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Felix Kammerer: Neues Leben, schnelle Heimkehr

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Felix Kammerer

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Gegen alle Prognosen konnte die Burg ihren Schauspieler Felix Kammerer für eine Premiere zurückgewinnen. Und das, obwohl er seit „Im Westen nichts Neues“ mit der Weltelite dreht. An Wien bindet ihn ein Geheimnis, das jetzt keines mehr ist: Er ist seit Herbst Vater

Keiner hätte darauf gewettet, dem Burgschauspieler Felix Kammerer, 29, in dieser Funk­tion so rasch wiederzubegegnen. Von Martin Kusej 2019 von der Schauspielschule ans Haus geholt, wurde der Sohn des Opernsängerpaars Angelika Kirchschlager und Hans Peter Kammerer für die Hauptrolle des Anti­kriegsfilms „Im Westen nichts Neues“ (vier Oscars) verpflichtet. Seither dreht er ohne Verzug, zuletzt unter Guillermo del Toro neben Christoph Waltz eine „Frankenstein“-Paraphrase. Ein biografisches Epos über den Tennis-Star und Widerstandskämpfer Gottfried von Cramm ist in Vorbereitung: Daniel Brühl inszeniert an der Spitze des Oscar-Teams, das „Im Westen nichts Neues“ gezaubert hat, Kammerer spielt die Hauptrolle. Und nun dieser Coup der Burgtheaterdirektion: Kammerer verkörpert in Ayad Ahktars Kammerspiel „Der Fall McNeil“ an der Seite des Heimkehrers Joachim Meyerhoff dessen Sohn.

Was ihn nebst anderem nach Hause gebracht hat, verrät er gelassen im Interview: Er ist seit Herbst Vater.

Herr Kammerer, wie gestaltet sich die doppelte Rückkehr, nach Österreich und auf die Bühne?

Spannend. Als wir jetzt auf der Probebühne begonnen haben, waren das genau zwei Jahre und zwei Tage, nachdem ich dort zuletzt gestanden bin.

Und auf der Bühne?

Im März oder April 2023. Und plötzlich bin ich wieder da und merke, wie gut es funktioniert. Es läuft, ich fühle mich sehr wohl. Aber es braucht ein bisschen Gewöhnungszeit. Und es braucht Kraft.

Wo sind Sie denn nun eher zu Hause? Auf der Bühne oder vor der Kamera?

Mittlerweile mehr im Film. Die Bühne war mein Zuhause, seit ich mit 19 Jahren, schon während des Studiums, in den Beruf eingestiegen bin. Und jetzt, neun Jahre später, ist es auf einmal der Film, vielleicht auch deshalb, weil ich immer nur das andere gekannt hatte. Aber ich finde es wunderbar, einen kurzen Stopp am Theater einzulegen.

Wie kurz wird denn der Stopp?

Das kann ich nicht sagen. Fürs Erste ist es wohl der letzte auf einige Zeit, weil neue Filmprojekte anstehen, die das Theater wieder ein bisschen schwieriger machen.

Sie meinen den Film über den Tennisspieler Gottfried von Cramm?

Das ist noch gar nicht so klar. Geplant ist, dass wir in nächster Zeit konkreter zu planen beginnen, wann Drehstart sein wird und wann wir damit herauskommen. Das steht noch in den Sternen.

Das heißt, es gibt vorher noch andere Filmprojekte?

Ja, amerikanische und englische. Vier stehen zur Auswahl, von denen zwei oder drei realistisch sind. Aber am Ende wird es dann vielleicht doch nur einer, schon wegen des Zeitrahmens.

Wieder für Netflix?

Das wird sich zeigen. Aber es sind jedenfalls auch Netflix-Produktionen dabei.

Nun hätte ich darauf gewettet, dass ich Sie hier auf Jahre in keiner Premiere mehr sehe. Was hat Sie denn konkret zurückgebracht?

Ich hatte Lust, mich nach zwei Jahren wieder etwas herunterzukühlen. Und dann ist es doch wichtig, mit der Familie Zeit zu verbringen. Wenn man dort, wo man zu Hause ist, im Theater arbeiten kann, ist das ein Riesenglück, das man dankend annimmt.

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Ich muss kein Geheimnis daraus machen, dass ich jetzt Vater bin. Es hat mir geholfen, Ruhe zu geben, Pause zu machen, mich zu setzen und die neuen Umstände einzuatmen

Was darf man sich in diesem Zusammenhang unter Familie vorstellen?

Dass ich seit dem Herbst eine eigene Familie habe.

Gratulation! Sohn oder Tochter?

Kind, und es ist eine fantastische Zeit. Ich muss auch kein Geheimnis daraus machen, dass ich jetzt Vater bin. Ansonsten würde ich mit meinem Privat­leben gern diskret bleiben. Aber jedenfalls hat es mir geholfen, Ruhe zu geben, Pause zu machen, mich zu setzen und die neuen Umstände einzuatmen. Und dann wieder loszulegen.

Sie waren ja selber ein Reisekind, sind mit Ihrer Mutter durch die Opernhäuser gezogen. Wird auch Ihr Kind mit Ihnen die Welt umrunden?

Das wird sich zeigen. Für mich war es eine magische Welt, in die ich als Kind eintauchen konnte. Wie das jetzt in meinem Leben sein wird, das wird sich he­rausstellen. Planen lässt sich sowas nicht, da kann man nur Schritt für Schritt schauen.

Zumal ja ein Drehort im australischen Dschungel nicht mit der Garderobe in der Metropolitan Opera zu vergleichen ist. Aber lassen Sie uns zur Bühne zurückkehren. Sie und Joachim Meyerhoff werden als spektakuläre Kombination, als Coup der Direktion gefeiert.

Es ist eine Riesenehre und ein Glück, mit Joachim zu arbeiten. Als ich angefangen habe, hier ins Theater zu gehen, war er noch Ensemblemitglied. Ich habe alles von ihm gesehen, auch als Team mit Jan Bosse. In so ein verschworenes Team einzusteigen, ist etwas Besonderes. Ich habe diesmal verhältnismäßig wenig zu tun, und das ist gut so, weil man mehr Zeit hat, sich mit der Rolle auseinanderzusetzen. Wir haben wenig Probenzeit, arbeiten aber sehr effizient. Bisher ist es eine richtig feine Arbeit.

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Meyerhoffs Selbstentäußerung war immer außergewöhnlich, so wie auch Sie bei „Im Westen nichts Neues“ an Grenzen gegangen sind.

Aber genau da ist ein Unterschied zwischen Film und Theater. Man verausgabt sich bei beiden anders. Im Film hat man Pausen, in denen man sich zurückziehen kann. Aber zum Beispiel die unfassbare Textmenge von Rainald Goetz’ „Reich des Todes“, das wir am Akademie­theater gespielt haben: Da fühlt man sich nach jeder Vorstellung, als habe man einen kompletten Film gedreht.

Nun läuft im November Guillermo del Toros „Frankenstein“ an. Wen spielen Sie denn da?

William Frankenstein, im Original der junge Bruder von Professor Viktor Frankenstein. Im Buch kommt er nur in einem Brief vor, er ist mit fünf Jahren gestorben, und sein Tod war der Auslöser für den Professor, sich auf die Suche nach dem Monster zu machen. Aber Guillermo del Toro hat William zum großen Antagonisten seines Bruders gemacht. Er ist Mitte 30, ungefähr in meinem Alter also. Guillermo setzt den Frankenstein höchst autobiografisch um. Das ist ein Material, das ihn seit seiner Kindheit beschäftigt, er hat die letzten 30 Jahre an diesem Drehbuch geschrieben. Man merkt, wie viel Herzblut da reinfließt, wie viel seiner eigenen Geschichte und seines eigenen Charakters. Zum Arbeiten ist er ein einziger Schatz, ein herzlicher Mensch, der ganz genau weiß, was er will. Die Leidenschaft, die er für das Projekt hegt, fordert sehr viel Kraft und Arbeit. Aber die macht man gern, weil er entspannt und liebevoll ist und einem den Raum gibt, das zu tun, wofür man geholt wurde.

Wenn Sie nun aus den USA nach Österreich zurückkehren, von Trump zu Kickl, wie viel Freude bereiten denn diese Entwicklungen?

Gar keine, weil beide schlimme Persönlichkeiten sind, die menschenfeindliche Politik propagieren. Es ist erschreckend, dass beide so viel Rückhalt bei den Wählern haben. Das sagt viel über uns und die Gesellschaft, in der wir leben. Wenn man nicht konkret in der Politik arbeitet, kann man nur darauf hinarbeiten, in seiner kleinen Bubble immer wieder nachzufragen und zu verstehen versuchen. Was wird durch die denn besser? Gar nichts. Und wie sie unter dem Deckmantel agieren, für den „kleinen Mann“ da zu sein, der ihnen vollkommen gleichgültig ist! Wenn man von den USA nach Österreich pendelt, weiß man kaum, in welches Land man weniger gern möchte. Man wird es müde, die ganze Zeit darüber nachzudenken. Man braucht dazwischen immer wieder eine Pause, so ein bisschen Schönheit, in den Park gehen und vergessen, dass rund­herum Politik passiert.

Was nun Ihre nächsten Filmprojekte angeht, sind das Protagonistenrollen?

Teils, teils. Sehr große und wiederum auch kleine. Ich habe das Privileg der Auswahl, und dabei ist mir egal, wie groß die Rolle ist. Sie muss mich interessieren, und wenn ich dann nur zehn Drehtage habe, ist das auch genug.

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 © Matt Observe/News

Sie haben für „Im Westen nichts Neues“ quasi das Kriegshandwerk erlernt. Müssen Sie sich für den Film über Gottfried von Cramm nun ins Turniertennis einlassen?

Wir machen das mit KI.

Tatsächlich?

Nein, das war ein Scherz. Sobald ich weiß, wann die Produktion stattfinden wird, werde ich auch mit dem Tennisspiel beginnen, so wie ich mich monatelang mit dem Gewehr eingeübt und hart trainiert habe, um nicht vor Erschöpfung im Matsch zu versinken.

Spielen Sie denn Tennis?

Keine Spur, überhaupt nicht. Aber für den Film lässt sich alles lernen, und man hat damals ja auch kein modernes Tennis im heutigen Sinn gespielt wird, mehr Tanz als Hochleistungssport, mit anderen Schlägern auf anderem Untergrund.

Haben Sie sich schon einen berühmten Coach ausgesucht? Boris Becker? Thomas Muster?

Ja, ich habe schon jemanden im Kopf.

Um zur Theaterrolle zurückzukehren: Sie rebellieren da schwer gegen Ihren berühmten Vater. Waren Sie ein rebellisches Kind?

Ich war damals genauso, wie ich heute bin. Ich bin sehr bestimmt und weiß ganz genau, was ich möchte und was nicht. Ich sage gern meine Meinung, aber ich bin nicht laut, eher klar und ruhig. So war ich schon als Kind. Meine Eltern erzählen mir, dass ich Leuten, die mir komisch vorkamen, schon mit vier Jahren nicht die Hand geben wollte.

Zum Beispiel?

Einem berühmten Opernregisseur. Und dabei belassen wir es bitte.

Lassen Sie mich noch einmal zum Beginn des Gesprächs zurückkehren. Darf man mit einer nächsten Premiere am Burgtheater rechnen?

Das weiß ich nicht. Ich fände es total schön, aber ich kann über das nächste Jahr hinaus kaum planen, weil so viele Unsicherheiten da sind, welches Projekt zustande kommt. Sollte sich gar keines ergeben, kommt vielleicht wieder das Theater. Oder es gibt die nächsten zehn Jahre überhaupt kein Theater mehr.

Nehmen Sie sich Brandauer zum Vorbild, der ein Filmstar war und doch immer Theater gespielt hat?

Das war eine andere Zeit, und ich habe selten Leute vor Augen, an denen ich mich orientiere, weil ich ja ein anderes Leben und andere Lebensumstände habe als sie. Ich würde da vielleicht dem falschen Wunsch hinterherfliegen. Und ich weiß ja nicht, ob sie überhaupt glücklich sind. Wer weiß schon, ob Brandauer glücklich ist mit dem, wie alles lief.

Ist er?

Ich habe ihn noch nicht gefragt. Ich habe ihn ja nur einmal getroffen, bei einem Essen zu Beginn der Ära Kusej im September 2019. Ich kam frisch von der Schauspielschule und konnte nicht glauben, dass ich dem großen Brandauer gegenübersitze.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.07/2025 erschienen.

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