Hotelierslegende Herbert Lürzer doubelte Paul McCartney beim Dreh des Beatles-Klassikers „Help!“ in Obertauern. Im News-Gespräch erinnert er sich an die turbulenten Tage im März 1965, als die Fab Four den Skiort schlagartig weltweit bekannt machten, und daran, wie er danach sein außergewöhnliches Hotel- und Après-Ski-Imperium aufbaute.
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Vor 60 Jahren, im März 1965, war das Salzburger Obertauern, anders als heute, ein nicht besonders bekannter Skiort – was sich aber schlagartig ändern sollte. Denn am 14. März 1965 fiel die erste Klappe für den Beatles-Film „Help!“, und das machte Obertauern weltweit bekannt. „Obertauern war plötzlich in aller Munde“, erinnert sich Herbert Lürzer, 82, der damals erst am Anfang seiner Karriere als erfolgreicher Hotelier stand und bei den Dreharbeiten Paul McCartney auf Skiern doubelte.
Weil keiner der Beatles – mit Ausnahme von John Lennon – zuvor auf zwei Brettern gestanden war, suchte der örtliche Skischulleiter Franz Krallinger vier junge Männer, die nicht nur Ski fahren, sondern auch einigermaßen gut Englisch sprechen konnten. Und so kam Lürzer, der zuvor schon als Steward für die Holland America Line gearbeitet hatte, zu dem illustren Job. Die drei anderen Doubles waren der bereits verstorbene Franz Bogensberger (John Lennon), der mittlerweile gesundheitlich angeschlagene Hotelier Gerhard Krings (George Harrison) und der heute in den USA lebende Hans Pretscherer (Ringo Starr).
Der Filmtrailer zu "Help!"
"Help!" (1965) Originaltrailer, Regisseur: Richard Lester, mit The Beatles, Leo McKern, Eleanor Bron, Victor Spinetti
Ich habe zu Paul McCartney gesagt, ich bin zwar dein Skilehrer, aber nicht dein Bediensteter. Danach haben wir uns gut verstanden.


Herbert Lürzer steht neben der Statue von Paul McCartney vor dem Hotel Edelweiss – jenem Musiker, den er einst doubelte. In diesem Hotel übernachteten die Fab Four während ihrer Zeit in Obertauern. Paul McCartney wohnte 1965 während der Dreharbeiten in dem heutigen Zimmer Nr. 216
Unvergessliche Dreharbeiten
„Es war eine super Zeit. Wir haben neue Ski, Schuhe und eine komplette Ausrüstung bekommen und hatten eine Riesengaudi.“ Und für die damalige Zeit gab es obendrein viel Geld – nämlich 1.000 Schilling pro Drehtag, und das fast zwei Wochen lang. „Rückblickend betrachtet war das schon ein Riesenglück“, so Lürzer, der noch immer viele Anekdoten über die unvergesslichen Dreharbeiten zum Besten geben kann.
Zum Beispiel diejenige, wie er zwischen sich selbst als Einheimischem und dem Superstar gleich zu Beginn Grundsätzliches klargestellt habe: Als Paul McCartney beim Üben ein Handschuh zu Boden fiel, habe dieser zu ihm in bestimmten Ton gesagt „Pick it up“, und er erwiderte: „Ich bin zwar dein Skilehrer, aber nicht dein Bediensteter. Das mache ich nicht, aufheben musst du ihn selber.“
Als jemand, der von Hunderttausenden Fans vergöttert wurde, war McCartney so eine Antwort offenbar nicht gewohnt, habe das aber gleich respektiert. „Und danach haben wir uns gut verstanden – wir waren ja alle auch ungefähr gleich alt.“ Überhaupt seien die Beatles abseits ihres Starruhms sehr freundliche und umgängliche Menschen gewesen – wenngleich im Hotel Edelweiß, wo die Fab Four untergebracht waren, dafür gesorgt wurde, dass ihre Privatsphäre gewahrt blieb. Ganz ohne Bodyguards, die damals noch nicht üblich waren. Zur guten Stimmung trug auch bei, dass ihre Single „Eight Days a Week“ gerade die Spitze der US-Charts erreicht hatte.
Lustig sei gewesen, dass er als Double, mit Paul McCartneys Pelzjacke, Sonnenbrille, geschminkt und mit Perücke ausgestattet, von den immer häufiger auftauchenden Fans des Öfteren für diesen gehalten worden sei, so Lürzer: „Da ist es schon mal vorgekommen, dass ich – und auch meine Kollegen – Autogramme gegeben haben.“ Oder dass die Einheimischen bei der Ankunft der Fab Four gemutmaßt hätten, ob es sich bei den vier Pilzköpfen womöglich doch um „schiache Weibersleut“ handle und dass ihnen die modernen und schicken Frauen der Beatles in ihren Swinging-London-Stil sehr ungewöhnlich vorgekommen seien.
Der Film "Help!"
von Regisseur Richard Lester erzählt die skurrile Geschichte eines Diamantrings, den Ringo Starr nicht mehr vom Finger bekommt und wegen dem er und die Band von einer Sekte von London über die Alpen bis auf die Bahamas verfolgt werden. Das bewusst gewählte Obertauern war eine ideale Kulisse: schneesicher, idyllisch und damals noch weitgehend unbekannt. Der Plan, so große Fanmassen beim Dreh zu vermeiden, ging nur unzureichend auf. Die Filmarbeiten machten Obertauern international berühmt.


Obwohl das damals weitgehend unbekannte Obertauern bewusst als Drehort für „Help!“ gewählt worden war, strömten Fans in den Skiort, um einen Blick auf ihre Idole zu werfen und um womöglich ein Autogramm zu bekommen
© Bachmann / dpa Picture Alliance / picturedesk.comEinziges Konzert in Österreich
Auch mit der Musik hatten es die örtliche Bevölkerung und Doubles, denen gar nicht bewusst war, wie weltberühmt die Beatles damals schon waren, anfangs nicht so, schildert McCartneys Double: „Die Oberkrainer oder der Zillertaler Hochzeitsmarsch waren das nicht, und erst als wir sie spielen gehört haben, hat sich unsere Meinung geändert.“
Immerhin wurden Lürzer und Kollegen Zeugen des einzigen Konzerts, das die Beatles je in Österreich spielten – und zwar in der Bar des Hotels Marietta, wo die Crew des Filmdrehs untergebracht war. Am 18. März stieg dort eine Geburtstagsparty, bei der die Beatles zu den Instrumenten griffen und sowohl Songs aus ihrer Hamburger Anfangszeit als auch ihre aktuellen Hits zum Besten gaben. Lürzer: „Danach haben sie uns dann gefragt, ob uns ihre Musik gefallen hat, was wir natürlich bejaht haben.“ Obwohl sich anfangs noch einige der Hotelgäste wegen Ruhestörung beschwerten, wurde es ein rauschendes Fest, das bis vier Uhr morgens dauerte.
Ebenso wenig, wie sie die Handlung des Films „Help!“ verstanden hatten, hätten sie skifahrtechnisch im Dreh wirklichen Sinn gesehen, erinnert sich Lürzer: „Wir mussten über Hütten springen oder einmal durch ein kleines Hotel durchfahren und den Beatles zeigen, wie man Ski fährt. Was uns auch gelungen ist, denn am Schluss konnten sie zumindest über kleine Hügel runterkommen.“
Die Legende, wonach er mit dem Geld, das er als Paul McCartney-Double verdient hat, sein späteres Imperium aufgebaut habe, stimme indes so nicht ganz, sagt der spätere Hotelier. „1.000 Schilling pro Tag war damals eine tolle Bezahlung, aber ein Haus konnte man sich davon auch nicht kaufen.“ Vielmehr habe er einen Kredit aufgenommen, für den sein Schwiegervater bürgte. „Aber natürlich haben die Filmeinnahmen sehr bei der Kreditrückzahlung geholfen. Meine Frau und ich haben aber auch viel gearbeitet.“
Denn zu der Pension Kesselspitze, die aus einer von den Eltern gekauften Almhütte hervorgegangen ist, die er und seine Frau 1968 übernahmen und zum Hotel umbauten, kamen sukzessive weitere Grundstücke. Es kam zur Errichtung des legendären Après-Ski-Tempels Lürzer Alm, zum Erwerb des Hotels Edelweiß sowie weiteren unternehmerische Aktivitäten, die die Familie Lürzer in Obertauern zur Größe machten.
Unternehmergeist und Findigkeit bewies Lürzer auch, als er nach einer USA-Reise mit der Idee zurückkam, die dort sehr beliebten Spareribs und Chickenwings auch in der Heimat in seinem Betrieb anzubieten. „Am Anfang hat sie uns der Fleischer geschenkt, weil sie für ihn nur Abfall waren. Dann wurden sie aber rasch ein Renner und von den anderen kopiert.“ Auch bei Après-Ski war er mit der Lürzer Alm vorne mit dabei. „Wir waren die ersten, die einen DJ hatten und versucht haben, das professionell zu gestalten. Zuvor war das eher eine ungeplante Gaudi, bei der jemand auf der Hütte seine Gitarre ausgepackt und gesungen hat.“
Beatles-Events in Obertauern
Auch in der Gemeinde ist man sich der nachhaltigen touristischen Wirkung der Beatles bewusst: „Der Werbeeffekt der ‚Help!‘-Dreharbeiten war enorm. Das war eine Initialzündung für den Wintertourismus in Obertauern“, sagt Lukas Eisl, Marketingchef des Tourismusverbands. „Ab dem Zeitpunkt waren wir über Salzburg hinaus bekannt, und jeder wusste, dass es hier auch im März tollen Schnee gibt.“ Beatles und der Film „Help!“ seien ein USP, den andere Orte nicht haben, weshalb man jetzt zum 60-Jahre-Jubiläum der „Help!“-Dreharbeiten eine Reihe von Events veranstaltet: von der Fotoausstellung von Christian Skrein ab dem 6. März bis zum großen Beatles-Symphonic-Tribute-Konzert mit Monika Ballwein und der Philharmonie Salzburg am 28. März.
Beatles als Gästemagnet
Heute ziehen die Beatles in Obertauern noch immer, sagt Lürzer. „Viele Gäste buchen im Hotel Edelweiß eines der Zimmer, in denen seinerzeit die Fab Four übernachtet hatten.“ Die vier speziellen Zimmer (Nr. 214, 216, 218, 219) sind auch mit dem Namen des jeweiligen Beatles, der dort übernachtet hat, gekennzeichnet – damit man das seines Lieblings bekommen kann. Wenn auch heute der Komfort der Zimmer ein ganz anderer als der von 1965 ist, ist die Raumgröße doch gleich geblieben.
Nach den Dreharbeiten wollte Lürzer übrigens Kontakt zu Paul McCartney herstellen, was ihm aber selbst über Vermittlungsversuche von McCartneys Nachbarn nicht gelang. Lürzer: „Ich denke, er wurde damals schon vom Management total abgeschirmt.“