Ein Viertel der ÖsterreicherInnen leidet an Schlafstörungen, mindestens 35.000 an Obstruktiver Schlafapnoe. Die gesundheitlichen Folgen sind erheblich. Ein Aufenthalt im Schlaflabor kann wieder für erholsame Nächte und neue Lebensfreude sorgen.
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"Es war eine Katastrophe. Eine Autofahrt, die länger als zehn Minuten gedauert hat, war eigentlich fast schon unmöglich. Es reißt einen ständig. Dann diese Aussetzer. Es war eine Belastung im Beruf, in der Familie, überall", sagt Simon Eichberger über die Zeit vor seiner Diagnose. "Wenn ich abends nach Hause gekommen bin und mich kurz einmal hingelegt hab, bin ich sofort eingeschlafen. Ich bin sogar beim Frühstück noch einmal eingeschlafen", berichtet der 37-Jährige über seinen Leidensweg.
Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nichts über die sogenannte Schlafapnoe. "Der Begriff hat mir damals gar nichts gesagt. Ich hab einfach nur gemerkt, dass ich immer müder und antriebsloser werde." Bis ihn ein Bekannter auf die Möglichkeit aufmerksam machte, ein Schlaflabor zu besuchen. "Ich hab mir dann gleich einen Termin ausgemacht. So ist alles ins Laufen gekommen."
Rund zweieinhalb Jahre liegt sein erster Besuch im Schlaflabor des Herz-Jesu Krankenhauses mittlerweile zurück. Heute weiß Eichberger, dass er an Obstruktiver Schlafapnoe leidet.
"Es gibt eine Vielzahl an Schlafstörungen", erklärt die stationsführende Oberärztin Katharina Mühlbacher, "teils neurologisch bedingte, teils atmungsbedingte. Wir sind hier auf die atemassoziierten Schlafstörungen spezialisiert", zu denen eben auch die Schlafapnoe zählt. Ursache ist das Erschlaffen der Rachen- und/oder Zungenmuskulatur, wodurch die oberen Atemwege eingeengt werden und die Sauerstoffzufuhr vermindert wird. Bei rund 35.000 Österreichern wurde diese Form der Schlafstörung diagnostiziert. Die Dunkelziffer ist mit 600.000 Betroffenen noch um einiges höher. Doch woher weiß man, dass man betroffen ist?
Herzinfarktrisiko steigt
"Die Diagnose stellt eigentlich die Person, die neben einem schläft", sagt Mühlbacher. Das Schnarchen, das die Schlafapnoe begleitet, verhindere nämlich, dass der Partner oder die Partnerin selbst in einen tieferen Schlaf fällt. Deshalb bemerkt er oder sie dann auch die Atemaussetzer des Bettnachbarn. "Das sind oft sekundenlange Atemstopps, die mit einem tiefen, seufzenden Einatmer enden." Von einer leichten Schlafapnoe spricht man ab fünf derartigen Atemaussetzern pro Stunde. Bei 25 bis 30 steigt das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, bereits enorm an. Deshalb ist ab dieser Frequenz auch eine Therapie mit Schlafmaske notwendig. Simon Eichberger hatte bis zu 120 Atemstopps pro Stunde. "Das war massiv", erinnert er sich.
Da die Warteliste für das Schlaflabor sehr lange ist, muss der Patient den vereinbarten Termin zwei Tage vor seinem Besuch bestätigen. Fällt er aus, wird sein Platz einem anderen Anwärter zugeteilt - die meisten sind Männer. Der jüngste von ihnen ist 19, der älteste 80 Jahre alt. Bei der Ankunft wird der Patient oder die Patientin in Empfang genommen und zu einem der zwölf Zimmer geleitet. "Es sind alles Einzelzimmer. Das ist sehr wichtig, weil zwei Schnarcher nebeneinander, das geht nicht", sagt Schlafexpertin Mühlbacher. Zwischen 22 und 23 Uhr werden dann jene Kabel angelegt, mit denen Atmung, Gehirnaktivitäten sowie Bewegungen von Augen, Brust, Bauch und Beinen gemessen werden.
Mit Schnarchmikrofon
Obwohl die Kabel eine gewisse Einschränkung darstellen, wird der Patient darin bestärkt, sich möglichst frei zu bewegen. "Viele glauben, dass sie nur auf dem Rücken liegen dürfen", sagt die Ärztin. Das sei aber kontraproduktiv, weil sich auf diese Weise nicht feststellen lässt, wie es um die Schlafapnoe bestellt ist, wenn der Patient in Seitenlage ruht. Möglicherweise hat er in dieser Position gar keine Atemaussetzer. Deshalb, sagt Mühlbacher, "sagen wir immer dazu, dass er ruhig auch auf der Seite liegen darf".
Zusätzlich wird der Patient mit einem Schnarchmikrofon ausgestattet und darauf hingewiesen, dass auch eine Videoüberwachung stattfindet. Wer nicht einschlafen kann, bekommt ein leichtes Schlafmittel verabreicht. "Wir brauchen nämlich mindestens vier Stunden Schlaf, damit wir überhaupt eine Diagnose stellen können", erklärt Mühlbacher.
Am nächsten Morgen wird der Patient geweckt, entkabelt und nach einem Frühstück entlassen. In den folgenden Tagen werden die Aufnahmen ausgewertet, dann folgt die Befundbesprechung. Ist eine Therapie notwendig, wird der Betreffende zu einer weiteren Nacht im Schlaflabor eingeladen, während der die Schlafmaske angepasst, die Beatmungsart eingestellt und der erforderliche Beatmungsdruck eruiert wird.
"Ich erklär's dem Patienten immer so: Er bekommt eine Maske, die über einen Schlauch mit dem Beatmungsgerät verbunden ist, bei dem der Druck eingestellt wird. Das Gerät holt sich aus der Umgebung die Luft." Diese strömt in Nase und Mund, und so wird, "wie wenn man einen länglichen Luftballon aufbläst", der obere Atemweg offengehalten.
Was Mühlbacher hier beschreibt, ist die sogenannte CPAP-Therapie. Auf diese Weise wird der Organismus wieder mit ausreichend Sauerstoff versorgt. Die CPAP-Therapie ("Continuous Positive Airway Pressure") ist nicht die einzige, jedoch die am häufigsten eingesetzte Beatmungsform.
Mindestens vier Stunden pro Nacht sollte die Schlafmaske getragen werden. Denn Studien zeigen, dass ab dieser Dauer das Herzinfarkt-und Schlaganfallrisiko sinkt. Je länger sie verwendet wird, desto besser. Hat sich der Erfolg aber erst einmal eingestellt, behalten die Patienten und Patientinnen die Maske meist ohnehin die ganze Nacht auf.
Prüfen, wie es wirkt
Vier Monate nach der Anpassung der Schlafmaske wird der Patient zur ersten Kontrolle eingeladen, weitere 14 Monate später zur zweiten. "Wir haben gesehen, dass diese zwei Nachkontrollen sehr wichtig sind, weil die Therapie im Verlauf manchmal adaptiert werden muss." Eine im Beatmungsgerät integrierte Chipkarte zeigt, wie häufig und wie lange die Schlafmaske verwendet wird.
Wird eine gewisse Nutzungsfrequenz oder Nutzungsdauer unterschritten, gilt es herauszufinden, woran das liegt. Drückt die Maske vielleicht? Oder bläst es irgendwo hinaus? Kommt der Patient mit dem verschriebenen Modell nicht zurecht, wird nach einem anderen passenden gesucht. "Wir achten sehr darauf, dass wir den Patienten begleiten, für ihn da sind und eine Lösung finden", sagt Mühlbacher.
Natürlich komme es hin und wieder auch vor, dass jemand die Maskentherapie komplett ablehnt. Dann müsse nach Alternativen gesucht werden. Tatsächlich aber sei die Abbruchrate sehr gering. "Wenn man sich liebevoll um den Patienten kümmert, dann klappt es auch", sagt Mühlbacher.
Immer wieder bekommt die Schlafexpertin bestätigt, dass die Therapie eine enorme Steigerung der Lebensqualität bringt. Die Tagesmüdigkeit ist wie verflogen. Bei manchen Patienten, sagt sie, gelänge plötzlich die lang ersehnte Gewichtsabnahme, bei anderen ließe sich die Dosis ihres Blutdruckmedikaments reduzieren. Und jene, die aufgrund des Schlafmangels bereits depressive Symptome gezeigt hätten, seien wieder fröhlich.
12.700 Patienten und Patientinnen wurden seit 2008 im Schlaflabor des Herz-Jesu Krankenhauses betreut. Jährlich werden hier rund 4.350 Untersuchungen durchgeführt.
Ein ganz anderes Leben
Bei Simon Eichberger dauerte es nicht lange, bis sich der Erfolg der Maskentherapie eingestellt hat. Schon nach ein paar Tagen war das über lange Zeit hinweg aufgebaute Schlafdefizit wieder abgebaut. "Es ist kein Vergleich. Du fühlst dich um zehn Jahre jünger", sagt Eichberger.
Er betont, wie wichtig es ist, den Schritt zu wagen. Viele würden die Gefahr unterschätzen, die eine andauernde Schlafstörung mit sich bringt. Andere, meint er, würden den Gang ins Schlaflabor aus Bequemlichkeit meiden. Hat man sich dazu aber erst einmal überwunden, "ist es wieder ein ganz anderes Leben".