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Rudi Molacek: „Ich musste ihn kennenlernen, den Vater der Pastosität!“

In Kooperation mit Grabmayr Estate KG
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6 min

©Rudi Molacek
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Es war Franz Gabmayrs Materialästhetik, die Rudi Molacek stets faszinierte. Der Einsatz von Farbe als Material – unmittelbar, spontan und ehrlich. Im letzten Teil der Serie erinnert sich der Künstler an seinen Freund und Kollegen

„Da ist es“, streckt mir Rudi Molacek eine gerahmte Fotografie entgegen. Unter der dicken Staubschicht zeichnet sich die Silhouette eines Mannes ab. Weißes Hemd, die Hände im Bund der knielangen, weißen Unterhose versteckt und auf dem Kopf die wegweisende Tweed-Herrenmütze. Mit der Hand die Spuren der Zeit beiseite wischend klärt sich die Sicht und bestätigt: Franz Grabmayr – vor seinem Bett im Wiener Karl-Marx-Hof, auf den Lippen ein verschmitztes Lächeln. Kein typisches Künstlerportrait. Aus der Reihe tanzt es dennoch nicht. Denn der Karton, in dem sich der Rahmen letztlich versteckte, scheint seit Jahrzehnten Zuhause untypischer Künstlerinnen- und Künstlerportraits zu sein. Erlebte, gefühlte Schnappschüsse sind schließlich die fotografische Erfolgszutat Molaceks. Unter ihnen findet sich ein Faxen machender Caramelle, ein Damisch im Antlitz einer Spielzeugkuh, ein junger Brandl in seinem natürlichen Habitat, den Bergen.

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Franz Grabmayr, der während des Malens – einem körperlichen Kraftakt – bis zu sechs Mal täglich Kleidung wechselte, beim Umziehen.

 © Rudi Molacek

Letzterer war es, der Molacek für Grabmayr und dessen Œu­v­re sensibilisierte. „Das muss Ende der 80er während meiner Professur an der Angewandten gewesen sein“, sinniert Molacek, der von 1986 bis 1991 Professor für Fotografie war. „Ich bin damals regelmäßig für meine Klasse aus New York eingeflogen.“ Jede freie Minute verbrachte er seinerzeit in Brandls Atelier. „Wenn man mich an der Angewandten gesucht hat, hat man zunächst immer beim Herbert angerufen“, lacht er. Dort stieß er auf seinen ersten Grabmayr: „Ein Ölgemälde von unglaublicher Pastosität“, zeigt sich Molaceks Affinität für die gewichtige Malerei. „Als Herbert meinte, Grabmayr sei der Vater der Pastosität, war klar, dass ich ihn kennenlernen muss.“

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Rudi Molacek – mit Mops Banzaj – startete seine Karriere als Model und feierte Welterfolge als Fotograf, ehe er selbst zu malen begann

 © Rudi Molacek

Spontan, ehrlich, unbeirrt

Peter Pakesch, damals Galerist, stellt die beiden einander vor. Der Grundstein einer engen Freundschaft war gelegt: „Wann immer ich in Wien war, bin ich beim Franz ein- und ausgegangen.“ Nicht zuletzt wegen der tanzenden Akte, die Grabmayr als Motiv seiner Tanzbilder dienten. „Da war ich natürlich g’stellt“, schmunzelt Molacek. Und ergänzt: „Bitte nicht zu ernst nehmen – ich bin der letzte Softmacho.“ Ein Bekenntnis, dessen Quell wohl Molaceks Zeit als weltweit gefragtes Male-Model entspringt. Als Dressman arbeitete er während der 60er und 70er mit den Größen der Fotografie, lernte von ihnen, ehe er selbst hinter die Kamera wechselte und Weltkarriere schrieb. Als Editorial-Fotograf shootete er unter anderem für GQ, Vogue und Andy Warhols Interview. In Wien wurde er schließlich Professor: „Wenn du damals in New York gelebt und gearbeitet hast, warst du in Europa quasi ein Wesen aus der Zukunft – immer zumindest zwei Jahre voraus.“

Mit seiner Klasse besuchte er Grabmayr einmal in seinem Waldviertler Atelier. „Was man dort geboten bekam, war das ganz große Spektakel“, erzählt er mit aufgerissenen Augen. „Meterhoch loderndes Feuer, umkreist von seinem fahrenden Atelier, einem Traktor, dazu in voller Lautstärke Wagner – der Franz mit taxierendem Blick mittendrin. Unmittelbar schöpft er aus der vermeintlichen Spontanität und geht ganz sicher, ehrlich und unbeirrt ans Werk. Das sich daraus ergebende Dreidimensionale, die Schwere und natürlich die Farbigkeit, die meinem Empfinden sehr entsprochen hat, haben mich fasziniert“, beschreibt er eine Direktheit, die er zweifelsohne auch dem Charakter seines Freundes zuschreiben würde. „Er war immer gerade raus und spontan – eben sehr kärntnerisch, fast schon ein wenig urig.“

„Er war mir eine Inspiration!“

Das Verhältnis zu Grabmayr versinnbildlicht die anfangs beschriebene Fotografie. „Das war schon sehr vertraut“, so Molacek. Und plötzlich fällt ihm eine Geschichte ein: „Wie wir da neben seinem Bett stehen, springt mir der an der Wand hängende Ausriss eines Kopfes von Leroy, seinem französischen Genregenossen, ins Auge. Franz schwelgte in Bewunderung, die ich zweifelsohne teile. Dann unterbreche ich ihn: Wenn du willst, kannst du dir das Original ansehen – das hängt bei mir im Wohnzimmer. Zunächst hat er nur gelacht und später gestaunt.“

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Eugène Leroys Kopfgemälde, Rudiment der Sammlung Molacek und Inspiration für Grabmayr

 © Eugéne Leroy

Erwähnt sei: Auf seinen ebenso pekuniären Erfolgen als Fotograf begründete die mäzenatische Sammlung Rudi Molacek, die mit Schwerpunkt auf den Neuen Wilden zu einer der bedeutendsten Kunstsammlungen der heimischen Szene der 80er-und 90er-Jahre wurde. Darunter fanden sich auch 14 Ölbilder Grabmayrs, der – einige Jahre älter – zum Idol jener Generation an Künstlern wird. Als Molacek, angelernt von seinen Künstlerfreunden, selbst zu malen beginnt und mit seiner eigenen Kunst reüssiert, trennt er sich von seiner Sammlung. „Ich habe den Besitz nicht mehr als dringend empfunden“, erklärt er. Zwei Arbeiten Grabmayrs blieben ihm erhalten – „eines musste ich einfach behalten, und vom anderen wusste ich nicht, dass ich es noch besitze.“ Als es plötzlich auftauchte, ist es geblieben. Ebenso bleiben wird die Inspiration, die ihm sein Freund Franz Grabmayr war: „Neben Einflüssen anderer Weggefährten, hat seine Pastosität letztlich zur heutigen Intensität meiner Malerei beigetragen.“

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