Hausaufgaben schaden mehr als sie nutzen. Zumindest während der ersten acht Jahre der schulischen Karriere. Zu diesem Schluss kommt Harris Cooper, Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der Duke University. 25 Jahre lang hat er sich laut "mymonk.de" mit diesem Thema auseinander gesetzt. Seine Erkenntnisse hat er in dem Buch "The Battle over Homework" niedergeschrieben. Was aber genau ist so schlecht an Hausaufgaben? Und wie kann man es besser machen? News.at befragte die Kinder- und Jugendpsychologin Mag. Simone Breitenfeld.
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Hausaufgaben ...
... verschlechtern die Einstellung zur Schule.
Und das aus gutem Grund, wie Cooper meint: Sie machen schlicht und einfach keinen Spaß. Was zur Folge hat, dass die Schule im Allgemeinen mit Anstrengung und dem Gefühl eines Widerwillens verbunden wird.
Umso wichtiger sei es laut Breitenfeld, dem Kind zu zeigen, dass Schule und Lernen auch Spaß machen können. Anderseits sollten Lehrer nur dann eine Hausübung aufgeben, wenn es wirklich notwendig ist. Etwa wenn während des Unterrichts ein neuer Lernstoff durchgenommen wird, der, um ihn sich besser einzuprägen, häufiges Wiederholen verlangt. Das sei beispielsweise bei der Rechtschreibung, dem 1 x 1 oder beim Lesen der Fall.
Dagegen empfiehlt es sich nicht, während des Unterrichts ein Thema anzureißen und die Arbeit dann dem Kind mit nach Hause zu geben. "Das ist nicht der Sinn einer Hausübung", kritisiert die Expertin. Die Hausübung sei nicht dazu da, abzudecken, was sich sich in der Unterrichtszeit nicht ausgegangen ist. Auch täglich eine Stunde für Hausaufgaben aufwenden zu müssen, sei Breitenfeld zufolge zu viel des Guten.
... verschlechtern die Eltern-Kind-Beziehung.
Nicht selten übernehmen die Eltern in puncto Hausaufgaben eine Erinnerungsfunktion. Das kann ganz schön nerven, v.a. dann, wenn man sich lieber mit anderen Sachen beschäftigt. Die Folge wären Cooper zufolge Kämpfe und zunehmende Distanz zwischen Eltern und Kind.
"Hausübungen sind leider wirklich oft ein Reibungspunkt", bestätigt Breitenfeld. "Die Kinder wollen sich ihre Freizeit selbst gestalten, Freunde treffen, rausgehen" - und ließen sind manchmal nur schwer motivieren. Treffen sie dann auf Eltern, die einen anstrengenden Tag gehabt haben und möglicherweise nicht so reagieren, wie das Kind es bräuchte, ist der Konflikt vorprogrammiert. "Wenn sich das häufig wiederholt, kann die Spannung auf andere Bereiche in der Familie übergreifen", sprich das ganze Familiensystem belasten.
Um dies zu vermeiden, empfiehlt Breitenfeld, eine externe Lernbetreuung heranzuziehen. "Das ist nicht immer so leicht. Aber wenn die Konflikte häufig vorkommen und die Situation für beide mühsam ist, zahlt es sich aus, in jemand anderen zu investieren." Die Aufgabe der externen Lernbetreuung können beispielsweise auch Freunde, eine Tante oder andere Verwandte übernehmen. Wichtig sei - abgesehen von der Fähigkeit, Inhalte zu vermitteln - nur, dass die Person nicht in direkter Familienbeziehung steht.
... übertragen Verantwortung auf die falsche Weise.
Hausaufgaben sollten unter anderem dazu dienen, dem Kind Selbstdisziplin und Eigenverantwortung beizubringen. Das Problem: Es funktioniert nicht. Der Grund: Auf diese Art von Verantwortung sei das Kindergehirn Cooper zufolge in diesem Alter noch nicht gepolt. Dagegen plädiert der Forscher für Hausarbeiten statt Hausaufgaben. Der Haushalt sei ein geeignetes Umfeld, den Sprösslingen Verantwortung beizubringen.
Dem pflichtet Breitenfeld bei: Nach dem Essen den Teller wegräumen, sich alleine anziehen - das seien der Expertin zufolge Bereiche, in denen man dem Kind Eigenverantwortung beibringen kann und soll. Dagegen rät Breitenfeld davon ab, Eigenverantwortung innerhalb einer Leistungssituation zu vermitteln. Sprich: bei Hausaufgaben. "Wenn das Kind zuhause keine Verantwortung übernimmt, dann kann es das auch durch Hausübungen nicht lernen.
... nehmen dem Kind die Zeit, Kind zu sein.
Nie mehr im Leben werden wir so viel entdecken, träumen und spielen können wie in unserer Kindheit. Daher sollten unsere ersten Lebensjahre auch genau hierfür Raum bieten. Hausaufgaben, so Cooper, würden dem Kind nicht nur die Zeit zum Spielen rauben, sondern auch die Möglichkeit, sich ausreichend zu bewegen.
Übung sei wichtig, meint die Expertin, aber das Kind bräuchte auch seine Zeit zum Abschalten. "Wer kommt schon gerne nach Hause, um genau dort weiterzumachen, wo er eben erst aufgehört hat", veranschaulicht Breitenfeld. Kinder brauchen auch etwas anderes als nur Schule. "Als Erwachsener kann man sich's ein bisschen besser einrichten, selbst entscheiden, wie man den Abend gestaltet. Kinder dagegen sind fremdgesteuert. Sie können nicht einfach sagen: Heute ist mir nicht danach, die Hausübung zu machen."
... verhindern, dass sich das Kind erholt.
Mehrere Stunden täglich still sitzen und sich konzentrieren müssen - das ist schon eine ganz schöne Herausforderung für das Kind. Daher folgert Cooper, dass das Kind nicht auch noch am Nachmittag sitzen und büffeln müssen soll. Nach der Schule stünde ihm zufolge Erholung auf dem Programm.
Umso wichtiger sei es laut Breitenfeld, Hausaufgaben - wie bereits erläutert - mit Maß und Ziel zu verteilen. Nur dann, so die Devise, wenn es wirklich notwendig ist. Zwei, drei Mal die Woche wären okay. Dabei sollte eine Dauer von je 30, maximal 45 Minuten nicht überschritten werden. Vor allem dann nicht, wenn das Kind ohnedies eine Ganztagsschule besucht oder Nachmittagsbetreuung genießt.
Es käme allerdings stets auf den Inhalt der Hausübung an. "Lesen kann man dem Kind ruhig zumuten. Auch täglich, wenn es sein muss." Hier ginge es nämlich um die Übung. Oder aber es wird eine gewisse Seitenzahl binnen, sagen wir mal, einer Woche aufgegeben. So hat das Kind die Möglichkeit, sich die Aufgabe zeitlich selbst einzuteilen. Was übrigens auch fürs Örtliche gilt: Der Lesestoff kann problemlos mit in den Garten oder ins Schwimmbad genommen werden.
Können, nicht müssen
Abgesehen davon könnten Lehrer Hausaufgaben auch als Empfehlung und nicht ausschließlich, wie gewohnt, als Verpflichtung mit nach Hause geben. Etwa wenn es gilt, ein Kind individuell zu fördern. Dabei reiche eine Mitteilung an die Eltern, in welchem Bereich das Kind Nachholbedarf hat. So wüssten die Eltern gezielt, was ihr Kind bräuchte, und könnten es, wenn nötig, beim Üben unterstützen. So oder so aber gilt: Hausübungen ja, allerdings nur mit Maß und Ziel.