16.000 unterschiedliche Chemikalien werden als Zusatzstoffe in Plastik verwendet. Thilo Hofmann erforscht an der Uni Wien deren Gefährlichkeit
Plastik ist im Alltag praktisch überall zu finden und kaum mehr wegzudenken. Doch um dem Plastik die jeweils gewünschte Eigenschaft zu verleihen und es langlebiger zu machen, sind Additive, wie Weichmacher, Thermostabilisatoren oder UV-Absorber, zugesetzt. „Bis zu 16.000 unterschiedliche Chemikalien werden im Plastik verwendet“, zitiert Wissenschaftler Thilo Hofmann, der an der Universität Wien die Gefährlichkeit dieser Zusatzstoffe untersucht, eine internationale Studie. „Ein Viertel dieser Chemikalien unterliegt gar keiner Regulierung, obwohl es weltweit große Bedenken bezüglich ihrer Gesundheitsschädlichkeit gibt.“
Gesundheitsschädlicher Reifenabrieb
Ein Thema, mit dem sich Hofmann und sein Team intensiv beschäftigen, ist der Reifenabrieb, durch den fast die Hälfte des Mikroplastiks in Österreich entsteht. „Jeder Mensch produziert durchschnittlich rund ein Kilo Mikroplastik jährlich durch Reifenabrieb“, sagt Hofmann.
Zudem seien in Reifen, eine Vielzahl an Chemikalien enthalten, damit sie gut funktionieren. „Man glaubt, es ist alles bestens untersucht. Das ist es aber nicht. Es wurde lange Zeit übersehen, bedenkliche Zusatzstoffe zu erforschen und zu regulieren“, kritisiert Hofmann. Selbst bei Verpackungen für Lebensmittel gebe es zu viele unregulierte, bedenkliche Stoffe.
Die Chemikalien aus dem Reifenabrieb werden in weiterer Folge herausgelöst und gelangen ins Abwasser, den Klärschlamm, Gewässer oder Böden. Da in manchen Ländern, u. a. auch in Österreich, der Klärschlamm zur Düngung oder gereinigtes Abwasser zur Bewässerung verwendet werden, nehmen Obst und Gemüse diese giftigen Stoffe auf. Der Forscher stellt klar: „Konkret bedeutet das, wir kaufen im Supermarkt beispielsweise Salat, in dem Reifenadditive zu finden sind.“
Er selbst versucht, bewusst auf Plastik zu verzichten und greift zu Bio-Gemüse. An die Konsumenten appelliert er, den eigenen Konsum zu überdenken und auf unnötige Produkte, zum Beispiel auf Turnschuhe mit Glitzerlämpchen, zu verzichten. Von der Politik erwartet er sich, mehr Verantwortung für das Wohl zukünftiger Generationen zu übernehmen: „Es ist ein weltweites Regulierungsabkommen für Plastik, inklusive seiner teils giftigen Zusatzstoffe, notwendig.“
Thilo Hofmann
Zu seinem Studium kam er per Zufall: „Da sich mein Vater das Bein gebrochen hat, fuhr ich mit Freunden meiner Eltern zum Skifahren, darunter ein Geowissenschaftler.“ Das habe ihn so fasziniert, dass er an der Justus-Liebig-Universität in Gießen Geologie studierte und sich auf den Umweltbereich v. a. Wasser spezialisierte. Nach Stationen u. a. in Berlin, Bremen und an der Stanford Universität forscht er nun seit 20 Jahren an der Uni Wien