Abgemagert und krank erreichten Aviva und Avraham Gold 1946 Israel und versuchten, nach den Schrecken des Konzentrationslagers ein neues Leben zu beginnen. 1962 wurde ihr Sohn Danny (Daniel) geboren, der viele Jahre später als Techniker in der israelischen Rüstungsindustrie sein Projekt für das neue Raketenabwehrsystem Iron Dome den Vorgesetzten präsentierte – die eher skeptisch reagierten. Nach dem Militärdienst studierte Danny Gold Elektronik und Ökonomie am Technion in Haifa, einer der besten technischen Universitäten der Welt mit vier Nobelpreisträgern.
Seine revolutionäre Idee, Raketenabwehr nicht als stabiles, unbewegliches System zu verstehen, sondern als bewegliche Einheit, die in kurzer Zeit an verschiedenen Punkten des Landes eingesetzt werden könnte, überzeugte die verantwortlichen Militärs nicht. Danny Gold begann ohne Bewilligung mit der Realisierung seiner Idee und arbeitete mit einem Team des Forschungszentrums des Verteidigungsministeriums (Defense Research & Development – DDR&D). 2012 bekam er den ‚Israel Defence Prize‘, war der gefeierte Star der israelischen Militärtechnologie und wurde 2016 zum Direktor des Forschungszentrums DDR&D ernannt. Er ist der kreative, intellektuelle Kopf der israelischen Militärstrategie und hält den Rang eines Generals der israelischen Armee.
Drei Einheiten
Grundlegende Theorie des Iron Dome ist die Trennung der Abwehr in drei verschiedene Systeme: Die Erkennung der Gefahr – die Analyse der Gefahr – und die Reaktion auf die Gefahr. Da die meisten Raketen aus kürzester Distanz kommen, im Süden aus Gaza und im Norden aus Libanon, waren konservative Abwehrsysteme oft zu langsam, auf Raketen zu reagieren, die innerhalb weniger Minuten Israel erreichten.
Drei Einheiten sollten entwickelt werden, die selbstständig funktionsfähig sind, und dennoch untereinander Informationen austauschen. Alle drei Komponenten müssten beweglich, an verschiedenen Orten unabhängig von Licht und Wetter einsatzfähig sein. Daraus entstand das mobile Drei-Komponenten-System Iron Dome. Die erste Einheit hat die Aufgabe, feindliche Raketen so früh wie möglich zu erkennen. Schon der Abschuss wird registriert, die Richtung, die Reichweite und der Sprengkopf. Informationen der Geheimdienste werden integriert, wo der Feind Raketen lagert, wo Abschussrampen installiert wurden, um schon die Vorbereitung eines feindlichen Angriffes auszuwerten.
Die zweite Einheit analysiert diese Daten. Der mögliche Einschlag wird berechnet, der potenzielle Schaden, erreicht die Rakete Israel, könnte sie in einem unbewohnten Teil des Landes landen oder ist sie eine Gefahr für bewohnte Gebiete. Auf der Grundlage der Auswertung kann das System selbstständig entscheiden, ob die Rakete in einer sogenannten Schutzzone landen könnte und daher aus Sicherheitsgründen zerstört werden sollte.
Treffsicherheit
Erst die dritte Einheit reagiert mit Abwehrraketen auf den feindlichen Angriff. In Israel befinden sich etwa zehn mobile Abwehrsysteme. Jede kann bis zu sechs feindliche Raketen gleichzeitig abwehren. Die Raketen sind mit einem Radar-Suchkopf und einem Steuerleitwerk ausgerüstet, das ihnen eine hohe Manövrierfähigkeit verleiht. Iron Dome ist anderen Abwehrsystemen in der Treffsicherheit weit überlegen. Kanada, Indien, Finnland, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Großbritannien und Tschechien verhandeln derzeit mit Israel, Modifikationen von Iron Dome zum übernehmen.
„Der Iron Dome hat eine 90-prozentige Treffsicherheit, doch wir arbeiten bereits mit neuen Techniken und sind unseren Gegnern in der Entwicklung zwei oder drei Generationen voraus“, sagte Danny Gold in einem Interview, „eine Rakete aus dem Iran könnte Israel in zehn bis zwölf Minuten erreichen, darauf müssen wir uns vorbereiten.“
Eines der neuen Projekte ist das Abwehrsystem mit Laserstrahlen, das Iron Beam. Das System ist einfacher und kostengünstiger als Raketen aus dem Iron Dome, und Laserstrahlen erreichen das feindliche Objekt mit Lichtgeschwindigkeit.
Trifft der Strahl auf Metall, schmilzt es, ein Treibstoffdepot würde in wenigen Sekunden explodieren. Ein Lasersystem wurde probeweise auf einer einfachen Cessna montiert und konnte Fahrzeuge, Panzer, Drohnen und Abwehrsysteme innerhalb von Sekunden außer Kraft setzen. Lasersysteme benötigen keine komplizierten Abschussrampen und könnten auf jedem Zivilflugzeug befestigt werden.
Biotechnologie
Eine weitere Forschungsgruppe beschäftigt sich mit Satelliten. Israel ist eines von 13 Ländern weltweit, das über Trägerraketen und Spionagesatelliten verfügt. Manche von ihnen – sogenannte Nano- oder Mikrosatelliten – wiegen weniger als zehn Kilogramm, können jede Bewegung und jedes Gebäude bis zum kleinsten Detail registrieren, sind dennoch kaum zu entdecken.
„In zukünftigen, kriegerischen Auseinandersetzungen wird der Mensch durch künstliche und biologische Intelligenz bei Kampfhandlungen weitgehend ersetzt werden“, erklärte Danny Gold in einem Interview mit der Jerusalem Post, „automatisierte Angriffs-und Verteidigungssysteme werden selbstständig Bedrohungen und Gefahren erkennen und ohne Zeitverlust reagieren, selbst Waffennachschub und Energieversorgung könnten Maschinen übernehmen. Ein weiteres Gebiet, auf dem wir forschen, ist die Biotechnik, dem Einsatz mit lebendem Material. Wir arbeiten mit Mikroorganismen, die biotechnisch manipuliert werden, zum Beispiel Bakterien, die mit Erzeugung von Licht auf Sprengstoff reagieren, das von Drohnen registriert wird, die auf die Gefahr reagieren. Das sind biologisch aktive Abwehrsysteme, die völlig unabhängig von Entscheidungen der Menschen funktionieren. Die Zukunft unserer Verteidigungssysteme hat erst begonnen.“