärmen. Die trügerische Simplizität der italienischen Küche berührt ihn mehr als die Finesse der französischen Cuisine.

Ein Hobby hat nur jemand, der seinen Beruf nicht besonders gerne ausübt
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Michael Köhlmeier hat keine Hobbies, sondern Interessen.

 © Elke Mayr

Die Musik ist eine weitere Muse Köhlmeiers. Schon früh beginnt er Gitarre zu spielen und gründet in den 1970ern gemeinsam mit Reinhold Bilgeri das Duo Bilgeri & Köhlmeier. Ihr Hit "Oho Vorarlberg" erlangt österreichweit Bekanntheit. Das Duo geht getrennte Wege, doch Michael Köhlmeiers Liebe zum Instrument bleibt und entwickelt sich zu einer wahren Sammelleidenschaft. "Ich habe gar nicht so viele Gitarren, ich glaube 37", erzählt er unironisch. Und tatsächlich ist das, verglichen mit seiner Büchersammlung, wenig.

Der Lebensraum des Michael Köhlmeier

Gemeinsam mit seiner Frau Monika Helfer lebt Michael Köhlmeier im vorarlbergischen Hohenems. Umgeben von Bergen und Wäldern teilen sich die beiden ein Haus voller Leben und Geheimnissen: Pflanzen, Statuen, Artefakten und einer Katze. Und natürlich Bücher. Viele Bücher. 15.000 Bücher. Alle zu lesen, sei rein rechnerisch gar nicht möglich. Es passiert also auch dem Ausnahmeschriftsteller, hin und wieder ein Buch zu kaufen und es dann nicht zu lesen. Der häusliche Speicherplatz wird jedenfalls von der Büchersammlung gut ausgelastet. "Es ist mehr als ein ganzes Zimmer", gibt Köhlmeier zu. Und dann muss es ja irgendwo noch Platz für 37 Gitarren geben ...

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Michael Köhlmeier

 © Elke Mayr

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