Was gibt es bei der Hitze Besseres als einen Sprung ins kühle Nass? Doch wie ist es eigentlich um die Hygiene unserer Schwimmbäder bestellt? Wir befragten die Hygienikerin und Mikrobiologin Prof. Miranda Suchomel.
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"Wasser ist, genauso wie der Mensch, ein dicht besiedeltes Medium", erklärt die Expertin von der MedUni Wien. Das Wasser in Schwimmbädern komplett zu sterilisieren, ist schlichtweg unmöglich. Was aber nicht weiter schlimm ist, denn Keime sind und bleiben nun einmal ein fixer Bestandteil unseres Lebens. Allerdings gibt es Wasserkeime, die in Schwimmbädern nichts verloren haben. Um sie zu eliminieren, wird auf verschiedene Strategien zurückgegriffen.
Passend dazu: Wie viel Hygiene ist noch gesund?
Zum einen wird dem Wasser eine exakt bemessene Menge Chlor beigemengt. Zum anderen wird laufend frisches, desinfiziertes Wasser in das Becken eingebracht. Die Beckendurchströmung wiederum sorgt dafür, dass die desinfizierenden Mittel ordentlich verteilt werden. Die Hygienemaßnahmen sind per Gesetz vorgeschrieben. "Werden all diese Vorlagen eingehalten - wovon man ausgehen kann -, dann besteht eigentlich keine Gefahr", so Suchomel.
Diese Gefahren drohen
Eigentlich. Denn in der Praxis sieht die Sache schon wieder ein bisschen anders aus. "Wenn die Temperaturen sehr hoch sind und viele Leute ins Wasser gehen, kann das System kippen", erklärt die Mikrobiologin. Weil man mit dem Reinigen schlicht und einfach nicht mehr nachkommt. Da kann es dann sein, dass sich im Wasser Keime tummeln, die dort ganz und gar nichts zu suchen haben. So etwa der Erreger Pseudomonas aeruginosa, der Augen- und Ohreninfektionen verursacht.
Andere Keime wiederum können, wenn sie verschluckt werden, Durchfall und Erbrechen nach sich ziehen. Auch zu Hautinfektionen kann es kommen. Die über die Atemwege aufgenommenen Legionellen stellen dagegen eher bei Whirlpools, weniger aber bei Schwimmbecken ein potenzielles Problem dar. "Theoretisch kann man sich da schon die eine oder andere Krankheit holen. Aber deswegen wird das Wasser ja auch desinfiziert."
Risikofaktor Badegast
Neben lang anhaltender Hitze gibt es noch einen anderes Risiko, dem unsere Schwimmbäder ausgesetzt sind: die Badegäste. "Viele hüpfen ins Wasser, ohne sich vorher abzuduschen", schildert die Mikrobiologin. Dabei wird die Empfehlung, vor dem Schwimmen eine Dusche zu nehmen, aus gutem Grund gegeben. (Und der besteht nicht darin, sich abzukühlen oder seinen von der Sonne aufgeheizten Körper behutsam an das kalte Badewasser zu gewöhnen.)
"Es schwimmen unfassbare Mengen an Sonnencreme im Wasser." Ganz abgesehen von Schweiß und Haaren, die man während des Badens verliert. Doch man verliert auch noch ganz andere Dinge - mitunter ohne es zu wollen, geschweige denn zu merken. "Ganz viele machen Lulu ins Wasser. Nicht nur absichtlich, sondern auch unabsichtlich", so die Expertin. "Das passiert reflexartig, wenn man ins kalte Wasser geht."
Nicht gerade appetitlich
Zwar verliert man auf diese Weise nur einige wenige Tropfen, bedenkt man aber, wie viele Menschen an einem heißen Tag das kühle Becken aufsuchen, so kommt man schon bald auf eine nicht unerhebliche Menge Urin. Und noch etwas: "Genauso ungewollt, wie Harn abgeht, geht auch Stuhl ab", erklärt Suchomel. Dabei handelt es sich um winzigste Mengen. "Das bekommt man selbst gar nicht mit". Was die Sache allerdings nicht appetitlicher macht.
Und obwohl hygienetechnisch ein absolutes No-Go, tragen heutzutage doch viele männliche Badegäste eine Unterhose unter der Badehose. Mit dem Ergebnis, das man all das, was sich vorher in der Unterhose befunden hat, mit ins Badewasser bringt. "Nicht, dass man von all dem wahnsinnig krank wird - unappetitlich ist es aber allemal." Apropos Krankwerden: Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind natürlich einer höheren Gefahr ausgesetzt. Vermutlich werden sie öffentliche Schwimmbäder aber ohnehin meiden.
Liege & Co. als Übertragungswege
Dann wäre da noch die Badelandschaft. "Holzböden und Liegen sind prinzipiell tolle Übertragungswege", weiß die Mikrobiologin. Vorschriften, etwa darüber, welche Materialien verbaut werden dürfen und wie oft besagte Utensilien gereinigt werden müssen, sollen dabei helfen, die Keimbelastung einzudämmen. Doch auch hier gilt: An hoch frequentierten Tagen kommt man mit dem Reinigen möglicherweise gar nicht nach.
Umso mehr empfiehlt es sich, die Füße vor dem Verlassen des Bades gründlich zu waschen und vor allem zu trocknen. "Zwischen den Zehen abtrocknen ist die beste Prävention", so Suchomel. Denkbar wenig hält die Expertin dagegen von Fußdesinfektionsspendern, wie man sie in Schwimmbädern findet. "Erstens schafft man es nicht, die Zehen so zu spreizen, dass das Mittel dort hinspritzt, wo es hinspritzen soll. Und zweitens wird hier meist Alkohol verwendet."
Fußpilz? Nein danke!
Damit sie ihren Zweck erfüllen, sollte man alkoholhaltige Desinfektionsmittel stets auf trockene Haut aufbringen. Mit Wasser verdünnt - wie es der Fall ist, wenn man sie auf die nassen Füße aufträgt - büßen sie an Wirkung ein. Darüber hinaus fehlt hier die mechanische Komponente. "Aufsprühen allein reicht nicht. Der Alkohol muss eingerieben werden." Personen, die zu Fußpilz neigen, empfiehlt die Hygienikerin daher, die trockenen Füße mit einem Handdesinfektionsmittel aus der Apotheke einzureiben. Und auf die Zehenzwischenräume nicht vergessen!
Abgesehen davon rät die Hygienikerin, sich vor dem Baden abzuduschen, auf die Unterhose unter der Badehose zu verzichten, seine Notdurft ausnahmslos auf der Toilette zu verrichten und langes Haar, wenn man schon keine Badekappe tragen will, zumindest zusammenzubinden und hochzustecken. So kann jeder einzelne dazu beitragen, dass das Badevergnügen auch tatsächlich ein solches bleibt.
Steckbrief
Miranda Suchomel
Miranda Suchomel leitet die Abteilung für Medizinisch-technische Hygiene mit Schwerpunkt Desinfektion am Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie der Medizinischen Universität Wien.