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Wie gefährlich ist Schimmel wirklich?

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Schimmel in der Wohnung

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Schimmel in der Wohnung. Akute Gesundheitsgefahr oder vernachlässigbar? Wir befragten dazu den Wiener Umwelthygieniker Prof. Hans-Peter Hutter.

"Schimmel ist bei uns nichts Seltenes", weiß der Experte vom Zentrum für Public Health an der MedUni Wien. Studien zufolge sind bis zu einem Viertel der Wohnungen bzw. Häuser in Österreich von Schimmelbefall oder feuchten Wänden betroffen. Schuld daran kann zum Beispiel ein Wasserschaden oder das Vorhandensein von Baurestfeuchte in neu errichteten Wohnhäusern sein. Auch eine sogenannte Wärmebrücke kann zur Bildung von Schimmelpilzen führen. Als Wärmebrücke bezeichnet man einen örtlich begrenzten Bereich eines Gebäudes, durch den die Wärmer schneller nach außen tritt, als es bei jenen Bereichen der Fall ist, die direkt an diesen angrenzen.

Wie kommt es zum Schimmelbefall?

Erhöhte Feuchtigkeit als Ursache für den Schimmelpilzbefall "kann aber auch durch die übliche Raumnutzung bei zu geringem Heizen oder in gut abgedichteten Räumen bei unzureichender Lüftung auftreten", wie es im vom "Arbeitskreis Innenraumluft" erstellten "Positionspapier zu Schimmelpilzen in Innenräumen" heißt. Auch häufiges Wäschewaschen und Duschen können, ebenso wie die vermehrte Verwendung von Luftbefeuchtern im Winter, die Bildung von Schimmel begünstigen. Schränke wiederum, die sehr nahe beieinander oder an der Wand stehen, verhindern, dass an den betreffenden Stellen ausreichend Luft zirkulieren kann. Auch hier besteht erhöhte Schimmelgefahr.

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Schimmel ist, so Hutter, in der Regel sehr anspruchslos. "Man findet ihn überall in der Umwelt - von der Arktis bis zur Sahara." Der menschliche Organismus wiederum verfügt über eine gewisse Resistenz gegenüber den Pilzen. "Sonst könnten wir nie durch einen Wald gehen. Weil dort ist überall Schimmel." In die Wohnung gehört er aber - daran lässt der Facharzt keinen Zweifel - nicht. Dass Schimmel Krankheiten wie Magen-Darm-Beschwerden, Rheuma, Krebs oder auch Unfruchtbarkeit auslöst, dafür gibt es dem Experten zufolge keinerlei wissenschaftliche Belege. Dafür aber kann er eine Reihe anderer gesundheitlicher Probleme auslösen.

So kann Schimmel krank machen

Hutter unterscheidet zwischen der allergenen, der toxischen und der infektiösen Wirkung. "Alle Schimmelpilze können eine Allergie hervorrufen. Besonders dann, wenn eine erbliche Prädisposition vorliegt", sprich wenn bereits die Eltern an einer Allergie leiden. Tatsächlich zählen Schimmelpilze zu jenen Allergenen, die am häufigsten zu einem positiven Pricktest führen." Die toxische Wirkung tritt dagegen nur in den seltensten Fällen auf. Nämlich dann, wenn man einer enormen Menge an Schimmel ausgesetzt ist. Die Sporen können eine Entzündung der Haut, der Schleimhäute und der Augen auslösen. Auch die Lunge kann betroffen sein.

Hutter spricht in diesem Zusammenhang vom "Organic dust toxic syndrome". Gefährdet sind etwa Personen, die in Kompostieranlagen oder bei der Mülltrennung arbeiten. Bei einer niedrigen Schimmelbelastung ist ein derartiges Gesundheitsrisiko nicht gegeben. Auch dann nicht, wenn man dem Schimmel über längere Zeit hinweg ausgesetzt ist. Sehr wohl aber könne es zu Befindlichkeitsstörungen und/oder Kopfschmerzen kommen. Zudem hat sich gezeigt, dass mit Schimmelbefall oder sichtbaren Feuchtigkeitsanzeichen auch das Risiko für Atemwegserkrankungen wie Husten und Asthma ebenso wie für eine Bindehautentzündung steigt.

Lungenentzündung durch Schimmelpilzbefall

Dann wäre da noch die infektiöse Wirkung. "Die ist wirklich schlimm, kommt aber zum Glück nur sehr, sehr selten vor", erklärt der Facharzt. Gefährdet sind Personen, deren Immunsystem stark geschwächt ist, wie es etwa bei einer Krebserkrankung oder nach einer Organtransplantation der Fall ist. Beim Einatmen dringen die Sporen bis tief in die Lunge vor und verursachen dort eine Entzündung. Mit anderen Worten: Der Betreffende erkrankt an einer Lungenentzündung. Selten, aber doch kann es auch zu einer Entzündung im zentralen Nervensystem, beispielsweise zu einem Abszess im Gehirn, kommen.

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Kurz und gut: Mit Schimmel ist nicht zu spaßen! Was aber tun, wenn sich an der Wand nach und nach verdächtig schwarze Flecken breit machen? Ist man sich nicht ganz sicher, ob es sich tatsächlich um Schimmel handelt, sollte man einen Fachmann zurate ziehen. Einen solchen findet man etwa bei der "Umweltberatung". Dann heißt es, die Ursache des Problems auszumachen. Das kann mitunter eine Zeitlang dauern. Hat man erst mal des Übels Wurzel entdeckt, ist Handeln angesagt. Hutter appelliert an den Hausverstand: "Man muss nüchtern und klug an die Sache herangehen." Ist nur die Oberfläche befallen oder auch das Mauerwerk?

Was tun bei Schimmel in der Wohnung?

Wenn nur die Oberfläche betroffen ist und der Schimmelfleck sich nicht über mehr als einen halben Quadratmeter erstreckt, könne man selbst zur Tat schreiten. Die betreffenden Stellen können mit hochprozentigem Alkohol behandelt werden. Dafür ein Tuch in Alkohol tränken und den Schimmel von der Wand reiben. Die Hände sollten dabei geschützt sein. Vom Einsatz sogenannter Fungizide rät der Experte entschieden ab. Hierbei handelt es sich um Wirkstoffe, die Pilze oder Sporen abtöten oder deren Wachstum vorübergehend hemmen. Derartige Mittel sollten maximal bei sehr kleinen Schimmelflecken angewandt werden. Sehr klein bedeutet in diesem Fall rund drei mal drei Zentimeter.

Der Grund: Die Pilze bzw. Sporen werden zwar abgetötet, Teile von ihnen bleiben aber zurück. Und diese sind, wenn sie eingeatmet werden, potenziell gesundheitsschädlich. "Auch tote Bestandteile haben eine gewisse medizinische Relevanz", warnt der Umweltmediziner. Das ist aber noch lange nicht alles: "Wenn man ein Fungizid im Wohnraum großflächig anbringt, setzt man sich zusätzlich einer Belastung durch Chemikalien aus." Schimmelflecken wiederum, die eine Fläche von einem halben Quadratmeter überschreiten und auch in die Tiefe gehen, erfordern den Einsatz eines Fachmanns.

Rasches Handeln notwendig

Auf jeden Fall aber müsse die Ursache behoben werden. Nur so könne garantiert werden, dass der Schimmel vollständig und nachhaltig entfernt wird. Nicht zuletzt deshalb, weil Schimmelbefall neben der direkten Gesundheitsgefährdung für gewöhnlich auch einen sekundären Schaden für die Betroffenen mit sich bringt. Die Tatsache, dass sich Schimmel in den eigenen vier Wänden ausbreitet, und die Unsicherheit, das gesundheitliche Risiko betreffend, in Kombination mit einer langen Bearbeitungszeit können den Betroffenen schwer belasten. "Man wird hier teilweise allein gelassen mit dem Problem." Hutter appelliert daher an die Verantwortlichen, rasch und fundiert zu helfen.

© Elke Mayr

Steckbrief

Hans-Peter Hutter

geboren
26.03.1963
Geburtsort
Wien
Beruf
Umweltmediziner

Hans-Peter Hutter ist Oberarzt und stellvertretender Leiter der Abt. für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien.

Über die Autoren

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