von
Seit 2016/2017 führt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft zu Silvester eine Umfrage an allen Notdienst leistenden deutschen Augenkliniken des Landes durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Wie die Umfrage 2023/2024 zeigte, mussten die Kliniken in Deutschland in den fünf Tagen um den Jahreswechsel insgesamt 781 Personen mit feuerwerksbedingten Augenverletzungen behandeln. Zum Jahreswechsel 2022/2023 hatte man mit 838 augenärztlichen Notfallpatienten infolge solcher Verletzungen sogar einen Höchststand verzeichnet.
"Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit", erklärte Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. "Wir fürchten, daran wird sich zum kommenden Jahreswechsel nichts ändern", sagt sie. Vor der Pandemie ereigneten sich rund um Silvester in Deutschland jährlich etwa 500 Augenverletzungen.
In Sachen Verletzung ist es egal. Doch die Allgemeinheit müsste eine solche Schadensbilanz nicht wirklich kommentarlos hinnehmen, meinen die deutschen Augenspezialisten: Wie in den Vorjahren auch, waren rund 60 Prozent der Opfer völlig Unbeteiligte, die das Feuerwerk gar nicht selbst gezündet hatten. "Diese Betroffenen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt", so Ameli Gabel-Pfisterer.
Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter zwölf Jahren betroffen sind. "Wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden", meinte die Augenärztin. Einige Kinder verletzten sich auch durch Böllern, die sie am Neujahrstag aufsammelten.
Treffen kann es prinzipiell jeden, der sich außerhalb geschützter Räume aufhält. "Zum vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter dokumentieren, der im Einsatz getroffen wurde", berichtete Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg, in einer DOG-Aussendung.
In einzelnen Fällen war die aufgetretene Verletzung so groß, dass die verletzten Augen sogar entfernt werden mussten. "Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen", erklärte Agostini.
Zum Jahreswechsel auf 2023 wurde in Deutschland ein besonders tragischer Fall bekannt. "Wir mussten einen Patienten behandeln, der auf der Terrasse stand, als ihn unvermittelt ein Sprengkörper traf", berichtete Amelie Gabel-Pfisterer. Das verletzte Auge musste nach mehrfachen Operationen schließlich wegen unerträglicher Schmerzen und eingetretener Erblindung entfernt werden.
Um solche Katastrophen abzuwenden, rief die DOG zu größter Vorsicht auf. "Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus", riet der DOG-Experte. "Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren." HNO-Spezialisten würden wohl für Silvesterfeiern im Freien auch gleich noch zusätzlichen Gehörschutz empfehlen.
In den Niederlanden und in Finnland entschloss man sich vor einiger Zeit zu Gegenmaßnahmen. Dort konnte laut DOG mit massiven Aufklärungskampagnen die Zahl der durch Feuerwerke bedingten Verletzungen in den vergangenen Jahren in etwa halbiert werden.
VISSELHÖVEDE - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/Daniel Reinhardt