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Alois Schwarz, derProblem-Bischof

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Der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz kommt nicht aus der Kritik. Nach den Zerwürfnissen während seiner Zeit als Kärntner Bischof wiederholt er nun auch in Niederösterreich seine umstrittenen Führungs- und Managementmethoden - und verstört damit Gläubige, Laien und Kirchenmitarbeiter. Jetzt formiert sich auch im Klerus Widerstand gegen den Problem-Bischof.

Wenn es in der katholischen Kirche vor allem um Leid, Vergebung und Erlösung geht, scheint Bischof Alois Schwarz genau der Richtige zu sein obwohl: Bei ihm dürfte weniger die Erlösung im Vordergrund stehen als vielmehr das Leid. Denn wo immer auch Alois Schwarz seiner klerikalen Tätigkeit nachgeht, fühlen sich Gläubige, Laien und kirchliche Mitarbeiter vor den Kopf gestoßen, übergangen, missachtet oder verletzt.

Das war in den 17 Jahren als Kärntner Bischof so und ist es offenbar jetzt auch in der Diözese St. Pölten, wo er seit 1. Juli 2018 als Kirchenoberster tätig ist. In der Diözese Gurk, wo er viel verbrannte Erde samt einer exorbitant hohen Zahl von Kirchenaustritten hinterließ, ist man heute froh über seinen Wechsel nach St. Pölten. Dort hingegen augenscheinlich immer weniger. Denn auch in Niederösterreich, wo Schwarz trotz der Vorkommnisse in Kärnten von Politik und Bevölkerung mit Vorschusslorbeeren empfangen wurde, bringt der Bischof immer mehr Katholiken gegen sich auf.

Die Geschichte wiederholt sich sozusagen und die Vergangenheit holt Schwarz ein: In Kärnten gab es schwere Vorwürfe gegen den Bischof aufgrund seiner Amts und Lebensführung sowie möglicher Misswirtschaft, die Staatsanwaltschaft ermittelte. In Niederösterreich sind es bislang vor allem sein Führungsstil und sein Umgang mit Laien und Kirchenmitarbeitern, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Und das in Zusammenhang mit einer von ihm angestoßenen, umstrittenen Organisationsreform.

"Chaos, Aufruhr und Zorn"

Der angesehene Pastoraltheologe und Ex Universitätsprofessor Paul Zulehner berichtete vor einigen Wochen in seinem mit dem Religionsphilosophen der Uni Wien, Hans Schelkshorn, betriebenen "Blog zu Welt und Kirche" als Erster von "Chaos, Aufruhr und Zorn" in der Diözese St. Pölten. "Tiefe Enttäuschung" hätte sich breitgemacht, fasste der anerkannte Kirchenkenner die wenig erfreuliche Situation in Niederösterreich zusammen. "Ohne Gespür für die Dynamik der Organisationen der Diözese wird von Bischof Schwarz gegen einen Großteil der engsten Führungskräfte ein neuer Strukturplan aufgesetzt."

Dazu gibt es "eine Flut an verzweifelten, zutiefst erschütternden Stimmen". Mitarbeiter sähen im autoritären Vorgehen von Bischof Schwarz bei der Durchsetzung des neuen Strukturplans eine gefährliche Demontage der Diözese, mit unabsehbaren Folgen für die Kirche in Österreich. Der Bischof sei "dabei, das wichtigste Kapital einer guten Amtsführung, nämlich Vertrauen, gänzlich zu verspielen", so Zulehner, der eine durchaus naheliegende Vermutung für Schwarz' Alleingang hat: "Vielleicht treibt den Bischof die Angst, dass sein nunmehriger Zukunftsprozess in St. Pölten ebenso im Sand verläuft wie sein Leitbildprozess in Kärnten." Zulehner fordert nun als "das Mindeste", dass eine externe Kommission zur Aufarbeitung der Vorkommnisse eingerichtet wird.

"Kirchliche Tragödie"

Auch der als Stimme der Opfer von Ex Kardinal Hans Hermann Groër sowie Mitinitiator der Pfarrer Initiative bekannte Pater Udo Fischer ortet "eine kirchliche Tragödie, die sich derzeit in der Diözese St. Pölten abspielt". Erneut sei ein Bischof nach Niederösterreich strafversetzt worden mit voraussehbaren Folgen, so Fischer, der bis heuer eine unabhängige Kirchenzeitung betrieb und über "die katastrophale Entwicklung" in St. Pölten nun auf einer Onlineplattform berichtet.

Doch worum geht es bei der umstrittenen Strukturreform genau?

Nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020 hatte sich Bischof Schwarz entschlossen, eine organisatorische Neuausrichtung der Diözese St. Pölten anzugehen. Dafür wurde von ihm die Kärntner Unternehmensberatung Bold Enterprise Business, Organizational & Leadership Development GmbH beauftragt, für die Diözese eine neue, "flache" Organisationsstruktur zu entwerfen. Und zwar ohne die Einbindung wesentlicher kirchlicher Gremien oder Betroffener. Auch wird der Vertrag dessen Auftragswert sich auf bis zu 150.000 Euro belaufen soll streng geheim gehalten. Was in kirchlichen Kreisen ebenso kritisiert wird wie der Umstand, dass die beauftragte Managementberatung kein ausgewiesenes theologisches Know how habe: "Einer Firma ohne Erfahrung bzw. ohne Kenntnis kirchlicher Vorgänge wurde offensichtlich mehr vertraut als Verantwortungsträgern und Mitarbeitern innerhalb der kirchlichen Strukturen", heißt es.

Reduktion der Eigenständigkeit

In der Folge wurden mit 50 Personen Gespräche zur Statusdiagnose geführt, die in einem reinen Defizitbericht gemündet seien, so die Kritik. Damit sei später die Filetierung der Pastoralen Dienste in der Diözese begründet worden. Mit einer geplanten Verflachung der Organisation soll die weitgehende Eigenständigkeit dieser mit 180 Mitarbeitern größten Dienststelle der Diözese reduziert, deren Leitung abgeschafft und die Abteilung direkt dem Bischof und dem Generalvikar untergeordnet werden, so Zulehner in seinem Blog. Der bisherige Leiter sei vom Bischof einen Tag vor der Präsentation des neuen Organigramms vom Auslaufen seiner Funktion in den Pastoralen Diensten informiert worden.

Obwohl dieser von vielen engagierten ehren wie hauptamtlichen Mitarbeitern der Diözese als "vertrauensvoll und loyal" beschrieben wurde, sei er aus Sicht des Bischofs gegen die Pläne gewesen und habe zu einer "durchaus konflikthaften Situation" beigetragen. Und nachdem Mitglieder des Reform Lenkungskreises Kritik an der Beraterfirma geübt hatten, setzte Bischof Schwarz kurzerhand den Lenkungskreis ab und führte diesen in einen diözesanen Führungskreis über, dessen Auftrag es ist, die Ergebnisse des Prozesses umzusetzen, heißt es. Zudem habe Schwarz das Domkapitel als Kontrollinstanz geschwächt, indem er dort einen jungen, ihm ergebenen Leiter eingesetzt habe, wird berichtet.

Verfahrene Situation

Inzwischen soll die Situation in der Diözese so verfahren sein, dass katholische Laienorganisationen heftig protestieren und Führungskräfte ihre Jobs von sich aus niederlegen: so der Leiter des für Hunderte katholische Religionslehrer in Niederösterreich zuständigen Schulamts. Auch das erinnert an die Zeit von Schwarz in Kärnten, wo es einen auffälligen Wechsel von Führungskräften in der Diözese bzw. untergeordneten Unternehmen gab. Insbesondere im Stift St. Georgen am Längsee, wo die enge Vertraute von Bischof Schwarz, Andrea E., das Sagen hatte, soll die Mitarbeiterfluktuation bis zu 60 Prozent betragen haben. Die Rede war da u. a. von mutmaßlichem Mobbing und nicht nachvollziehbaren Entscheidungen.

Was St. Pölten betrifft, so wurden mittlerweile der päpstliche Nuntius in Österreich, Pedro López Quintana, Kardinal Christoph Schönborn sowie andere Bischöfe und klerikale Stellen über die missliche Lag der Gläubigen informiert. In einem offenen, von 67 Personen unterzeichneten Brief der Katholischen Aktion ist die Rede von "Verunsicherung" und "tiefen Verletzungen, die im Rahmen des Prozesses geschehen sind". Neben vielen anderen Gläubigen haben sich auch 21 ehemalige Mitarbeiter des Pastoralen Dienstes der Diözese in einem Schreiben, das in Kopie sogar an Papst Franziskus ging, dazu geäußert.

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Darin verurteilen sie die Methoden des Bischofs, bezeichnen die Strukturreform als "nicht einer biblisch christlich orientierten, partnerschaftlichen Vorgangsweise" entsprechend und werfen ihm "Machtmissbrauch" vor ein Vorwurf, der gegen Schwarz auch schon in Kärnten erhoben worden war.

Bischof hält an Änderungen fest

Gegenüber News weist Schwarz die Kritik an der Strukturreform und an der Beauftragung des Kärntner Managementunternehmens zurück: "Die Auftragsvergabe hat im Rahmen der vermögensrechtlichen Vorgaben des Kirchenrechts korrekt stattgefunden", heißt es aus seinem Büro. In vielen gemeinsamen Gesprächen gehe es derzeit um die zukünftige inhaltliche Ausgestaltung der Ressorts. "Wir bitten um Verständnis, dass zu laufenden gemeinsamen Struktur und Organisationsüberlegungen derzeit noch keine Aussage gemacht werden kann. Die Organisationsstruktur wird, sobald final, kommuniziert", erklärt die Sprecherin des Bischofs. Dieser habe "in Bezug auf notwendige Änderungsüberlegungen von Anfang an Lösungs und Gestaltungsbereitschaft signalisiert". Inden "NÖN" sagte Schwarz, dass sämtliche Grundlagen in den Arbeitsgruppen erarbeitet" würden. In diesen seien insgesamt 20 Mitglieder, die das gesamte Spektrum der Diözese repräsentieren sollen Geistliche ebenso wie Laien, Männer ebenso wie Frauen, Ehrenamtliche , vertreten.

Geht es nach Schwarz, so soll die Strukturreform in wenigen Wochen stehen: Die Pastoralen Dienste (für die Seelsorge) sollen anstatt einer Direktion sechs Ressortleiter bekommen drei davon sollen Frauen sein. Kündigungen seien keine geplant. Die neuen Führungspositionen sollen nach Pfingsten ausgeschrieben werden, die Hearings im Juni stattfinden, so der Bischof, der versichert, dass seine "Tür für alle, die das Gespräch suchen, offen" stehe.

Schönborn ist gefordert

Vorrangig wird dies wohl Kardinal Christoph Schönborn tun müssen: Er ist gefordert, die Wogen zu glätten und Schwarz zum Einlenken zu bewegen. Obihm dies gelingen kann, wird in Kirchenkreisen freilich bezweifelt. Immerhin habe sich Schönborn auch beim Hochkochender Affäre in Kärnten diesbezüglich nich tmit Ruhm bekleckert. Aus dem Büro Schönborns heißt es jedenfalls, der Kardinal werde dem Ersuchen um Vermittlung nachkommen. "Er wird dazu demnächst Gespräche führen", so sein Sprecher, dersich ansonsten zu Details insbesondere zuden Aufgaben von Schwarz in der Bischofskonferenz die Schönborn 22 Jahre leitete bedeckt hält. Bischof Schwarz ist auch Mitglied im Aufsichtsrat des Mensalgutes des Erzbischofs von Wien.

In der Bischofskonferenz hält man sich in der Angelegenheit ebenfalls zurück: Diese sei keine "Oberbehörde" für die Bischöfe eines Landes, erklärt deren Sprecher Paul Wuthe. "Was die Amtsführung eines Bischofs betrifft, so liegt die Aufsicht darüber allein beim Papst und der vatikanischen Bischofskongregation, dem dafür zuständigen ,Ministerium'. Darüber hinauskommen dem Metropoliten einer Kirchenprovinz allgemeine Aufsichtspflichten gegenüber den anderen Bischöfen einer Kirchenprovinz, den sogenannten Suffraganbischöfen, zu", so Wuthe. "In diesem Sinn hat der Wiener Erzbischof auch eine allgemeine Aufsichtspflicht gegenüber dem Diözesanbischof von St. Pölten. Der Metropolit ist jedoch kein ,Vorgesetzter' mit Leitungs oder Disziplinarbefugnissen gegenüber dem Suffraganbischof."

Schwarz, der in der Bischofskonferen zin den vergangenen Jahren "verhältnismäßig viele Zuständigkeiten" hatte, musste zuletzt einige abgegeben: u. a. den Vorsitz in der Finanzkommission an den Feldkircher Bischof Benno Elbs und "Soziales und Umwelt" an den neuen Kärntner Bischof Josef Marketz. Schwarz ist aber weiter für den Großbereich "Pastoral, Katechese und Evangelisierung" zuständig sowie für "Wirtschaft und Landwirtschaft". Diese Entscheidung sei "im Einvernehmen mit allen Mitgliedern der Bischofskonferenz getroffen" worden und sei "Ausdruck einer gemeinsamen Verantwortung der Bischöfe für die Kirche in Österreich", so Wuthe.

Ruf nach Absetzung

Dennoch offenbar formiert sich auch in klerikalen Kreisen zunehmend Widerstand gegen den St. Pöltner Bischof: Erst jüngst hat sich eine Reihe von Pastoraldirektoren österreichischer Diözesen gemeinsam an die Bischofskonferenz gewandt. Die Leiter der Seelsorgeämter fordern die Absetzung von Schwarz als zuständigem Referatsbischof für Pastorales. In einem Schreiben weisen sie darauf hin, dass es angesichts der Pfarrgemeinderatswahlen im März 2022 ihre Arbeit erschwere, wenn der für die Seelsorge zuständige Bischof selbst im Mittelpunkt massiver Kritik wegen des Umgangs mit seinen Mitarbeitern stehe. Immerhin ist der Bereich "Pastoral, Katechese und Evangelisierung" so etwas wie die "Software der Kirche" also jener für die Verbreitung des katholischen Glaubens besonders wesentliche Bereich, heißt es.

Offene Fragen

Der Vertreter des Papstes in Wien, Nuntius Pedro López Quintana, schweigt indes beharrlich zu den Vorgängen um Bischof Schwarz so wie er es schon seinerzeit bezüglich der Vorwürfe in Kärnten getan hat. Auf Anfrage von News heißt es aus seinem Sekretariat: "Der Apostolische Nuntius kann Ihre Fragen nicht beantworten." Die Nachfrage, warum das der Fall ist oder ob der Nuntius nur nicht will, bleibt unbeantwortet. Somit auch die Frage, warum der päpstliche Visitationsbericht zur Causa Bischof Schwarz mehr als zwei Jahre nach seiner Fertigstellung noch immer nicht veröffentlicht worden ist bzw. ob das überhaupt jemals geplant ist. Dieser wurde vom Salzburger Erzbischof Franz Lackner erstellt und hatte u. a. ein angeblich unangemessenes Abhängigkeitsverhältnis von Schwarz zu seiner engen Vertrauten, möglichen Machtmissbrauch und Misswirtschaft zum Inhalt. Dem Visitationsbericht vorausgegangen war ein äußerst kritischer Wirtschaftsbericht, der unter Kärntens Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger entgegen der Weisung Roms veröffentlicht worden war. Dieser stellte der Ära Schwarz wegen fragwürdiger Personalentscheidungen und undurchsichtiger Investitionen ein vernichtendes Urteil aus.

Seitdem ist man im Klerus um Schadensbegrenzung bemüht durch Mauern auf dem Rücken der Gläubigen und auf Kosten der Transparenz. Wenig verwunderlich, dass unter den heimischen Katholiken die Empörung nach wie vor groß ist. "Es ist ein Skandal, dass der päpstliche Visitationsbericht zu Bischof Schwarz noch immer nicht veröffentlicht wurde. Es muss ja ein Resümee geben", sagt dazu Pater Udo Fischer, der für Transparenz und grundlegende Reformen in der Kirche eintritt: "Wenn jemand einmal Bischof ist, kann er tun, was er will, weil letztlich eine wirksame Kontrolle fehlt."

Der ursprüngliche Beitrag ist in der Printausgabe von News (17/2021) erschienen.

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