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Sexuelle Belästigung im Job: Wo beginnt sie?

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Mann zieht Frau zu sich heran

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Der Weinstein-Skandal schlägt hohe Wogen. Unter dem Hashtag #MeToo ("Ich auch") meldeten sich bereits tausende Frauen aus aller Welt zu Wort, die sexuell belästigt oder missbraucht wurden. Vor einer Woche wurde Reinhard Göweil seiner Position als Chefredakteur der "Wiener Zeitung" enthoben. Er wird der sexuellen Belästigung beschuldigt. Doch was genau bedeutet sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? Und vor allem: Wo beginnt sie?

Sexuelle Belästigung muss nicht zwangsläufig auf körperlicher Ebene stattfinden, um als solche klassifiziert zu werden, erklärt Mag. Ingrid Moritz, Leiterin der Frauenabteilung der Arbeiterkammer Wien. "Das kann alles sein - von einem Bild über das gesprochene Wort bis hin zur körperlichen Berührung." So kann zum Beispiel ein sexistischer Bildschirmschoner als sexuelle Belästigung wahrgenommen werden, ebenso wie ein anzüglicher Witz, ganz zu schweigen von einer scheinbar zufälligen Berührung, egal an welcher Körperstelle.

Laut Gesetz ist der Tatbestand der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz dann gegeben, wenn eine Person durch eine sexuell konnotierte Handlung eine feindselige, demütigende und entwürdigende Arbeitsumwelt schafft, den Willen der belästigten Person dabei ignoriert, die Handlung also nicht einvernehmlich stattfindet, sondern von der Zielperson unerwünscht ist, wie Dr. Ingrid Nikolay-Leitner, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft Österreich, erklärt. Geregelt ist dieser Tatbestand in § 6 des Gleichbehandlungsgesetzes.

Ziel sexueller Belästigung sind in der Regel Frauen. Zwar gebe es auch Männer unter den Betroffenen, dies sei aber die Ausnahme. Sexuelle Belästigung findet meist dort statt, wo ein starkes hierarchisches Gefälle vorhanden ist. Mit anderen Worten: "In den meisten Fällen geht es um Macht", so Nikolay-Leitner. Insofern verwundert es auch nicht, dass, wie eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer Wien ergab, vor allem junge Menschen wie Praktikanten oder Berufseinsteiger Opfer sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sind.

In den meisten Fällen geht es um Macht

Ingrid Nikolay-LeitnerGleichbehandlungsanwältin

Sie haben noch keinen fest verankerten Platz im Arbeitsgefüge. Zum Nachteil gereicht ihnen auch, dass sie meist noch keine Verbündeten im Unternehmen haben. Dadurch befinden sie sich in einer tendenziell schwächeren Position. Wobei sexuelle Belästigung oft schleichend passiert. Anfangs kommt es zu scheinbar zufälligen Berührungen. Für den Betroffenen "fühlt sich das eigenartig an", so Moritz. Vor allem dann, wenn man eigentlich einen freundschaftlichen Umgang miteinander pflegt.

Für gewöhnlich dauert es eine Zeitlang, bis der Betroffene die Intention des anderen erkennt. "Man rechnet ja nicht damit", erklärt Moritz. Und dann? Der Anruf bei einer Beratungsstelle? Der Gang zur Arbeiterkammer? "Man kann davon ausgehen, dass sehr viele Frauen nichts unternehmen", gibt Nikolay-Leitner zu bedenken. Zum einen weil sie befürchten, dass sie, wenn sie sich zur Wehr setzen, beruflich benachteiligt werden, was, wenn die sexuelle Belästigung in einem hierarchischen Verhältnis stattfindet, oft auch eintrete.

Viele Frauen schämen sich

Ingrid Nikolay-LeitnerGleichbehandlungsanwältin

Zum anderen weil sich viele Frauen für das, was ihnen widerfahren ist, schämen. Der Vorfall ist ihnen unangenehm, oft auch peinlich. Sie befinden sich in einer Situation, in der viel Druck und Gewalt auf sie ausgeübt wird. Auch dann, wenn es nicht zu einem körperlichen Übergriff kommt. Umso wichtiger ist es laut Moritz daher, Hilfsangebote für Betroffene zu schaffen, die niederschwellig sind. Sie zum Handeln zu ermutigen und ihnen vor allem vor Augen zu führen, dass sie keine Schuld an dem Vorfall tragen.

Eine allgemein gültige Empfehlung, wie man sich als Betroffener am besten verhält, gibt es nicht. Über kurz oder lang sei es aber wichtig, etwas zu unternehmen. Denn, so Nikolay-Leitner, "sexuelle Belästigung hält man auf Dauer nicht aus". In einem ersten Schritt empfiehlt es sich, dem Täter deutlich machen, dass sein Verhalten unerwünscht ist. Zudem könne man sich an eine Beratungsstelle wenden. An eine inner- wie an eine außerbetriebliche, wie etwa die Arbeiterkammer, die Gewerkschaft oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Sexuelle Belästigung hält man auf Dauer nicht aus

Ingrid Nikolay-LeitnerGleichbehandlungsanwältin

Bevor man rechtliche Schritte einleitet, sollte man den Arbeitgeber informieren. Dieser ist übrigens gesetzlich dazu verpflichtet, Abhilfe zu schaffen, sobald er Kenntnis von dem Fehlverhalten des Mitarbeiters hat. Abgesehen davon kann der Arbeitgeber bereits im Vorfeld Maßnahmen ergreifen, um derartigen Vorfällen vorzubeugen. Laut Moritz geht es hier darum, klare Signale zu setzen. Weiß der Mitarbeiter, dass ihm ein entsprechendes Verhalten zum Nachteil werden kann, überlegt er es sich vermutlich zweimal, bevor er handelt.

Entscheidet man sich als Betroffener dazu, den Rechtsweg zu gehen, kann man auf Schadenersatz für sexuelle Belästigung klagen. Wird der entsprechende Tatbestand vor Gericht festgestellt, hat der Angeklagte einen Schadenersatz von mindestens 1.000 Euro zu leisten. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen. Viel wichtiger aber ist, dass man, wie Nikolay-Leitner betont, "mit jeder Beschwerde grundsätzlich etwas an der Struktur ändern kann".

Hier finden Betroffene Hilfe

  • Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 (rund um die Uhr kostenfrei erreichbar), www.frauenhelpline.at

  • Gleichbehandlungsanwaltschaft: 0800 206 119 (MO bis DO von 9.00 bis 15.00 Uhr, FR von 9.00 bis 12.00 Uhr kostenfrei erreichbar, www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at, E-Mail: service@bka.gv.at

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