Es ist ein Œuvre, das in puncto Qualität und Vielschichtigkeit seinesgleichen sucht: Geprägt von expressiver Farbigkeit und dynamisch-grafischer Gestik entwickelte Alfred Kornberger (1933–2002) ein singuläres Narrativ von Weltniveau, das vor allem von erotischer Weiblichkeit und exzessiven Nächten erzählt.
Zwischen expressiver Farbigkeit, kubistischer Formensprache und dynamisch-gestischer Linie entstand in einer Schaffensphase von fünf Jahrzehnten ein Œuvre von derartig stilistischer Vielfalt, dass man beinahe zu zweifeln beginnen könnte: Wie kann ein Werk dieses Ausmaßes in bloß einem einzigen Künstlerleben entstehen? Die Antwort lieferte Alfred Kornberger mit radikaler Ausschließlichkeit: Er lebte ein Leben für die Kunst, die er allem überordnete.
Dabei wäre es beinahe gar nie erst so weit gekommen: Der Umstand, 1933 als Kind einer Arbeiterfamilie das Licht der Welt zu erblicken, versperrte, allem Talent zum Trotz, die Aussichten auf eine Karriere in der Kunst. Zu knapp waren die finanziellen Mittel, zu ungewiss die Chancen auf Erfolg. So erlernte er – der bereits im Alter von zwölf Jahren genau wusste, später einmal Künstler werden zu wollen – zunächst das Handwerk des Lithografen. Damit war der Grundstein seiner zeichnerischen Fähigkeiten, die im Laufe der Jahre sein künstlerisches Schaffen als starker, fast schon schieleesker Strich prägen sollen, gelegt.


Kunsttipp: Eine große Auswahl an Arbeiten Alfred Kornberger bietet etwa die Galerie Artziwna im Herzen Wiens (Herrengasse 17, 1. Bezirk). Das 2007 erschienene, von der Galerie herausgegebene und von Franz Smola aufgearbeitete Werkverzeichnis gewährt Einblick in das umfassende Œuvre des Ausnahmekünstlers.
© BeigestelltDer Weg zur Eigenständigkeit
Gepaart mit einer gehörigen Portion Talent ebnete ihm seine von präziser Leichtigkeit gezeichnete Linienführung schließlich 1952 den Weg an die Akademie der bildenden Künste. Gemäß der Prägung seines Meisters Robin Christian Andersen entstehen anfangs Landschaftsmotive, die in ihrer stillen Klarheit an Hopper und Hockney erinnern.
Diese Ästhetik der klassischen Moderne lässt Kornberger schon bald hinter sich: Neben den Größen der heimischen Kunstgeschichte – allen voran Schiele und Klimt – setzt er sich intensiv mit internationalen Zeitgenossen auseinander.
So studiert er etwa die Arbeiten von Picasso, Braque, de Kooning oder Bacon und übersetzt Erlerntes in seine ganz eigene, persönliche Bildsprache. Schon bald entspringt diesen Neuinterpretationen ein singuläres Narrativ, dessen Figurativ man bereits zu Akademiezeiten Qualität von Weltniveau attestierte. Der Weg in namhafte, internationale Sammlungen war somit kein weiter.
Die Frau im Fokus
Anfang der 1960er-Jahre wird schließlich der weibliche Körper zum Protagonisten seines Schaffens – formt maßgeblich ebendieses Narrativ und bildet den Ausgangspunkt zahlreicher Werkszyklen.
Etliche Nächte verbringt Kornberger, der die Frauen so sehr verehrte wie den Wein und die Kunst, im Moulin Rouge in der Wiener Innenstadt. Im mondänen Ambiente des Varietétheaters studiert der Lebemann, wie seinerzeit Henri de Toulouse-Lautrec in Paris, die der Bewegung entspringende Formenvielfalt der Tänzerinnen. Auf Papier oder Leinwand überführt er diese in seine eigene, von steter Abstraktion gekennzeichnete Bildsprache. Mit dieser eigenständigen, innovativen Form der fragmentarischen Körperdarstellung revolutioniert er den weiblichen Akt – lässt das Gegenständliche hinter sich, löst Identitäten auf und besinnt sich in seiner Abstraktion auf die für ihn wesentlichen Attribute der Weiblichkeit.
Auf die Frage, wie lange er brauche, um eine Frau künstlerisch in ihrer Gesamtheit zu erfassen, antwortete er einst: 40 Jahre. 40 Jahre der akribischen Auseinandersetzung, die dieser virtuosen Qualität zugrunde liegt. Ein ganzes Künstlerleben eben …