"Männer wollen immer nur das eine." "Ein Mann, der nicht kann, ist kein Mann, sondern ein Schlappschwanz..." Auffassungen wie diese sind nicht nur primitiv, sondern gehen zielsicher an allem vorbei, was Sex und Sinnlichkeit im besten Sinn des Wortes sein können. Richtig gelesen, Sex. Wir reden jetzt aber nicht nur vom bloßen Aufeinanderprallen zweier leidenschaftlicher, verschwitzter Körper. Wir sprechen vom Gesamtpaket eines weit gefassten und durchaus zeitgemäßen Begriffs von Sexualität. Mit diesem Begriff halten wir dem Trend immer schwammigerer Beziehungsformen entgegen.
So wie Kai. Er ist sechsundzwanzig und liegt nach dem ersten Date nicht auf Eva. Und somit eher nicht im Trend. Sein Verhalten Eva gegenüber könnte als sexuell desinteressiert, antriebslos und unsexy, ja witzlos fehlinterpretiert werden. Oder als bequem und unbeholfen. Oder, eine weitere mögliche Deutung, Kai steht vielleicht insgeheim gar nicht auf Frauen, sondern eher auf Männer und wehrt diese Neigung aus gesellschaftlichen Gründen oder seinem spießigen Elternhaus zuliebe ab. Deshalb seine Hemmung und Blockade, nach einem Date sogleich spontanen Sex zu haben. Er folgt nicht dem ungeschriebenen Gesetz klischeehaft männnlichen Liebesverhaltens, eine Frau bei der ersten Gelegenheit mit der Potenz seines Phallus zu beeindrucken.
Und nun zum weit gefassten Begriff von Sex und Sinnlichkeit, der "Alles-inklusive-Liebe": Dieser von mir entwickelte Begriff von Sex und Sinnlichkeit meint eine reife, wenn Sie so wollen, die über körperliche Anziehung hinausgehende metaphysische Liebe. Viele Herren der Schöpfung halten sich für Looser und fühlen sich eines Versäumnisses schuldig, wenn sie ihr Liebesleben nicht bei jedweder Gelegenheit scharf würzen und vor Wollust in Ekstase geraten.
Zuerst die gute Nachricht: Der selbstbewusste Mann hat sexuelle Aufrisse sowie allzeitige Potenz nicht nötig. Und die selbstbewusste Frau deutet seine Enthaltsamkeit nicht als Zurückweisung. Und jetzt die weniger gute Nachricht: Das durchschnittliche Liebesleben hat sich noch nicht gegen das Klischee durchgesetzt. Wie schön kann aber doch das Werbeverhalten eines Mannes sein, der nicht nur "auf eines" abzielt. Wenn ein sexueller Akt die Krönung ist, fühlt es sich inniger, auch achtsamer, ja würdevoller an, als wenn sich immer alles nur ums Kopulieren dreht; wenn nicht sofort Leistungsstress und Versagensängste entstehen, zu Potenzmitteln gegriffen oder panisch in Sexualtherapie gegangen wird, unter dem Motto: "Warum funktioniert das nicht bei mir?"
Ist es nicht reizvoll, wenn Männer auch ihre Tage haben, wo eben "nichts läuft" und Raum für Zärtlichkeit entsteht? Gerade das Gehaltenwerden wollen doch insgeheim fast alle: Ein grundlegendes menschliches Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit, das man sich aber oftmals wegen seiner Unaufgeregtheit nicht erlaubt. Und den Selbstwert als Frau an der Potenz und Begierde der Männer festmacht. Darum lieben Sie ab jetzt lieber "alles inklusive", dann gibt es noch viel mehr als nur die Missionarsstellung; zum Beispiel "Holding", wie das bloße Gehaltenwerden in nicht, genauso gut. Einfach ausprobieren und die sexuelle Revolution starten: Dann muss er nicht immer können. Dann muss er nicht immer wollen. Dann entsteht das, was die Krönung ist. Ein bedingungslos sinnliches Liebesleben.