Mehr denn je wird heute auf das Wohl des Kindes geachtet. Böse Zungen behaupten gar, es bestehe die Tendenz, dass manche Eltern ihre Sprösslinge zu kleinen Narzissten erziehen. Was ist dran an dieser Behauptung? Welche Erziehungsformen fördern die Entwicklung von narzisstischen Verhaltensweisen? Und wie macht man es richtig?
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Wer sein Kind gut umsorgt, versucht, dessen Bedürfnisse so gut als möglich zu befriedigen, dem wird heute schnell nachgesagt, es würde den Sprössling zu einem kleinen Narzissten erziehen. Tatsächlich kann ein gewisser Erziehungsstil dazu beitragen, dass der Nachwuchs narzisstische Eigenschaften - wenn auch nicht im Sinne einer psychischen Erkrankung, wie es bei der narzisstischen Persönlichkeitsstörung der Fall ist - entwickelt.
Die Eltern meinen es nur gut
"Viele Eltern wollen ihren Kindern den Weg ebnen", erklärt die Kinder- und Jugendpsychologin Mag. Sabine Kainz. Mit anderen Worten: Sie versuchen dem Nachwuchs sämtliche Steine aus dem Weg zu räumen. Das mag über viele Jahre hinweg funktionieren. "Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem das nicht mehr geht. Dann muss das Kind erkennen, dass manche Verhaltensweisen auch Konsequenzen nach sich ziehen." Doch das ist noch lange nicht alles.
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Während dem Kind sämtliche Hindernisse aus dem Weg geräumt wurden, ist ein wichtiger Entwicklungsschritt auf der Strecke geblieben, nämlich das Erlernen sogenannter Emotionsregulationsstrategien. Soll heißen: Wenn mal etwas nicht so gelingt, wie das Kind es gerne hätte, reagiert es mit Frust, Wut, Zorn, vielleicht auch mit Traurigkeit. In der Regel wäre es nun die Aufgabe der Eltern, dem Kind zu zeigen, wie man mit diesen negativen Gefühlen adäquat umgeht.
Hatte das Kind aber niemals die Möglichkeit, an seine eigenen Grenzen zu stoßen, so bleiben auch besagte negative Emotionen aus und damit die Möglichkeit zu lernen, wie man mit ihnen umgeht. "Dann muss man als Jugendlicher oder junger Erwachsener lernen, was man eigentlich schon als Kind hätte lernen müssen", folgert Kainz. Mitunter wird später auch das Umfeld für das Nichtgelingen der eigenen Vorhaben verantwortlich gemacht. "Die Person sucht die Fehler bei den anderen."
Die idealisierenden Eltern
Einen ähnlichen Erklärungsansatz liefert die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin MMag. Nicole Trummer. Ihr zufolge können sich narzisstische Verhaltensweisen dann entwickeln, wenn die Eltern das Kind über die Maße idealisieren, es mit Bewunderung überhäufen und ihm selbstlose Hingabe zuteil werden lassen. Sofern es deren Erwartungen entspricht. Ist das nicht der Fall, so wird der Nachwuchs mit Liebesentzug gestraft. Grundsätzlich wird das Kind aber derart verwöhnt, dass es nicht lernt, mit Frustration umzugehen. "Weil es immer alles bekommt, was es will", so Trummer.
An die eigenen Grenzen stoßen, auch mal nicht bekommen, was man gerne hätte, und die daraus resultierenden negativen Gefühle aushalten - diese Entwicklungserlebnisse fehlen dem Kind. Folglich fällt es ihm auch schwerer, sich mit den Bedürfnissen anderer auseinander zu setzen und sich in eine Gruppe einzuordnen. Wenn die Eltern den Nachwuchs dann noch von jeglicher Kritik durch andere abschirmen, können sich die narzisstischen Eigenschaften ungehindert entwickeln.
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"Ganz schlimm ist es dann, wenn die kleinen Prinzen und Prinzessinnen, die so idealisiert, so selbstlos erzogen und bewundert wurden, das Elternhaus verlassen müssen." Denn dann sind sie plötzlich mit einer für sie völlig ungewohnten Realität konfrontiert. Nicht selten erwarten sie sich von ihren Mitmenschen Ergebenheit. So bekäme man laut Kainz auch schnell den Eindruck, die Betreffenden gingen davon aus, dass sich die Welt um sie drehe.
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Loben - aber richtig
"Es ist wichtig, dass die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt werden", betont Trummer. Damit sich ein gutes Selbst entwickeln kann. Hier und da müsse das Kind aber auch an seine eigenen Grenzen stoßen können. Und auch positive Rückmeldungen sind ein Muss. Das Lob sollte aber angemessen sein. "Ich muss nicht jemandem, der nicht singen kann, sagen, er hätte eine tollte Stimme", veranschaulicht die Psychologin. "Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Eine gute Erziehung bedeutet, dass man die Stärken fördert und nicht auf den Schwächen herumreitet."
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