Das Kind schreit und wälzt sich auf dem Boden im Supermarkt, es tritt und schlägt nach den Eltern oder beschimpft sie lautstark - unschöne Szenen, die alle Eltern kennen. Was es mit der Trotzphase auf sich hat, warum sie wichtig für die Entwicklung des Kindes ist und Tipps, wie Eltern damit am besten umgehen können.
Was bedeutet Trotzphase?
Trotzphasen beim Kleinkind sind so selbstverständlich wie die Pubertät beim Teenager. In beiden Fällen handelt es sich um natürliche Entwicklungsphasen, die vorübergehen. Beim Kleinkind ist die Trotzphase der Übergang von der völligen Abhängigkeit zu mehr Selbstständigkeit. Deshalb spricht die Fachwelt auch von der Autonomiephase. Familienexperten wie Jesper Juul haben diesem Thema ganze Bücher gewidmet. Das Kind entdeckt mit zunehmenden Fähigkeiten nicht nur seine Umwelt, sondern auch eigene Bedürfnisse und Wünsche. Nicht alle diese Bedürfnisse und Wünsche können und dürfen sofort erfüllt werden und so kommt es zu Enttäuschungen, die in rasenden Wutanfällen gipfeln.
Für Eltern sind diese Trotzphasen ein Drahtseilakt zwischen Verzweiflung und Ohnmacht, zwischen helfen wollen und nicht helfen können. Leichter sind diese Phasen der Loslösung vom elterlichen Rockzipfel für beide Seiten zu überstehen, wenn Eltern die Geduld bewahren und ihr Kind durch die Höhen und Tiefen dieser Zeit unterstützend begleiten.
Dein selbstbestimmtes Kind: Unterstützung für Eltern, deren Kinder früh nach Autonomie streben -
Warum sind Trotzphasen bei Kindern völlig „normal“?
Beginn und Ende der sogenannten Autonomiephase richten sich nach dem individuellen Entwicklungsstand des Kindes. Manche Kinder können mit einem Jahr schon laufen, andere entdecken ihre Umwelt krabbelnd. Je weiter die motorischen Fähigkeiten entwickelt sind, umso größer wird der Bewegungsradius. Damit wächst zugleich aber die Verletzungsgefahr. Eltern müssen die ersten Grenzen setzen. „Nein“ wird zu dem am meisten verwendeten Wort und die Wohnung zu einem Hochsicherheitstrakt. Das Kind erfährt zum einen, dass es nicht überall hin darf und zum anderen, dass es aus eigener Kraft auch noch nicht überall hin kann.
Auch interessant:
Der Konflikt zwischen wollen, können und dürfen weitet sich in den nächsten zwei bis drei Jahren stetig aus. Je selbstständiger das Kind wird, umso öfter wird es mit seinen körperlichen Grenzen und elterlichen Verboten konfrontiert. Hinzu kommt, dass es seine Wünsche und Bedürfnisse noch nicht immer verständlich äußern kann, auch wenn es bereits über einen ordentlichen Wortschatz verfügt. Das Gefühl aufkommender Wut kennen Erwachsene aus eigener Erfahrung sehr gut. Auch sie werden wütend, wenn etwas partout nicht gelingen will. Dem Kleinkind geht es genauso. Nur kann es anders als Erwachsene mit Gefühlen wie Frust, Verzweiflung und Zorn noch nicht adäquat umgehen. Es weiß einfach noch nicht, wie es seine Gefühle angemessen ausdrücken kann.
Die kognitiven und motorischen Fähigkeiten sowie das Sprachvermögen entwickeln sich aber weiter. Die Wutanfälle nehmen ab, weil das Kind mit zunehmendem Alter das machen kann, was es möchte, seine Wünsche und Bedürfnisse klar artikulieren und die Grenzen verstehen kann, die Eltern zwangsläufig setzen müssen. Das beendet die Trotzphase, spätestens mit der Einschulung.
In welchem Alter treten sie am häufigsten auf?
Die Trotzphase beginnt bei den meisten Kindern im Alter von zwei Jahren. Die Zeit fällt nicht zuletzt auch mit dem Sauberwerden zusammen. Ab zwei Jahren lernen Kinder die Schließmuskeln zu beherrschen. Nach dem Laufen lernen ist das der nächste Schritt in die Selbstständigkeit.
Mit drei Jahren schließlich wollen Kleinkinder gerne alles alleine machen, können es aber schlicht noch nicht. Und sie müssen erfahren, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht immer und nicht immer sofort erfüllt werden. Das ist die Zeit, in der die Trotzphasen am häufigsten auftreten.
Mit etwa vier Jahren hat das Kind die Grenzen und Regeln in der Familie verinnerlicht und auch gelernt, Gefühle anders als durch hysterische Wutanfälle zum Ausdruck zu bringen.
Wann die Trotzphasen beginnen und wann sie enden, ist nicht zuletzt von der individuellen Entwicklung des Kindes abhängig. Manche Kinder durchleben diese Zeit schneller und weniger intensiv, andere dafür umso mehr.
Was sind die Ursachen?
Die Ursachen für einzelne Trotzphasen resultieren aus ganz alltäglichen Situationen. Das Kind will seine Jacke selbst anziehen, das dauert naturgemäß seine Zeit. Die Eltern werden ungeduldig oder es fällt ihnen schwer, dabei zuzuschauen, wie der oder die Kleine sich abmüht. Sie greifen ein und schon ist es passiert. Das Kind wird wütend, schließlich kann es das alleine, glaubt es zumindest. Eine weitere Ursache kann ein Wunsch sein, der nicht erfüllt wird, wie die Süßigkeit, die das Kind im Supermarkt unbedingt haben will, aber aus bestimmten Gründen nicht bekommen kann. Es versteht die Gründe für die Ablehnung nicht, genauso wenig wie die Ungeduld der Eltern.
In der Regel sind es immer motorische oder kognitive Fähigkeiten, die in der entsprechenden Situation fehlen. Motorische Fähigkeiten beziehen sich auf Bewegungsabläufe, kognitive Fähigkeiten unter anderem auf Wahrnehmung, Denken und Wissen.
Tipps, wie Eltern mit Trotzphasen richtig umgehen
Die gute Nachricht ist, dass die Wutanfälle in der Trotzphase vorbeigehen. Sie lassen sich aber weder vorhersagen noch verhindern. Das ist die schlechte Nachricht. Es gibt kein Geheimrezept, um die Wutanfälle zu unterbinden. Eltern bleibt nur, ihre Kinder bei den Bemühungen um mehr Selbstständigkeit zu begleiten und unterstützen. Je ruhiger und geduldiger sie dabei sind, umso schneller gehen die Wutanfälle vorbei.
Diskutieren hilft hingegen kaum: Kinder zwischen zwei und vier Jahren können die Argumente der Eltern meist nicht nachvollziehen. Besser ist es, Kompromisse anzubieten und das Kind mitreden zu lassen. Hilfreich kann es sein, wenn Eltern sich das Bedürfnis des Kindes klarmachen, das hinter dem Wutanfall steckt. Hat es vielleicht Hunger, ist müde oder gelangweilt?
Wichtig ist, dass Eltern Wutanfälle und wüste Beschimpfungen nicht persönlich nehmen und den Wutanfall auch nicht dramatisieren. Aussitzen ist in diesem Fall die bessere Lösung. Solange das Kind tobt und schreit, macht reden genauso wenig Sinn wie zurückschreien. Wenn der Wutanfall vorbei ist, kann immer noch darüber geredet werden. Zu Hause kann Wut kanalisiert werden, indem man dem Kind die Möglichkeit gibt, seinen Zorn zum Beispiel an einem Kissen abzuarbeiten.
Wichtig: Ein „Nein“ der Eltern sollte immer ein „Nein“ bleiben. Eltern sollten aber die Gründe für ihr Nein gelegentlich hinterfragen. Sind Verbote nicht mehr notwendig, können sie durchaus aufgehoben werden. In jedem Fall darf das Kind niemals das Vertrauen in seine Bezugspersonen verlieren. Es muss wissen, dass es geliebt wird, auch wenn sein Verhalten gerade nicht Anlass zur Freude macht.
Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links. Wenn Sie auf einen solchen klicken und über diesen einkaufen, bekommen wir von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für Sie verändert sich der Preis nicht.