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Unter dem Begriff venöse Thromboembolien (VTE) werden tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien zusammengefasst. "Im Vergleich zu Patientinnen und Patienten ohne Krebserkrankung haben Krebsbetroffene ein vier- bis siebenfach höheres Risiko für VTE. Geschätzt entwickeln sich bei etwa 20 Prozent aller Krebspatienten Thrombosen", schrieb zu dem Problem das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ/Heidelberg) in seinem Informationsdienst. Thromboembolien bedeuten für Kranke mit bösartigen Leiden auch eine erhöhte Sterblichkeit.
An sich gibt es gute Möglichkeiten einer medikamentösen Prophylaxe von VTE-Komplikationen. Doch dafür müsste man auch jene Patienten identifizieren können, welche die größte Gefährdung aufweisen. Sonst kann eine solche Therapie wegen der Blutungsgefahr sogar gefährlich werden. Zu den Betroffenen mit einem hohen Risiko gehören auch jene Erkrankten, die eine Chemo- oder Immuntherapie bekommen. Das Risiko ist zusätzlich stark abhängig von der Art der Tumorerkrankung. Die größte Thrombosegefährdung betrifft Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs und Magenkarzinomen. Eine hohe Gefahr besteht zum Beispiel bei Lungenkarzinomen, Brust- und Prostatakrebs ist dazu im Vergleich mit einer niedrigeren Gefährdung verbunden.
Bei Krebspatienten, die sich einer systemischen Therapie (medikamentöse onkologische Behandlung; Anm.) unterziehen, besteht ein hohes Risiko für venöse Thromboembolien (VTE). Es wurden Risikobewertungsmodelle entwickelt, um Hochrisiko-Subgruppen auszuwählen, die von einer Thromboseprophylaxe profitieren könnten. Die derzeit verfügbaren Modelle sind jedoch (...) nicht leistungsfähig genug", schrieben jetzt Cornelia Englisch (Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie/MedUni Wien/AKH) und ihre Co-Autoren in der Onkologie-Fachzeitschrift (Online; doi: 10.1016/j.esmoop.2024.104130). Risikomodelle für den Zeitraum von onkologischen Therapien fehlten überhaupt.
In Wien wurde bereits vor einigen Jahren der sogenannte Vienna CATScore entwickelt. Auf der Basis der bei Patienten vorliegenden Art der Tumorerkrankung und der sogenannten D-Dimer-Konzentrationen im Blut soll damit die Größe der Gefährdung bestimmt werden. D-Dimer-Tests werden routinemäßig bei Patienten ohne Krebserkrankung zum Ausschluss des Vorliegens von Thrombosen bei einem entsprechenden akuten Verdacht eingesetzt. Jetzt haben die Wissenschafter den Vienna CATScore in der Praxis auf seine Aussagekraft getestet.
"Insgesamt wurden 598 Patienten aufgenommen (49 Prozent Frauen, Durchschnittsalter 62 Jahre)", berichteten die Fachleute. Mit einem Anteil von 68,2 Prozent befand sich der größte Teil der Probanden im fortgeschrittenen Stadium IV einer Krebserkrankung. Bei knapp der Hälfte der Kranken war ihre Krebserkrankung neu diagnostiziert worden. Lungenkrebs (knapp 23 Prozent) und Brustkrebs (10,5 Prozent) waren die häufigsten Erkrankungen.
Die notwendigen Daten - Art der Krebserkrankung und die D-Dimer-Werte - wurden in den CATScore-Rechner eingegeben. Insgesamt litten 9,2 Prozent der Probanden binnen sechs Monaten an einer venösen Thromboembolie. Wie sich bei der Auswertung herausstellte, konnten mit dem CATScore die Personen mit einem niedrigen (7,1 Prozent Häufigkeit einer Thromboembolie) und einem hohen Thromboserisiko (bzw. 15,1 Prozent große Gefährdung) gut unterschieden werden.
Das könnte in Zukunft positive Auswirkungen für Patienten mit Tumorerkrankungen haben. Die Wissenschafter: "Unter der Annahme einer 50-prozentigen Risikoreduktion durch (medikamentöse; Anm.) Thromboseprophylaxe" müsste man in der Gruppe der am meisten zusätzlich durch eine Thromboembolie gefährdeten Krebspatienten zwischen 13 bzw. 15 behandeln, um eine solche Komplikation zu verhindern." Bei Patienten mit einer geringen Gefährdung würde eine Thromboseprophylaxe bei der etwa doppelten Anzahl für einen solchen Effekt notwendig.
Die meisten venösen Thromboembolien treten innerhalb der ersten sechs Monate nach der Krebsdiagnose auf. Die Wechselwirkungen zwischen Krebserkrankungen und dem Blutgerinnungssystem können aber nicht nur zu vermehrten Thrombosen führen, auch schwere Blutungen sind häufiger. Das haben die Wiener Wissenschafter erst vor kurzem auch in einer weiteren Studie festgestellt. Deshalb sollte eine medikamentöse Thromboseprophylaxe eben nur bei jenen Krebspatienten erfolgen, die ein hohes Thromboserisiko aufweisen.
PRODUKTION - 15.02.2022, Nordrhein-Westfalen, Essen: Ein Mann spendet im DRK-Blutspendezentrum Blut. Im nordrhein-westfälischen Gelsenkirchen fand am 29. Februar 1952 der wohl bundesweit erste offizielle Blutspendetermin des Deutschen Roten Kreuzes statt. (Zu dpa: "Grubenunglück als Startsignal - 70 Jahre Blutspenden in Deutschland") Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++.