Man lernt fürs Leben, nicht für die Schule. Und dennoch muss man Letztere mehr oder weniger erfolgreich meistern. Während die einen das Wissen wie ein Schwamm aufsaugen, schreiben die anderen trotz tagelangem Büffeln einen Fünfer. Wie lernt man richtig? Die auf Lernschwierigkeiten spezialisierte Kinder- und Jugendpsychologin Mag. Simone Breitenfeld steht Rede und Antwort.
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1. Überblick verschaffen
"Das Wichtigste ist, sich einen Überblick zu verschaffen", so Breitenfeld. Was ist alles zu lernen und bis wann sollte das geschehen sein? "Viele Kinder haben das Problem, dass sie überhaupt keinen Überblick haben und sich aus dem gesamten Lernstoff einfach eine Sache herauspicken." Gesehen wird dann allerdings nur, was noch zu erledigen ist, und nicht, was schon geschafft wurde. Das raubt die Motivation. Daher gehört ein Plan her, der den Lernstoff portioniert. So bekommen die Lerneinheiten einen Anfang und ein Ende und der Schüler sieht, dass etwas weitergeht. Erfolgsergebnis quasi garantiert.
2. Realistischer Zeitplan
Es bringt nichts einen Plan zu entwerfen, von dem man von Anfang an weiß, dass er nicht umsetzbar ist. Denn wird das Kind bloß Tag für Tag damit konfrontiert, was es nicht geschafft hat, treten schnell Demotivation oder gar Angst ein. Wichtig ist daher, "dass man sich nur das vornimmt, was man auch schaffen kann – für einen Tag oder bis zur Prüfung", so Breitenfeld. Dabei sind die Eltern gefragt: Sie müssen dem Kind aufzeigen, was möglich ist und was nicht und auf was es fokussieren soll. "Und wenn's schief geht, dann geht's halt schief", entschärft die Expertin die Angst vor dem Scheitern.
3. Zu zweit lernen
"Kinder lernen viel dabei, wenn sie den Lernstoff beim Wiederholen in eigene Worte fassen", weiß Breitenfeld. Idealerweise mit einem Lernpartner. Das können die Eltern ebenso wie ein Nachhilfelehrer sein. Je öfter der Stoff wiederholt wird, desto besser. Außerdem kann auf diese Weise bereits die Prüfungssituation durchgespielt werden. Es entsteht ein Dialog zwischen Schüler und Lernpartner, der aber auf jeden Fall positiv gestaltet werden sollte. Den Schüler beim Abprüfen unter Druck zu setzen, wäre kontraproduktiv.
4. Auf den Punkt bringen
Am Ende einer Lerneinheit gilt es, das Wichtigste zusammenzufassen. Das kann sich je nach Lerntyp anders gestalten: Die einen schreiben noch einmal alles zusammen. Andere nehmen die wichtigsten Aspekte mit dem Handy oder einem Aufnahmegerät auf. Visuelle Typen wiederum markieren sich die Schlagworte mit dem Leuchtstift. Egal auf welche Weise, Hauptsache, das Gelernte wird noch mal auf den Punkt gebracht.
5. Die Wohnung mit Notizen spicken
Müssen die Schüler knappe Informationen wie Vokabel oder Formeln lernen, macht es Sinn, diese auf Zetteln zu schreiben und in der Wohnung zu verteilen. "Im Kinderzimmer, im Bad oder am Klo", schlägt Breitenfeld vor, also in jenen Räumen, in denen man öfters für einige Minuten verharrt. "Zum Beispiel im Bad beim Zähneputzen. Das hilft viel, weil das Kind es immer wieder lesen kann, ohne dabei den Druck zu verspüren, sich den Stoff gleich merken zu müssen." Sinn macht diese Methode vor allem bei Informationen, die länger behalten werden müssen und im Schulalltag immer wieder zum Einsatz kommen.
6. Ordentlicher Lernplatz
Die Expertin empfiehlt eine möglichst ordentliche Umgebung: "Das Kind sollte an einem Tisch sitzen. Ob Schreibtisch oder Esstisch, das ist egal. Wichtig aber ist, dass der Tisch möglichst leer und aufgeräumt ist. Je weniger da liegt, desto weniger kommt das Kind in Versuchung sich damit abzulenken." Wer nicht ruhig sitzen kann, darf sich beim Lernen auch bewegen. Hier eignen sich monotone Bewegungen, bei denen man nicht nachdenken muss. "Zum Beispiel Auf- und Abgehen und sich den Lernstoff dabei immer wieder durchlesen oder vorsagen."
7. Der passende Geräuschpegel
Während es bei den einen mucksmäuschenstill sein muss, lernen die anderen am liebsten mit Radio oder Fernsehen. Hier gilt es auszuprobieren, was gut funktioniert. "Wenn sich das Kind in Wirklichkeit nur die Lieblingsserie ansehen will, macht das wenig Sinn. Es gibt aber Kinder, die Hintergrundgeräusche brauchen, um sich sicher zu fühlen." Spätestens beim gemeinsamen Wiederholen erkennt das Elternteil, ob der Lernstoff hängen geblieben ist oder nicht. Und bitte, liebe Eltern, das Kind beim Lernen nicht unterbrechen! Denn jede noch so kleine Unterbrechung stört immens.
Extra-Tipp
Will es mit dem Lernen so gar nicht klappen, empfiehlt Breitenfeld sich Unterstützung von einer Nachhilfe zu holen. Das kann auch ein Student oder ein älterer Schulkollege sein. "Die einen halten es einfach nicht aus alleine zu lernen, den anderen fehlt die Struktur. Sobald sie aber Unterstützung haben, ist das Lernen für sie kein Problem mehr." Die Eltern allerdings sollten sich in diesem Fall nicht weiter in den Lernprozess einbringen. Es besteht die Gefahr, dass sich zwischen ihnen und dem Kind ein Druck aufbaut, der die Beziehung enorm belastet.