Saskia und Fred sind ein Herz und eine Seele. Bis Saskia einen Chat auf Freds Handy (per Zufall, wie auch sonst?)"entdeckt". Und sich mit einem Mal bei ihr Abneigung und sogar Ekelgefühle einstellen.
Saskia plagt ein schlechtes Gewissen, da sie ihren Mann "ja doch liebt" oder nach so langer Zeit und vielen gemeinsam gemeisterten Krisen lieben sollte. Aber jetzt empfindet sie für ihn nur noch Abneigung und Ekel. Laut Sigmund Freud sind Lust und Ekel verschwistert. Und liegt jedem Ekel eine verbotene Lust zugrunde. Wichtig zu wissen: Das ist eine Art Notprogramm der Psyche. Abneigung und Ekelgefühle sind natürliche Schutzmechanismen und werden dann "hochgefahren", wenn Gefahr droht. Nun hat Fred aber nichts Schlimmes gemacht, nur in einer Textnachricht ein Kompliment an eine Bürokollegin verteilt. Aber Saskia hat schon das Horrorszenario einer romantischen Affäre vor sich. Ihre Psyche hat Abwehrwaffen entwickelt, wenn die tief verletzte Frau gleich die "Flucht nach vorne antritt", ihr Liebesleben einfriert und von heute auf morgen ins Gästezimmer zieht. Und Fred? Er formuliert es in der gemeinsamen Paartherapie so:
"Auf einmal stört meine Frau fast alles an mir. Sie scheint sogar von mir angewidert." Achtung an alle Paare! Hier herrscht akuter Handlungsbedarf. Denn ein apokalyptischer Reiter galoppiert ungebremst daher. Der US-amerikanische Paartherapeut John Gottman hat das Konzept der apokalyptischen Reiter entwickelt, wonach bestimmte Kommunikationsstile das baldige Ende einer Beziehung verheißen. Und das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Im ersten Schritt einer Paartherapie geht es um Deeskalation. Das heißt, die überschäumende Emotion weicht einer sachlichen Haltung, die sich auf Fakten, nicht auf Ängste bezieht. Im zweiten Schritt folgt die Psychoedukation: Das Paar lernt, dass sich Beziehungen nicht nur manchmal, sondern notwendigerweise verändern. Wir fühlen uns zu einem Menschen hingezogen und verzehren uns nach der Person. Auf einmal können wir die Anwesenheit, bestimmte Verhaltensweisen und den Geruch des vormals heiß begehrten Menschen nicht ertragen. Ein Grund ist oft Bindungsangst. Wir fürchten uns vor Abhängigkeit und finden das berühmte "Haar in der Suppe".
Die nicht so gute Nachricht: Eine plötzliche Abneigung kann jederzeit auftreten und steht für ein verschleiertes Problem: Bei Saskia ist es eine bodenlose Verunsicherung durch Freds Verhalten. Freds Textnachricht löste nicht nur Verlustängste, sondern massive Selbstzweifel aus. Im zentralen Schritt ihrer Paartherapie begleite ich die beiden dabei, sich einander schonungslos zu öffnen. Nur so kann Fred Saskias Vertrauen zurückgewinnen. Zudem muss sie an ihren Selbstzweifeln arbeiten (wollen), wenn die Beziehung eine zweite Chance haben soll. Denn eigentlich "war ja nichts", ausgenommen einer wertschätzenden Textnachricht an Freds Kollegin. Dass Saskia deswegen die Beziehung infrage stellt, ist auch für ihn verstörend. Schließlich geht es im finalen Schritt der Paartherapie um eine behutsame Wiederannäherung. Saskia und Fred besinnen sich auf das Fundament ihrer Liebe und erinnern sich: Wie war es früher bei uns? Was hat uns bestärkt, an unsere Liebe zu glauben? Daran festzuhalten? Was sind unsere gemeinsamen Wünsche, Ziele und Werte, und worin unterscheiden wir uns?
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Und jetzt die gute Nachricht: Der Ekel lässt sich wie ein ungewolltes Graffito entfernen, wenn, ja wenn Sie ihn entschlüsselt haben. Welche Botschaft der Liebe ist darin enthalten? Dann können Sie Abneigung und Ekel als vorübergehendes Durchgangssyndrom von Ihrer Beziehung wieder abwischen und Ihr Liebesleben nicht nur bewahren, sondern in neuem Glanz erstrahlen lassen.
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