Johann Lehrner erforscht an der MedUni Wien u.a. den Zusammenhang von Gerüchen und Emotionen sowie von Riechstörungen und Demenz.
Riechen ist einer der menschlichen Sinne. Und zwar jener, dessen Wichtigkeit unterschätzt werde, ist Johann Lehrner überzeugt: „Man glaubt, Hunde und Ratten riechen ausgezeichnet, der Mensch aber nicht.“ Diese Annahme ist jedoch falsch: Auch Menschen verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn, der gleichzeitig wichtige Funktionen erfüllt: „Riechen bedeutet, die Umwelt 24 Stunden lang zu überwachen. Sobald Veränderungen in der Atemluft entstehen wie etwa bei einem Brand, warnt uns dieser Sinn.“
Er verrät, ob ein Essen genießbar oder etwa bereits verdorben ist, und spielt eine Rolle bei der Partnerwahl. „Über den Körpergeruch wird das Immunsystem nach außen getragen“, erklärt der Psychologe der MedUni Wien. Eine ebenso wichtige Funktion hat der Geruchssinn bei der sogenannten Aromawahrnehmung. „Ohne ihn könnten wir bei einer Blindverkostung Erdbeer- nicht von Himbeer-Aroma unterscheiden“, weiß Lehrner.
Entspannter und weniger ängstlich
Der Psychologe untersucht mit seinem Team den Zusammenhang zwischen Riechstörung und Alzheimer-Demenz. Das Ergebnis einer der Studien: Die Riechleistung eignet sich sehr gut zum Ausschluss einer Demenzentwicklung. Das heißt: Wenn ich im Alter einen gut funktionierenden Geruchssinn und keine kognitiven Einschränkungen habe, liegt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zehn Jahren an einer Demenz zu erkranken, praktisch bei null.
Zudem beschäftigt sich Lehrner mit Gerüchen und dadurch ausgelöste Emotionen. „Menschen zeigen unterschiedliche Reaktionen auf den gleichen Geruch“, so der Wissenschaftler. Daher werde aktuell diskutiert, inwieweit es bereits angeboren ist, ob ein Geruch als angenehm empfunden wird oder nicht.
Ein Geruch löst bei den allermeisten positive Emotionen hervor: Orangenduft. Lehrner: „Wir haben eine Studie im Bereich der Aromatherapie gemacht. Dabei stellte sich heraus, dass Orangenduft in der Zahnarztpraxis dazu führt, dass Patienten im Warteraum entspannter und weniger ängstlich sind.“ Sein Tipp für bessere Stimmung: „Orangenduft sowie fruchtige Essens- und Blütendüfte werden unbewusst mit angenehmen Situationen verbunden und führen deswegen zu einer Verbesserung der Stimmung.“
Johann Lehrner
studierte Psychologie an der Universität Wien. Lehrner ist als Klinischer Psychologe und Psychotherapeut sowie an der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Wien tätig. Zu seinen Spezialgebieten gehören u. a. die Früherkennung von Demenz sowie die Bereiche Riechen und Lebensqualität.