Die Coronapandemie gilt als "Gamechanger" in Sachen Führung und Zusammenarbeit. Studien zeigen, dass sich Führungskräfte auf herausfordernde Veränderungen einstellen mussten. Die Ausweitung des Homeoffice hat hierzu deutlich beigetragen. Auszeiten bieten die Möglichkeit, über entscheidende Fragen nachzudenken.
Für Führungskräfte ist es von besonderer Bedeutung, in hybriden Teams die eigene Digitalkompetenz permanent weiterzuentwickeln. Sie müssen als Vorbilder agieren, um digital gut arbeiten zu können. Was im "New Work" gleichbleibt, ist, dass Managerinnen und Manager eine gute Beziehung zu ihren Mitarbeitenden haben müssen, um sie zu Topleistungen zu motivieren.
Gesundheitskultur etablieren
Führungskräfte geraten oft in den Strudel des operativen Tagesgeschäfts mit der Gefahr, dass die strategische Ausrichtung und Zukunftsvision des Unternehmens in den Hintergrund gerät. Der Tag scheint immer zu wenige Stunden zu haben, um sämtliche Aufgaben zu bewältigen. Mangerinnen und Manager mit einem starken Verantwortungsgefühl denken häufig, sie dürften sich nicht erholen. Nehmen sich Führungskräfte eine Auszeit, gelingt es ihnen oft nicht, wirklich Abstand zu gewinnen. Die Folge: Sie laufen wie ein überdrehter Motor. Die Gefahr, ein Burnout zu erleiden, steigt. Will man als Führungskraft leistungsfähig bleiben, ist es wichtig, die Batterien regelmäßig aufzuladen.
Arten von Auszeiten
Die Idee, dass ständige Arbeit ohne Unterbrechung die Produktivität steigert, ist längst überholt. Langfristige Effizienz erfordert vielmehr einen ausgewogenen Rhythmus von Arbeit und Erholung. Perioden intensiver Arbeit sollten durch Pausen und Ruhephasen ergänzt werden, um die Leistungsfähigkeit langfristig aufrechtzuerhalten. Auszeiten ermöglichen es Menschen, sich von stressigen Situationen zu distanzieren und mentale und emotionale Entlastung zu erfahren.
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Führungskräfte spielen bei der Umsetzung der Gesundheitskultur im Unternehmen eine zentrale Rolle. Regelmäßige Qualifizierungen oder Seminare zu gesunder Führung halten das Thema lebendig. Johanna Klösch, Arbeits- und Organisationspsychologin in der AK Wien, erklärt: "Manager:innen in Führungspositionen haben einen hohen Gestaltungsraum ihrer Arbeitsprozesse und sind daher weniger Burnout-gefährdet als untergeordnete Manager:innen."
Die Bedeutung kurzer Auszeiten
Die Arten von Pausen können je nach Pausentyp unterschiedlich gestaltet werden. Die agile Unternehmensberaterin Karin Probst erklärt: "Anforderungen und Bedürfnisse an Arbeit haben sich im Rahmen der New Work verändert, vor allem bei jüngeren Generationen, die mehr Wert auf Arbeitsqualität, Sinnhaftigkeit und einen ruhigeren Workflow legen. Es geht ihnen darum, mehr Zeit für die wichtigen Dingen im Leben zu haben."
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Pausen eine Wirkung auf die Leistungsfähigkeit haben. Die wissenschaftliche Evidenz belegt den gegenwärtigen Auszeittrend: Wiederholte kurze Pausen über den Tag hinweg steigern die Produktivität und das Wohlbefinden der Arbeitenden. Selbst kurze Pausen können schon wirkungsvoll gegen Müdigkeit sein. Gezielte Pausen tragen dazu bei, dass man konzentriert und motiviert bleibt.
Probst erklärt: "Im agilen Kontext1 gibt es alle zwei Wochen ein Innehalten, eine gemeinsame Retrospektive, was gut war und was man verbessern könnte. Einen Rhythmus von Entwerfen, Umsetzen, Reflektieren und Feiern zu finden, hilft, gelassen die Herausforderungen zu bewältigen."
Unbezahlte Sabbaticals
Unter Sabbatical versteht man eine längere, zumeist unbezahlte Freistellung von der regulären Arbeit. Sabbaticals lassen sich vielseitig und individuell gestalten. Laut Probst gibt es derzeit eine Tendenz zum sozialen Sabbatical: "Viele wollen in ihrer Auszeit etwas Karitatives bzw. Nachhaltiges machen. Zum Beispiel ein Recycling-Projekt in Ecuador unterstützen. So können Soft Skills ausgeweitet werden, man entwickelt sich weiter. Bis dato waren Sabbaticals im CV eher schlecht angesehen." Immer noch zögern Führungskräfte, Auszeiten zu nehmen, aus Angst, erschöpft zu wirken.
Flexible Arbeitsmodelle
Flexible Arbeitsmodelle erhöhen die Mitarbeiterbindung. Vor der Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodells muss der initiale Zeit- und Kostenaufwand einkalkuliert werden, um das neue Modell umzusetzen und an die Bedürfnisse des Unternehmens sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzupassen. Gewisse Modelle setzen ein großes Vertrauen in die Arbeitnehmenden voraus, für das es eine entsprechende Unternehmenskultur braucht. Auch der Koordinationsaufwand sollte nicht unterschätzt werden, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten arbeiten. Flexibilität bedingt eine gute Abstimmung im Team.
Kurzurlaube
Voraussetzung für erholsame Kurzurlaube von Führungskräften ist das Vertrauen in ihre Mitarbeitenden sowie eine gute Regulierung der Abläufe im Unternehmen. Führungskräfte haben den gleichbleibenden Ablauf der Tätigkeiten zu gewährleisten. In vielen Unternehmen allerdings wird die jährliche Urlaubsplanung immer wieder zum Verhängnis. In manchen Unternehmen herrscht eine Kultur der ständigen Verfügbarkeit und Überarbeitung, die es schwierig macht, Auszeiten zu akzeptieren. Daher ist die Einführung einer Unternehmenskultur, die die Bedeutung von Work-Life-Balance betont, vonnöten. Einen innovativen Ansatz verfolgt das Unternehmen Continental, dort werden sogenannte Brückentage zwischen Feiertagen nicht als Urlaubstage gerechnet.
Tipps für die Umsetzung von Auszeiten
"Gute Planung ist das A & O, um einerseits Auszeiten in den beruflichen Alltag integrieren zu können und anderseits Strategien für eine erfolgreiche Rückkehr in den Arbeitsprozess zu entwickeln", erklärt Klösch. Kehren Mitarbeitende nach längerer Zeit ins Unternehmen zurück, sind sie auf die Starthilfe von Chefs sowie Kolleginnen und Kollegen angewiesen. Hilfreich für Arbeitgeber:innen und Mitarbeiter:innen ist es, wenn sie sich konkrete Schritte für die Zeit der Abwesenheit und der Rückkehr überlegen.
Die Technische Universität Dortmund hat ein Programm entwickelt, welches den Wiedereinstieg erleichtern soll. Es gliedert sich in drei Phasen: Vorbereitung, Abwesenheit und Rückkehr. Kurz vor der Rückkehr ist zu klären, ob die betreffende Person eine Weiterbildung braucht, um in ihr Tätigkeitsfeld zurückzufinden, oder ob sie vielleicht sogar eine für sie gänzlich neue Aufgabe übernimmt. Nicht selten nämlich kehren Mitarbeitende nach einer Auszeit mit neu erworbenem Wissen und neu erlernten Fähigkeiten zurück.
Effiziente Pausengestaltung
Die Pomodoro-Technik gilt als leicht erlernbare Zeitmanagement-Methode, auf die zahlreiche erfolgreiche CEOs zurückgreifen. Entwickelt wurde sie vom italienischen Unternehmer Francesco Cirillo. Zum Messen der Zeit verwendete er einen Küchenwecker in Form eines Paradeisers, der der Methode schließlich ihren Namen gab. Bei der Pomodoro-Technik wird die Arbeitszeit in 25-minütige Segmente und eine fünfminütige Pause eingeteilt. Diese Intervalle werden als "Pomodori" bezeichnet. Nach etwa vier Pomodori macht man eine längere Pause von rund 15 bis 20 Minuten.
Burnout-Prävention
Langfristige Effizienz und Burnout-Prävention sollten als partnerschaftliche Ziele betrachtet werden, die durch bewusste Selbstfürsorge und eine unterstützende Arbeitsumgebung erreicht werden können. Burnout kann durch externe Beraterinnen oder Berater präventiv behandelt werden. Durch die externe Position des Beratenden und dessen berufsethisch festgelegte Verschwiegenheitspflicht ergibt sich jener freie Raum, in dem die tatsächlichen Ursachen für die Befindlichkeit der Mitarbeitenden erhoben und bearbeitet werden können.
Klösch erklärt: "Längere Sabbaticals werden oft erst an einem Zeitpunkt in Anspruch genommen, an dem sich ein Burnout mit ihnen nicht mehr abwenden lässt. Arbeitsstrukturen müssen gesund gestaltet sein und dürfen nicht krank machen. Der Arbeitsdruck ist ein Thema der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers. Sie bzw. er hat wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Längere Auszeiten sollten dazu dienen, sich weiterzuentwickeln und sich zu regenerieren."
Herausforderungen und deren Lösungen
Die Einführung von Auszeiten für Führungskräfte erfordert nicht nur eine Veränderung der individuellen Einstellung, sondern auch eine Anpassung der Organisationskultur und -strukturen. Offene Kommunikation, klare Erwartungen und Flexibilität sind entscheidende Faktoren, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Die Unternehmensführung muss sich genau überlegen, welche Arten von Auszeit zum Unternehmen passen. Vor dem Änderungsprozess sollten Fragen stehen, wie: Welche Wünsche und Bedürfnisse haben die Mitarbeitenden? Wie viel Flexibilität können wir gewährleisten?
Gegenwärtig entwickeln sich viele neue Unternehmensstrategien, mit denen man den Ansprüchen der jüngeren Generationen gerecht werden will. Mit derartigen innovativen Ansätzen soll zur Stressreduktion beigetragen und gleichzeitig die Effizienz des Unternehmens gesteigert werden.
Shared Leadership
In den letzten Jahren hat sich Topsharing, auch duale Führung genannt, etabliert. Bei diesem Modell wird die Verantwortung der Unternehmensführung auf zwei oder mehrere Teilzeitarbeitskräfte aufgeteilt. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert eine teilzeitfreundliche Unternehmenskultur und klare Zieldefinitionen. Die mit dem Modell einhergehende Flexibilität ermöglicht es Führungskräften, ihre berufliche Entwicklung voranzutreiben, unabhängig davon, in welcher Lebensphase sie sich gerade befinden.
Die Einführung maßgeschneiderter Arbeitszeitmodelle für Führungskräfte entspricht den sich wandelnden Bedürfnissen. Aufgrund der vermehrten Schnittstellen und der gegenseitigen Abhängigkeiten der Führungskräfte birgt das Topsharing-Modell aber auch Herausforderungen: Eine gute Abstimmung zwischen den Tandempartnerinnen bzw. -partnern hinsichtlich der Arbeitsorganisation und -inhalte ist für die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts entscheidend. Unstimmigkeiten zwischen den Partnerinnen bzw. Partnern wiederum können negativ aufs Unternehmen einwirken.
Vertretungsmodelle
Eine andere Variante des Topsharings stellen Vertretungsmodelle dar, bei denen die Arbeitszeit einer erfahrenen Führungskraft reduziert wird, woraufhin eine (hoch-)qualifizierte, aber weniger erfahrene Stellvertretung die Abwesenheit kompensiert. In der Einführungsphase von Teilzeitführung ist es ratsam, dass das Unternehmen Wissen aufbaut. Dies kann mithilfe von Workshops, an denen die Teilzeitführungskräfte, deren Teams sowie deren Vorgesetzte teilnehmen, erreicht werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind klare Teilzeitführungszieldefinitionen unerlässlich.
Fazit
Der Bedeutungszuwachs von einer gesunden Unternehmenskultur ist durch steigende Belastungen infolge neuer Arbeitsformen wie Homeoffice, mobilem oder hybridem Arbeiten begründet. Dies löst bei Managerinnen und Managern hohen Druck aus. Um den neuen Arbeitsanforderungen auf positive Art und Weise zu begegnen und eine gesunde Unternehmensstruktur zu gewährleisten, ist eine strategisch ausgerichtete, gezielte Vorgehensweise. Hierfür eignen sich unterschiedliche Ansätze, die von diversen Auszeitmodellen bis hin zu innovativen Unternehmensstrategien - Stichwort Topsharing - reichen. Diese Ansätze sind für die Burnout-Prävention wichtig. Prinzipiell sollten Burnout-Signale möglichst rasch erkannt und behandelt werden, damit Managerinnen und Manager nicht dauerhaft ausfallen, was letztlich auch eine finanzielle Belastung fürs Unternehmen ist.
1 Agiles Arbeiten bedeutet, sich rasch an sich ändernde Umstände anpassen zu können. Es vereint proaktive und reaktive Aspekte mit dem Ziel, sich auf mögliche Zukunftsszenarien vorzubereiten und schnellstmöglich auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.