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Fibromyalgie: Was steckt hinter der tückischen Krankheit?

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Was ist Fibromyalgie? Welche Symptome und Ursachen gibt es dafür? Und wie lässt sich FMS behandeln?

Patienten, die unter Fibromyalgie oder vielmehr unter dem Fibromyalgie-Syndrom (FMS) leiden, haben es mit einer tückischen Krankheit zu tun. Nicht nur wegen der Symptome, sondern vor allem, weil sie nur schwer zu diagnostizieren ist.

Starke Schmerzen, Schlafstörungen, körperliche und geistige Erschöpfung. Die Symptome des Fibromyalgie-Syndroms (FMS) sind vielfältig.

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 © iStockphoto.com

News hat mit Univ.Prof.DDr. Hans Georg Kress, Leiter der Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerztherapie (AKH/MedUni Wien), über Fibromyalgie gesprochen.

Was ist Fibromyalgie?

"Sie ist - anders als es der irreführende Name suggeriert - keine entzündlich-rheumatische Erkrankung. Daher sollte sie besser als Fibromyalgie-Syndrom (FMS) bezeichnet werden, das einen chronischen Endzustand unterschiedlicher körperlicher und psychosozialer Mechanismen mit generalisierten Schmerzen und zentraler Schmerzsensibilisierung darstellt. Das FMS ist demnach eine Schmerzverarbeitungsstörung des zentralen Nervensystems, keine primär entzündliche Muskelerkrankung. Etwa zwei Prozent der Allgemeinbevölkerung leiden an FMS."

Wie erkenne ich Fibromyalgie? Welche Symptome kann man feststellen?

Entscheidende Kernsymptome sind:

  • über viele Monate anhaltende, generalisierte Schmerzen in mehreren Regionen des Bewegungsapparats
  • mit Schlafstörungen und Erschöpfungszuständen (Fatigue)
  • ohne erkennbare körperliche Ursache

Primäre organische Ursachen (z.B. rheumatologische Erkrankungen, Infektionen, medikationsbedingte Muskelschmerzen) sollten ausgeschlossen werden. Die ursprünglich für die Diagnose geforderten 11 von 18 druckschmerzhaften sogenannten "tender points" (Druckpunkte) sind heute nicht mehr für die Diagnose erforderlich. Geeignete Fragebögen für den Patienten erleichtern die Diagnose entsprechend der aktualisierten Kriterien des American College of Rheumatology (ACR).

In Frankreich beispielsweise wird Fibromyalgie offiziell gar nicht als Krankheit anerkannt, sondern nur als eine Reihe von Symptomen. Wiesieht das in Österreich aus?

"International, nicht nur in Frankreich, wird Fibromyalgie heute nicht als eine Organerkrankung im herkömmlichen Sinn, sondern als Syndrom einer im Zentralnervensystem gestörten Schmerzverarbeitung mit Zeichen der zentralnervösen Schmerzsensibilisierung verstanden, das durch komplexe und vielfältige mögliche Ursachen und Begleitsymptome gekennzeichnet ist."

Was ist die Ursache/was sind die Ursachen von Fibromyalgie?

"Eine monokausale oder eindeutige genetische Ursache ist nicht bekannt. Relevant ist die zentrale Schmerzverarbeitungsstörung mit Disbalanz von Nerven-Botenstoffen und erniedrigten Schmerzschwellen, die für die typische klinische Symptomatik des FMS maßgeblich sind. Auslöser können neben einer möglichen genetischen Disposition vor allem zurückliegende psychische, soziale oder körperliche Traumatisierungen, Schlafstörungen, anhaltende akute Schmerzen oder auch unklare Infektionen sein."

Welche Therapieformen gibt es?

"Im Zentrum stehen nichtmedikamentöse Maßnahmen:

  • Aufklärung über die Gutartigkeit der Erkrankung
  • körperliche Bewegung, psychische und
  • soziale Aktivierung (Ausdauertraining, Hobbys, soziale Kontakte, Stressabbau, ausreichend Schlaf)

Alleine schon das Wissen um die - oft jahrelang ungewisse - Diagnose hilft vielen Patienten bei der Schmerzbewältigung. Bei schweren Fällen werden symptomorientierte physikalische Therapie und kognitive Verhaltenstherapie mit regelmäßiger körperlicher Betätigung erfolgreich eingesetzt. Zusätzlich kann eine medikamentöse Therapie erwogen werden, wobei grundsätzlich Kortison-Präparate und Analgetika wie NSAR oder Opioide nicht empfohlen werden."

Ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll?

"Nur in Kombination mit den vorher erwähnten Aktivierungs- und Trainings-Maßnahmen können - meist befristet - zusätzlich bestimmte Antidepressiva oder sogenannte Gabapentinoide, eventuell auch Cannabinoide (Dronabinol, Nabilon, Nabiximols) eingesetzt werden. Es gibt jedoch keine speziell für das FMS wirksamen Medikamente."

Ist Fibromyalgie heilbar?

"In der Regel nicht, sie kann aber durch entsprechende therapeutische und edukative Begleitmaßnahmen gut beherrscht werden, da etwa 50 Prozent des Erkrankungsrisikos zulasten von Lebensumständen gehen."

Sind medizinische Massagen in solch einem Fall sinnvoll?

"Massagen werden ausdrücklich nicht empfohlen, auch Operationen, Chirotherapie, hyperbare Sauerstofftherapie, Kältetherapie oder Magnetfeldtherapie sind nicht sinnvoll."

Wie beeinflusst Fibromyalgie den Alltag der Patienten?

"Erheblich, vor allem solange die Diagnose nicht bekannt ist. Die starke Beeinträchtigung im täglichen Leben wird durch erhebliche und wiederholte Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und stationärer wie ambulanter, oft überflüssiger Diagnostik und Therapie noch verschlimmert."

Chronischer Schmerz belastet oftmals auch die Psyche. Welche Rolle spielt eine Psychotherapie bei der Behandlung?

"Psychische, soziale und posttraumatische Faktoren spielen für das Krankheitsgeschehen bei FMS eine Rolle. Bei starker psychischer Komponente ist eine kognitive Verhaltenstherapie nachgewiesenermaßen wirksam, sinnvoll und von Leitlinien empfohlen. Bei vielen Patienten reichen ärztliche Erklärung und Motivation zu Stressabbau und körperlicher wie sozialer Aktivität aber meist aus."

Wie viele Fibroyalgie-Erkrankte gibt es in Österreich und weltweit?

"Weltweit leiden etwa zwei Prozent der Allgemeinbevölkerung an FMS. Österreich unterscheidet sich bezüglich FMS nicht vom Rest der Welt, es gibt keine kulturellen, geographischen oder sozio-ökonomischen Unterschiede. Auch Jugendliche können bereits an FMS leiden."

Sind eher Frauen oder Männer betroffen?

"Die alten Diagnose-Kriterien (Mindestanzahl von 11 positiven der 18 “"ender points") führten zu einer Überschätzung des Anteils betroffener Frauen. Seit Etablierung der neuen ACR-Kriterien (ohne Mindestzahl an "tender points") beläuft sich das Verhältnis betroffener Frauen zu Männer auf 2:1. Es entspricht damit dem Geschlechterverhältnis bei vielen anderen chronischen Schmerzerkrankungen."

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