Ella Emhoff: Die Gen-Z-Ikone im US-Wahlkampf

Es war nicht einfach, beim Parteitag der Demokraten Ende August in Chicago aus der Masse an unterhaltsamen Höhepunkten zu stechen. Die Obamas teilten pointiert gegen Trump aus („Wer sagt ihm, dass der Job, den er haben will, einer dieser schwarzen Jobs sein könnte?“). Vize-Kandidat Tim Walz beeindruckte mit einer feurigen Ansprache vom Format einer Football-Trainer-Kabinenrede („Wir können schlafen, wenn wir tot sind!“). Jill Biden rührte mit ihrer Liebeserklärung an Ehemann Joe zu Tränen und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris festigte ihren Ruf als freudige Kämpferin. Dazwischen erblühte mit Ella Emhoff eine 25-jährige Künstlerin, die auch als Model arbeitet, unaufgeregt als Sympathieträgerin und Role Model einer jungen, tatkräftigen Generation.

Im asymmetrischen, schulterfreien Kleid mit handgekräuseltem Tüllrock wählte Ella Emhoff, Stieftochter von Kamala Harris, einen mädchenhaften Auftritt. Mit der Farbe Weiß huldigte sie dem Dresscode des Abends, der zur Erinnerung an die Suffragettenbewegung, die US-Frauen 1920 das Wahlrecht ermöglichte, ausgerufen war.

Inmitten femininer Businesslooks setzte Emhoff auf die Lieblingskombination der Gen Z: Zum Kleid trug sie hohe, weiße Socken und schwarze Mary Jane-Flats. Ihr Kleid stammte von Social-Media-Star, Designer Joe Ando. Das Blumendetail am Schulterriemen hat Emhoff selbst gehäkelt.

Ihre Worte am Parteitag unterstrichen ein auffälliges, aber unaufgeregtes Selbstverständnis. Sie sei 14 Jahre alt gewesen, als Kamala Harris in ihr Leben trat, „bekanntermaßen eine sehr einfache Zeit für einen Teenager“, scherzte sie. „Wie viele junge Menschen verstand ich nicht immer, was ich fühlte, aber egal was passierte, Kamala war für mich da. Sie war geduldig, fürsorglich und hat mich ernst genommen. Sie hat nie aufgehört, mir zuzuhören, und sie wird auch in Zukunft nicht aufhören, uns allen zuzuhören.“

CNN feierte Emhoff als Stilikone, die „eine neue Ära des jungen, modernen politischen Power-Dressings“ einläute.

Ins Licht der Öffentlichkeit trat Emhoff bei Joe Bidens Amtseinführung im Jänner 2021 in einem mit Edelsteinen besetzten Mantel mit Hahnentrittmuster von Miu Miu. Im gleichen Monat unterschrieb sie bei IMG-Models, wenig später schloß sie ihr Kunststudium mit Schwerpunkt Textilien und Bekleidung an der Parsons School of Design in New York City ab. Harris postete damals Anerkennung: „Herzlichen Glückwunsch an unsere Tochter Ella zu ihrem Abschluss. Ich bin so stolz auf dich. Träume ehrgeizig weiter, es gibt nichts, was du nicht erreichen kannst.“ (Emhoff revanchierte sich im Juli 2024 mit einer öffentlichen Liebesbekundung an Harris via Instagram.)

Als Teil der A-Liste der Agentur IMG, die auch Gigi Hadid, Bella Hadid und Hailey Baldwin vertritt, modelte Ella Emhoff schnell für Balenciaga, posierte für Vanity Fair und lief bei Schauen für Miu Miu, Proenza Schouler oder Maisie sWilen. Im September 2021 wurde sie das Gesicht der Adidas by Stella McCartney-Kampagne.

Natürliche Schönheit, die ohne gezupfte Augenbrauen und rasierte Achseln auskommt wurde Emhoffs Markenzeichen. „Als ich jünger war, habe ich meine Augenbrauen gezupft, aber ich habe damit aufgehört und liebe es. „Jeder sollte seine kleinen Unibrows akzeptieren“, sagte sie 2021 in einem Video für „Good Morning Vogue“.

Im Frühjahr 2021 brachte Emhoff ihre erste Strickkollektion auf den Markt. „Ich bin eine Ein-Frau-Show“, erklärte sie „Women’s Wear Daily“. Privat bestätigte sie damals, mit GQ-Modeautor Sam Hine liiert zu sein. Das Paar adelte fortan die Gästelisten aller New Yorker Events, die als cool galten. Nebenbei forcierte sie den „Soft Hands“ Strickclub, den sie gründete, damit man „ein so einzigartiges Hobby nicht alleine betreiben muss“. Rund 440.000 Follower feiern auf Instagram Emhoffs Kunst und Liebe zum Stricken. Ihnen gilt sie als „First Daughter of Bushwick“. Bushwick ist der Teil Brooklyns, der viele kunstsinnige, tätowierte Mittzwanziger beheimatet, unter ihnen Ella Emhoff.

Die Popularität von Emhoffs Designs stieg vor allem im Vorjahr, als die Vogue über ihre Pop-up-Schau auf der New Yorker Modewoche berichtete und Harper’s Bazaar sie zur „Ikone“ des Jahres adelte. „Schockierend“, fand Emhoff, vor allem „für jemanden, der sich selbst nicht so sieht“.

Ihr Partner Hine, mit dem sie am liebsten „verrückte Sachen auf dem Markt“ kauft, „um zu sehen, was man damit kochen kann“, formulierte den Grund für Emhoffs steile Karriere gegenüber dem Magazin „People“ so: „Sie ist sie selbst und das ist die Botschaft. Sie ist ein echtes Individuum. Das ist es, was eine Ikone ausmacht.“

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 36/2024 erschienen.