So unterschiedlich die internationalen Küchen auch sein mögen, auf eines können sich alle einigen: Teigtaschen landen auf der ganzen Welt am Tisch.
Essen ist Teil unserer Identität. Das wird spätestens klar, wenn man die Heimat verlässt und sich mit vertrauten Geschmäckern und Rezepten einen heimeligen Rahmen schafft. Welche Rolle Gerichte in unserem Leben spielen, zeigt sich auch, wenn es darum geht, wer etwas erfunden hat. Schauen Sie mal einem Italiener in die Augen und sagen Sie ihm, seine Pasta sei eigentlich ein Produkt Chinas. Oder stellen Sie sich zwischen Venezolaner und Kolumbianer, während diese diskutieren, wer von ihnen der wahre Erfinder von Arepas ist. Mutig!
Hier geht es zum Rezept für chinesische Siu Mai, die offen gedämpft werden.
Umso schöner, dass es trotzdem etwas gibt, auf das jeder ein Anrecht zu haben scheint, bei dem aber niemand behauptet, er habe zuerst gewusst, wie es geht. Teigtaschen schaffen auf köstlichste Art, was bei vielen anderen Gerichten einfach nicht gelingen mag: Sie sind mit entspannter Selbstverständlichkeit auf der ganzen Welt zu Hause. Manche Historiker vermuten den Ursprung in China, andere in Ägypten oder Indien, aber so wirklich festlegen will sich kaum jemand. Die Autoren Soizic Chomel und Thibault Schuermans, die in ihrem Buch "Mit Teigtaschen um die Welt" eine kulinarische Weltreise machen, erklären: "Niemand weiß ganz genau, wann und von wem sie ursprünglich erfunden wurden. Fakt ist aber, dass jedes Land und jede Region eigene Rezepte und Besonderheiten hat."
Mit Teigtaschen um die Welt: 50 Rezepte für Ravioli, Gyoza, Manti und Co.
Buchtipp:
Von Pansotti über Wantan bis Gyoza: In Teigtaschen um die Welt finden sich 50 Rezepte plus detaillierte Anleitungen zu Teigen und Zubereitung. Erschienen im DK Verlag, € 23,60
Das Buch "Mit Teigtaschen um die Welt: 50 Rezepte für Ravioli, Gyoza, Manti und Co." können Sie hier erwerben.*
Dein Tascherl, mein Tascherl
Tatsächlich findet sich kaum eine Länderküche, in der die kleinen Geschmackswunder nicht auf die eine oder andere Art einen fixen Platz haben. In Deutschland isst man etwa schwäbische Maultaschen, in Japan Gyoza, in Polen Piroggen (Rezept für Piroschki). In der Ukraine kommen Wareniki auf den Tisch, in Italien Ravioli und in Indien Samosas. In der Türkei werden Manti geformt, in Korea Mandu und in Argentinien Empanadas (Rezept Fenchel-Empanadas mit Kernölaioli). Die Liste wäre endlos fortführbar. Wobei es in den meisten Ländern noch dazu nicht nur eine einzige klassische Teigtaschenvariante gibt: Gerade in Italien oder China sind die Variationen genauso faszinierend wie umfangreich. Unterschiede gibt es national und international bei Teig, Fülle, Form und Zubereitung. Manche Tascherl werden gedämpft, andere gebraten. Die Masse kann vorab gegart oder roh verarbeitet werden. Sie können rund oder eckig sein, flach oder gewölbt. Die Täschchen können - ähnlich einem Körbchen - offen gefüllt (etwa bei den chinesischen Siu Mai, siehe Rezept unten) oder mit den Händen zu kleinen Säckchen gedreht werden. Hübsch anzusehen sind sie alle, zu den allerschönsten zählen garantiert (da sind wir ganz unobjektiv) die Kärntner Kasnudeln. Das Randeln ist schuld! Und macht sie fast zu schön zum Essen.
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Einmal zubereitet, hört die Variantenvielfalt freilich nicht auf. "In vielen Ländern serviert man sie als eigenständige Mahlzeit", so Chomel und Schuermans. "In Italien dagegen isst man sie vor allem als primo piatto, also als ersten Gang. Teigtaschen können aber auch zum Aperitif oder als Dessert auf den Tisch kommen." Süße Teigtaschen sind zwar international weniger verbreitet, frittiert und mit Staubzucker bestreut sind sie aber gerade in Österreich eine beliebte Nachspeise.
Ein Detail, das den Teigtaschen weltweit gemein ist: Sie waren und sind eine beliebte Art, Reste zu verwerten. "In Teig und Fülle kommen bei vielen gefüllten Teigtaschen, was vom Vortag übrig geblieben ist", sagt die in Wien lebende Autorin Alessandra Dorigato. Die Kennerin der italienischen Küche weiß auch die eine oder andere Anekdote rund um berühmte Teigtaschen ihrer Heimat zu erzählen: "1870 trieb eine Banditenbande ihr Unwesen, ging der Polizei aber immer wieder durch das Netz. Der zerknautschte Hut Cappellaccio, den jeder Räuber trug, war ihr Markenzeichen. Einer der Gendarmen, die die Banditen fangen sollten, war beim Zubereiten seiner Tortelli so in Gedanken versunken, dass er aus dem Teig Räuberhüte statt der üblichen runden Pasta formte." Die Cappellacci waren geboren! Ebenso charmant ist der Grund, warum Maultaschen auch den Namen "Hergottsb'scheißerle" tragen: In der Fastenzeit soll Fleisch in den Nudeltaschen versteckt worden sein, in der Hoffnung, der liebe Gott würde es so nicht entdecken.
Gyoza und Co.: Keine schnelle Küche
Noch eines ist bei allen Tascherln dieser Welt gleich: Schnell gemacht sind sie nicht. Jedes einzelne Stück muss schließlich per Hand gefüllt und verschlossen werden. Eine Arbeit, für die es nicht nur Zeit braucht, sondern auch Übung und Geduld. Im Idealfall zudem liebe und unterhaltsame Gesellschaft: In Polen, Italien und Südamerika wird aus der Zubereitung oft ein kleines Familien-Event, zu dem man sich in der Küche trifft und auf Vorrat Berge von Teigtascherln produziert. Auch Dorigato schwört aufs Vorbereiten: "Ich habe immer Ravioli tiefgekühlt. Ich mache sie tonnenweise frisch an einem Sonntag und friere sie dann ein. An Tagen, an denen es schnell gehen soll, oder wenn spontaner Besuch kommt, lässt man sie dann noch gefroren im heißen Wasser ziehen und kann sie nur wenige Minuten später mit etwas Butter und Salbei servieren."
Rezept Siu Mai
Hier das Rezept im pdf-Format zum Ausdrucken.
Siu Mai mit Schwein & Garnelen
Vorbereitung 90 Minuten,
Wartezeit 30-60 Minuten,
Garzeit 10-12 Minuten
Zutaten für 4 Personen (40 Stück)
250 g Mehl
125 ml kochendes Wasser
Salz
Für die Füllung
200 g Schweinefaschiertes
1 Shiitake
1 EL Sojasauce
1 EL Mirin
1 TL Sesamöl
1 Frühlingszwiebel
200 g Garnelen
1 EL Speisestärke, bei Bedarf
etwas brauner Zucker
Salz, Pfeffer
Zum Dekorieren
1-2 EL Erbsen
1. Mehl, Wasser und Salz mit einem Spatel vermischen, dann etwa 10 Minuten lang zu einem glatten, geschmeidigen Teig verkneten. In Frischhaltefolie wickeln und 30-60 Minuten an einem kühlen Ort ruhen lassen.
2. Für die Füllung das Schweinefleisch mit dem gehackten Pilz, der Sojasauce, dem Mirin und dem Sesamöl zu einer Paste verarbeiten. Frühlingszwiebel und Garnelen hacken und unter die Masse rühren. Die Füllung sollte klebrig sein. Bei Bedarf noch etwas Speisestärke hinzufügen. Mit Zucker, Salz und Pfeffer abschmecken. 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.
3. Teig dünn ausrollen. Kreise mit 8-10 cm Durchmesser ausstechen. Etwas Füllung in die Mitte setzen und die Ränder der Teigkreise mit Wasser anfeuchten. Das Teigblatt in die Hand legen. Den Teig zur Schale biegen und mit der anderen Hand rundum kleine Fältchen in den Rand drücken. In der oberen Mitte soll ein kleines Loch bleiben. Das Körbchen mit der Hand in eine runde Form bringen und die Falten anlegen. 4. Jede Körbchenfüllung mit einer Erbse garnieren. Die Körbchen aufrecht 10-12 Minuten im Dampf garen.
TIPPS
Wenn Sie die Teigtaschen vor dem Garen 1-2 Stunden ins Gefrierfach legen, bleiben sie beim Garen besser in Form.
In asiatischen Lebensmittelgeschäften kann man Teigblätter auch fertig kaufen, meist in Packungen mit 30-40 Stück. Welche Form und Größe Sie wählen, hängt davon ab, wie Sie Ihre Teigtaschen gestalten möchten.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 17/2023 erschienen.
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